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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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dass ihre Verwirrung offensichtlich für ihn sein musste, aber zu ihrer großen Erleichterung schien er sich nicht an seinem neuesten Triumph weiden zu wollen. Statt dessen warf er ihr nur einen merkwürdig suchenden Blick zu, bevor er sich umwandte, um die jubelnde Menge anzuse hen.
    Lilliane konnte sich an die folgenden Minuten, bevor sie in die große Halle zurückkehrten, nicht mehr genau erin nern. Sie hatten dort auf der obersten Stufe gestanden, sein starker Arm war um ihre Taille geschlungen gewesen, und sie hatten den Menschen von Orrick zugewunken. Ihr Vater hatte sie geküsst, und sie und Tullia hatten einander umarmt. Odelia hatte ihr natürlich nur ein grimmiges Lächeln geschenkt, und das auch nur, weil ihr Vater zusah. Aber die anderen Gesichter und ihre Glückwünsche waren Lilliane nur als schemenhafte Gesichter und wirre Satzfetzen in Erin nerung geblieben.
    Erst als Corbett sie leicht beiseite zog, damit die Gäste in die große Halle strömen konnten, kam sie wieder zur Besinnung. Noch immer wollte sie seinem aufmerksamen Blick nicht begegnen; sie fürchtete, dass er ihre Verwirrung und Verletzlichkeit erkennen würde. Aber Corbett gehörte nicht zu den Männern, die sich allzu leicht abweisen ließen. Mit einem Finger unter ihrem Kinn hob er ihr Gesicht zu sich hinauf.
    Sein Gesicht war feierlich, als er seine Augen auf sie gerichtet hielt. Erneut war sie von der selten intensiven männ lichen Ausstrahlung Corbetts beeindruckt. Sie hätte den Blick abgewandt, hätte er nicht das Wort ergriffen.
    »Du musst jetzt eine Entscheidung treffen, meine schöne Lily.« Er streckte die Hand nach einer langen, gewellten Strähne ihres kastanienbraunen Haares aus und schlang sie gedankenverloren um seine Finger. Ihre Haut kribbelte von der leichten Berührung, aber sie bemühte sich sorgsam, ihr Gesicht ausdruckslos zu halten. Dann lächelte er schief, und es war beinahe, als ob er wüsste, welch ein Kampf in ihrem Inneren tobte. »Du kannst deinen Widerstand hinsichtlich unserer Ehe – und mich – aufrechterhalten. Oder du kannst dich entschließen, dich gnädig zu ergeben und deinen ange stammten Platz an meiner Seite einz u nehmen. Als meine Ge mahlin.« Er wickelte ihr Haar von seinem Finger herunter, dann liebkoste er ihre Wange mit seiner breiten Handfläche. »Ich bin bereit, in Frieden mit dir zu leben, Lily. Orrick Cast le wird mein Heim sein. Wir werden hier viele Jahre als Mann und Frau zusammenleben. Denk genau nach, welche Art von Leben du dir für uns wünschst, denn du hast .die Wahl.« Er hielt inne, und sein Blick wurde härter. »Ich kann dein Leben zum Himmel auf Erden machen – oder zur Höl le. Es liegt ganz bei dir.«
    Bevor sie über eine Antwort nachdenken konnte, wurden sie plötzlich von fröhlichen Gästen umringt. In dem Gedrän ge von Menschen, die dem frischg e backenen Ehemann auf den Rücken klopften und den Glückskuss von der Braut for derten, wurden Lilliane und Corbett voneinander getrennt.
    Letztlich schien es, als ob die Ritter von Colchester sich auf Orrick bereits heimisch fühlten. Lilliane bekam von fast jedem einen herzlichen Kuss. Es kam ihr in den Sinn, dass es merkwürdig war, dass außer ihnen niemand aus dem Hause Colchester der Hochzeit beigewohnt hatte, noch nicht einmal Corbetts Bruder Hughe. Aber es blieb ihr nicht die Zeit, lan ge darüber nachzudenken.
    Bier und Wein flössen in Strömen, während die Hoch zeitsgäste sich darauf vorbereiteten, ernsthaft mit den Feier lichkeiten zu beginnen. Zum ersten Mal verspürte Lilliane so etwas wie Hoffnung. Während die große Halle vor Gelächter und gutmütigem Spott widerhallte, verspürte sie ein merk würdiges Gefühl freudiger Erwartung.
    Orrick war schon viel zu lange ein düsteres und abwei sendes Schloss gewesen, dem die Wärme fehlte, die ihre Mut ter ihm immer gegeben hatte. Jetzt war sie an der Reihe. Aber konnte sie an der Seite dieses Mannes wirklich ein glückliches Leben führen – an der Seite ihres Feindes? Lillia nes Augen suchten in der Menge nach ihrem Mann. Seiner Körpergröße und der arroganten Haltung seines Kopfes war es zu verdanken, dass dies kein Problem darstellte.
    Er unterhielt sich mit ihrem Vater, wobei er sich leicht zu ihm beugte, um den Worten des älteren Mannes zu lau schen. Lilliane beobachtete ihren Vater, zum ersten Mal seit Tagen war sie in der Lage, durch ihren Zorn und Schmerz hindurch in ihm den Mann zu sehen, der er war. Er sah diese Ehe als die hoffnungsfrohste

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