Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz kennt die Wahrheit

Das Herz kennt die Wahrheit

Titel: Das Herz kennt die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Langan
Vom Netzwerk:
eigentlich meine Erinnerung sein müsste."
    Das Mondlicht schimmerte auf dem dunklen Wasser und tauchte die See in einen silbrigen Glanz.
    Gryf stützte sich auf die Reling, um die Schönheit des Augenblicks in sich aufzunehmen. "Ja, dies ist auch meine bevorzugte Tageszeit. Allerdings nicht aus denselben Gründen wie bei Euch, Captain. Ohne Erinnerungsvermögen fühle ich mich in Gesellschaft anderer oft allein. Doch wenn sich die Dunkelheit herabsenkt, finde ich Trost."
    "Mir ist aufgefallen, dass Ihr oft für Euch sein wollt."
    Er lachte leise. "Nicht lange, wenn Whit ein Wörtchen mitzureden hat."
    "Der Bursche scheint Euch sehr zugetan zu sein."
    "Ich mag ihn auch. Er ist gut für mich. Immerzu reißt er mich aus meinen trüben Gedanken und zwingt mich dazu, meine Sorgen zu vergessen."
    "Ihr seid auch gut für ihn. Er vertraut Euch. Ich bin nicht sicher, ob er bereits anderen vertraut, obgleich es so aussieht, als akzeptiere er Newton als seinen Lehrmeister und mich als den Captain dieses Schiffes."
    Gryf sah sie an. "Ihr seid ein … interessanter Captain."
    Eine Brise fuhr durch ihr Haar, und er streckte die Hand aus, um es ihr aus dem Gesicht zu streichen. Es war nur eine unschuldige Geste, die indes zwischen einem Kapitän und einem Mitglied der Besatzung viel zu vertraulich war. Doch selbst als Gryf sich im Stillen für sein unbedachtes Handeln verfluchte, vermochte er nicht, sich zurückzuhalten. Stattdessen gestattete er sich, mit den seidigen Haarlocken zu spielen. Und obwohl er selbst über sich erschrak, konnte er nicht umhin, Darcy mit dem Finger über die Wange zu fahren, und er fragte sich plötzlich, wie es sich anfühlen würde, sie zu küssen.
    Diese Kühnheit hatte beide erstarren lassen.
    Darcy konnte nicht mehr schlucken. Ihr Hals war wie ausgetrocknet. Und obgleich sie das Schweigen brechen wollte, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste, dass ihre Reaktion bei dieser einfachen Berührung viel zu heftig war, doch ihr rascher Herzschlag ließ sich nicht leugnen.
    Anstatt ein paar Schritte zurückzugehen, erstaunte er sie, als er noch näher an sie herantrat. "Euer Haar duftet wie die See."
    Ihre Finger verkrampften sich auf dem Steuerrad, und sie bemühte sich, geradeaus zu schauen, fest entschlossen, dieser Sache nicht zu viel Bedeutung beizumessen. "Wir riechen alle nach der See."
    "Nein." Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und löste ein wohliges Erschauern in ihr aus. "Ihr duftet nach … einem kühlen, klaren Teich an einem heißen Sommertag. So frisch und sauber und rein. Und da ist der Duft von …", er atmete, hielt inne und ließ ihren Pulsschlag in die Höhe schnellen, "… von Blumen exotischer Inseln, der über das Meer weht. Das ist es. Ihr duftet frisch und exotisch zugleich."
    Sie war im Begriff, einen Schritt zurückzumachen. "Ihr dürft nicht …"
    Er hob ihr Haar an und beobachtete mit schmalen Augen, wie die Strähnen durch seine Finger glitten. "Ich wusste, dass es sich so anfühlen würde. So weich und seidig wie Wasser, das über einen Damm sprudelt. Als Ihr in den Wanten geklettert seid, strahlte Euer Haar wie die Sonne."
    "Gryf …" Sie umklammerte das Steuer mit beiden Händen, denn sie befürchtete hinzufallen, wenn sie es losließe. Ihr zitterten die Knie. Bei jeder Berührung dieser großen, von der Arbeit aufgerauten Hand pochte ihr Herz wie wild.
    "Ich beobachte Euch, wenn Ihr wie ein kleiner gelber Vogel hoch über den Segeln klettert. Ich versuche, nicht hinzusehen, doch ich kann unmöglich wegschauen. Ihr seid …", er legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte sie zu ihm, "… äußerst faszinierend." Sanft berührte er ihre Wange. "Und obwohl ich kein Recht dazu habe, muss ich etwas tun, wonach ich mich sehne, seitdem ich Euch das erste Mal gesehen habe."
    Als er sich zu ihr hinabbeugte, drohte ihr Herz stehen zu bleiben, bevor es so schnell zu rasen begann, dass sie kaum noch atmen konnte. Gütiger Himmel, er war im Begriff, sie zu küssen. Was indes viel schlimmer war: Sie würde es zulassen! Sie war nicht in der Lage, ihn davon abzuhalten.
    Plötzlich fiel ihr ein, dass sie mit der strengen Stimme, die sie sich angeeignet hatte, einen Befehl aussprechen könnte, der ihn bis zur Reling zurücktreiben würde. Doch sie sagte kein Wort, als seine Lippen über ihren schwebten.
    Er fand ihren Mund, und in ihrem Kopf kreiste nur noch ein einziger Gedanke. Niemals in ihrem Leben war sie so wie jetzt geküsst worden. Zuerst hatten ihre Lippen

Weitere Kostenlose Bücher