Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz kennt die Wahrheit

Das Herz kennt die Wahrheit

Titel: Das Herz kennt die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Langan
Vom Netzwerk:
hübsch", klang es zufrieden aus Darcys Mund.
    Unter dem Dach befand sich eine kleine, behagliche Kammer mit einem schmalen Bett und einem verkratzten Nachttischchen, auf dem ein Krug und eine Schüssel standen.
    Der Bursche stellte die Kerze auf das Holztischchen. "Wenn sie auch klein ist, ist sie meines Wissens die beste Kammer in 'Timmeron Tavern', Miss."
    "Ja. Es ist nett hier." Der Raum wurde ausreichend von dem gemauerten Kamin beheizt, der sich bis zum Dach erstreckte. Ein kleines, schmales Fenster ging auf den Kai hinaus. Die Vorhänge und Bettbezüge waren frisch gewaschen.
    "Braucht Ihr noch etwas, Miss?"
    "Nein, danke."
    Als der Junge zögerte, sah sie ihn an. "Was ist?"
    Er zuckte mit den Schultern. "Ist es wahr, was die Seeleute sich unten über Euch erzählen?"
    "Was hast du denn gehört?"
    "Dass Ihr ein Schiff befehligt und wie ein Mann kämpft. Ist das wahr?"
    "Allerdings." Darcy konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als sie in das erstaunte Gesicht des Burschen schaute.
    "Aber Ihr seid kaum größer als ich." Er schien ihre Größe abzuschätzen und stellte fest, dass er ihr beinahe bis zum Kinn reichte. "Wie könnt Ihr da schon Euer eigenes Schiff haben?"
    Sie ließ sich auf der Bettkante nieder. "Die 'Undaunted' gehörte meinem Vater. Und jetzt untersteht sie mir."
    Ehrfurchtsvoll sah der Junge sie an. "Ich war auch schon auf See. An Bord des Schiffs, das meinem Onkel gehört, der 'Mary M'."
    "Von ihr habe ich noch nichts gehört."
    Er zuckte mit den Schultern. "Es war ein kleines Schiff, aber seetüchtig. Es lieferte Frachtgut an die Küste von Wales." Seine Stimme wurde leiser. "Aber sie sank in einem Sturm, und mein Onkel ist mit ihr untergegangen."
    "Das tut mir Leid. Hatte er Frau und Kinder?"
    "Nein. Nur uns. Meine Mutter und mich."
    "Hast du keinen Vater?"
    Der Junge schüttelte den Kopf und mied Darcys Blick. Sie spürte, dass er sich schämte, und bereute ihre Frage sogleich. "Du hast bei deinem Onkel gelebt?"
    "Ja. Bis zu seinem Tod. Dann waren wir gezwungen, ins Dorf zu ziehen. Meine Mutter arbeitete hier im Wirtshaus."
    "Und wo ist sie jetzt?"
    Er starrte auf die Spitzen seiner abgetragenen Stiefel. "Sie starb vor über einem Jahr."
    Das hätte sie sich denken können. Gemessen an den schäbigen, schlecht sitzenden Kleidungsstücken, kam der Junge gerade so über die Runden. "Das tut mir Leid. Bist du jetzt ganz allein?"
    Er nickte. "Der Wirt lässt mich ab und zu hier arbeiten. Und ich habe einen Platz zum Schlafen. Im Schuppen bei Gryf."
    "Gryf? Ist das dein Bruder?"
    "Nein. Bloß ein Freund. Er ist noch ein bisschen langsam, weil er sich von seinen Verletzungen erholen muss. Aber wenn man ihn lässt, kann er fast alles."
    "Zum Beispiel?"
    Der Junge dachte einen Augenblick nach. "Zum Beispiel meine Haare schneiden."
    Darcy musste ein Lachen unterdrücken. Der Bursche sah aus wie ein zotteliger Hund, und das Haar hing ihm in langen Strähnen bis über die großen, dunklen Augen.
    "Hältst du das für einen guten Haarschnitt?"
    "Ja. Vorher musste ich das Haar mit einem Lederband zurückbinden. Die Seeleute haben mich immer geneckt und gesagt, ich sähe wie ein Mädchen aus."
    "Dann hat Gryf dir ja einen Gefallen getan. Was kann er noch?"
    Wieder dachte der Junge nach. "Ich habe ihn Netze unten im Dorf flicken sehen und beobachtet, wie er Segeltuch nähte. Er ist ein guter Fischer. Und er hat geholfen, Brennholz zu hacken. Er kann ein bisschen kochen, und …", plötzlich schien ihm etwas einzufallen, "… wenn Ihr mögt, bringt er Euch einen Zuber und warmes Wasser für ein Bad hinauf. Und während Ihr schlaft, wird er Eure Kleidung bis zum Morgen waschen und trocknen, damit sie wieder wie neu aussieht. Gegen Bezahlung, versteht sich."
    "Versteht sich." Der kleine Betteljunge, dachte sie. Er ließ seinen Freund die Drecksarbeit gegen Bezahlung machen und behielt das Geld vermutlich für sich selbst.
    Doch die Aussicht auf ein warmes Bad ließ ihr Herz schneller schlagen. Seit Wochen trug sie nun schon diese dreckigen Lumpen, denn sie hatte zwischen den blutigen Kämpfen nicht einmal die Zeit gehabt, die Seemannskluft zu wechseln. Dem Gedanken an ein Bad und an saubere Kleidung nach einer ruhigen Nacht vermochte sie kaum zu widerstehen. "Wie viel?"
    Rasch überlegte der Junge. "Zehn und sechs Pennies."
    Argwöhnisch beäugte sie ihn. "Du kämst nicht auf den Gedanken, mir meine Kleidung zu stehlen, oder?"
    "Nein, Captain. Gryf und ich können mit der Kleidung einer Frau nichts

Weitere Kostenlose Bücher