Das Herz Von Elowia
verbissen: »Kaleida. Ich bin gekommen, um dir mitzuteilen, dass ich beschlossen habe, dir das Juwel abzunehmen. Du bist nicht mehr fähig es zu tragen.«
In seinen Augen lag pure Verzweiflung. »Der Spiegel hätte dich nicht auswählen dürfen. Deine Seele ist zu zerbrechlich, um eine solche Bürde tragen zu können. Du musst mir den Stein geben, hörst du?«
»Niemals«, fauchte Kaleida und legte schützend ihre Hände über den Stein. »Ich will nicht, dass der Stein dich genauso zerstört, wie mich.«
Fanjolias Vater umfasste die Knie seiner Frau und zeitgleich legten sich seine Schwingen besänftigten um seine Frau. »Elowia lebt durch die Träume, Hoffnung und Wünsche seiner Geschöpfe. Das ist das Herzstück seiner Existenz, geht der Stein zugrunde, zerbricht Elowias Herz und mit ihm alles Schöne. Ohne Träume, ohne Hoffnung und ohne Wünsche ist das Universum leer und nichtig. Es braucht Visionen, um Dinge am Leben zu erhalten.«
»Die Träume Elowias«, begann Kaleida und suchte nach den passenden Worten. »Sind zu Albträumen geworden.«
Leondron löste seine Flügel von ihr, um seine Frau besser sehen zu können. Er legte alle Eindringlichkeit und Liebe in seine Stimme, die er aufbringen konnte, als er nach dem Juwel griff: Gib mir das Juwel. Bitte.«
Kaleida sprang ohne Rücksicht auf Fanjolia zu nehmen auf und rannte davon. »Nein.«
Das kleine Mädchen schlug unsanft auf den harten Boden auf und schlang ihre Ärmchen Trost suchend in das sonnengelbe Kleid ihrer Mutter, welches sie gerade noch zu fassen bekam. Plötzlich verblassten die Bilder vor Fanjolias Augen und sie sah nur noch, wie sie, am Saum ihrer Mutter hängend, mitgeschleift wurde, dann stand sie wieder alleine neben dem Spiegel.
»Was ist los?«, rief sie aufgeregt. »Wieso hörst du auf, mir die Bilder zu zeigen?«
»Ich bin erschöpft«, summte der Spiegel.
»Bitte«, bedrängte sie den Spiegel. »Ich will sehen, was geschieht.«
Der Spiegel wirkte noch fahler und matter als zuvor, doch er summte zustimmend auf und Fanjolia legte wieder ihre Hände auf seine Oberfläche.
Ihre Mutter stand am Abgrund von Himmelreich und blickte hinab auf Elowias andere Welten. Ihr Vater Leondron stand ebenfalls da und zu seinen Füßen kauerte schluchzend die kleine Fanjolia. Sie hielt immer noch den Kleidersaum ihrer Mutter umklammert und nuckelte an ihrem Daumen.
»Gib mir das Juwel«, brüllte Leondron wutentbrannt. Fanjolia hatte ihn noch sie wütend gesehen, seine Adern am Hals traten hervor und sein weißes Gesicht verfärbte sich dunkelrot. Er spuckte, während er weiter schrie: »Du weißt doch gar nicht mehr, was du tust. Du bist doch völlig von Sinnen.«
Kaleida entriss ihrem Kind den Saum aus seinen Händen und schubste ihren Mann ungehalten von sich fort: »Wo die Sehnsucht aufhört, endet auch die Welt, Leondron. Elowia wird untergehen.«
Sie drehte sich um und ihr gelbes Kleid flatterte im Wind, als sie ihre Flügel ausbreitete und sich von dem Abgrund stürzte.
Die kleine Fanjolia saß weinend und kreischend am Abgrund. Als Kaleida zum Höhenflug ansetzte und knapp an ihnen vorbei flog, streckte Leondron seine Hand aus und bekam die Kette zufassen, die den Diamanten an Kaleidas Hals band. Die Fangarin wurde unsanft zurückgerissen, kam ins Trudeln, fing sich aber wieder. Die filigrane Kette riss und das Juwel rutschte von ihrer Brust und fiel hinab. Kaleida schrie spitz auf und auch Leondron starrte erschrocken auf den Stein, der immer schneller der Erde entgegen trudelte.
Die kleine Fanjolia weinte, als ihre Mutter zum Sturzflug ansetzte und achtlos an ihr vorbeirauschte und bevor Leondron seine Tochter aufhalten konnte, hatte sie ihre flugunfähigen Babyflügel ausgestreckt und war ihrer Mutter gefolgt.
Fanjolia stockte der Atem, als sie sie sich selbst fallen sah. Sie sah, wie ihr Vater aufschrie und sein Gesicht sich zu einer verängstigen Fratze verzog. Immer schnell stürzte die kleine Fanjolia hinab. Ihr Vater folgte ihr, und obwohl er seine Flügel dicht an seinen Körper presste, um möglichst wenig Luftwiderstand zu haben, konnte er sie nicht mehr einholen. Er streckte verzweifelt seine Hand nach ihr aus, doch er war zu weit weg.
Fanjolias Herz klopfte, obwohl sie wusste, dass sie überleben würde, schien es kein Ende nehmen zu wollen, dass sie sich selbst fallen sah. Sie konnte sehen, wie sich ihre Mutter von dem Gebrüll ihres Mannes alarmiert, umgedreht hatte und mit aufgerissenen Augen ihre Tochter beobachte, wie sie mit
Weitere Kostenlose Bücher