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Das Herz kennt die Wahrheit

Das Herz kennt die Wahrheit

Titel: Das Herz kennt die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Langan
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Augen. Newton hat Recht, dachte sie mit einem Lächeln. Es waren die kleinen Dinge im Leben, die alle Schwierigkeiten erträglicher werden ließen. Später würde sie alles ertragen, was die Hölle für sie bereithielt. Doch jetzt war sie dem Himmel so nah.
     
    In das Leinentuch gehüllt und mit duftendem Haar trat Darcy nach einem ausgiebigen Bad an das kleine Fenster und starrte auf die dunkle See.
    Irgendwo dort in der Ferne war Grays Schiff gesunken. Vielleicht war die "Undaunted" heute sogar an jener Unglücksstelle vorbeigesegelt.
    Warum hatte sie nichts Außerordentliches verspürt? Weshalb hatte seine Seele die ihre nicht berührt? Sie fühlte, dass Tränen in ihren Augen brannten, und wandte sich verärgert ab. Den erneuten Ansturm der Trauer hatte ohne Zweifel die Begegnung mit dem Fremden in ihr ausgelöst. Für einen glückseligen Moment war sie sicher gewesen, dass ihr Geliebter zu ihr zurückgekehrt war.
    Es war dieser harte, kraftvolle Leib gewesen. Diese langen Beine. Die großen, von der Arbeit gezeichneten Hände. Doch Gray war immer voller Tatendrang gewesen und mit raschen, zielstrebigen Schritten durchs Leben gegangen, während dieser Mann sich wie ein Kind bewegte, das gerade erst laufen lernte. Und das Gesicht, von dem sie zwar nicht alles gesehen hatte, war nicht Grays Gesicht gewesen. Gray war ein auffallend gut aussehender, glatt rasierter Mann gewesen, wohingegen Gryf einen ungepflegten Stoppelbart trug. Und die Augen. Diese geschwollenen, blutunterlaufenen Augen. Sie hatten so traurig und unheimlich ausgesehen. In keiner Weise ähnelten sie den lebhaften und strahlenden Augen ihres Geliebten.
    Sie legte eine Hand auf ihr Herz. Wie lange würde das noch so weitergehen? War sie dazu verdammt, ihr ganzes Leben lang diese furchtbare Traurigkeit zu fühlen?
    Sie würde alles dafür geben, einen ganzen Tag nicht an den Mann denken zu müssen, den sie geliebt und verloren hatte.
    Newt hatte natürlich Recht. Gray war der Grund, warum sie sich in all die Gefechte gestürzt hatte. Sie hatte gehofft, dass jede neue Gefahr sie von ihrer Last befreien würde. Doch sie hatte nur vorübergehende Erleichterung verspürt. Schlimmer noch, sie hatte keinen Gedanken an die Männer verschwendet, die ihrem Befehl unterstanden. Selbstsüchtig hatte sie ihre Crew Gefahren ausgesetzt, um ihren eigenen Kummer zu lindern. Ein Kummer, der sich manchmal wie eine schartige Klinge in ihr Herz bohrte und sich an anderen Tagen wie ein düsterer Schatten auf ihre Seele legte. Ein Schmerz, der ab und an schwand, dann aber am folgenden Tag umso heftiger wiederkehrte.
    Verärgert über ihre Gedanken, stellte sie die Stiefel neben das Bett und legte ihr Messer unter das Kissen. Dann schlüpfte sie nackt unter die Decke.
    Sie hatte befürchtet, dass der Schlaf lange auf sich warten lassen würde. Stattdessen schlief sie schnell ein, während sie sich noch zu erinnern versuchte, wie Gray ausgesehen hatte, wenn er lächelte.

3. Kapitel
     
    Darcy hörte die Schritte auf der Stiege und war sofort wach. Es war nicht Newton, das wusste sie. Sein Holzbein machte ein ganz eigentümliches Geräusch auf den Stufen. Es war auch nicht Whit, denn seine Schritte waren die eines ungeduldigen Kindes.
    Gryf. Ohne dass sie wusste, warum, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Dieser große, schweigsame Mann berührte sie im Innern. Er schien verletzt und … verloren. Ja. Verloren. Wie ein Schiff, dessen Taue man im Hafen gekappt hatte. Und das ließ sie an Gray denken. Wenn ihr Geliebter nun gar nicht tot war, sondern irgendwo herumirrte? Was wäre, wenn er sich vielleicht in diesem Moment abmühte, den Weg zurück nach Hause zu finden? Wenn es so wäre, so hoffte sie, dass freundliche Menschen ihm ihre Hilfe anböten.
    Sie schüttelte den Kopf, denn sie ärgerte sich einmal mehr, dass ihre Gedanken erneut um Gray kreisten und sie nur an die Leere in ihrem Herzen erinnerten.
    Ein Blick aus dem kleinen Fenster verriet ihr, dass es immer noch dunkel war – die ersten schwachen Strahlen der Dämmerung begannen den Himmel zu färben.
    In der Kammer war es über Nacht kalt geworden. Offenbar hatte man das Feuer unten in der Feuerstelle herunterbrennen lassen, nachdem auch der letzte Gast die Schankstube verlassen hatte.
    Darcy setzte sich auf und hüllte sich in ihre Decke. Leise schlich sie durch den Raum, öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus. Als sie die Gewissheit hatte, dass niemand da war, fiel ihr Blick auf ein Bündel am

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