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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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es sich anfühlen könnte, die Feuerblume zu zügeln wie ein Streitross und ihre ganze Kraft gezielt einzusetzen.
    Was kann aus mir noch werden?,
fragte er sich.
Was wird aus mir noch werden? Ich verstehe die Gedankensprache der Zwielichtler. Mein verkrüppelter Arm ist geheilt. Vom alten Barrick ist nichts mehr übrig. Es ist alles weggebrannt worden.
    Falls Hammerfuß ihn beschützte, tat er es aus ziemlicher Distanz. Der Riese mit den vorspringenden Brauenknochen war jetzt gerade irgendwo inmitten der Männer des Autarchen und benutzte laut brüllend einen Soldaten aus den sanischen Bergen als Streitkeule, bis er dazu käme, seine Axt wieder aus dem Wrack eines zerschmetterten Trosskarrens zu ziehen. Barricks Sicherheit schien nicht gerade sein vorrangiges Anliegen.
    Barrick versuchte es wieder mit dem Gedankentrick, der ihm gestatten würde, die Stimmen und Schatten der Feuerblume zu dämpfen — ein bisschen so, als kniffe man innerlich die Augen zusammen. Das länger aufrechtzuerhalten war schwer, weil leicht irgendeine Ablenkung dazwischenkam, und er wusste, in einer Grenzsituation würde es nicht klappen.
    Lass es einfach kommen,
erklärte ihm Ynnirs ruhige Stimme. Du
kannst nichts dazu tun. Es ist.
    Die Xixier kämpften jetzt verzweifelt, wichen zwar in dem breiten Gang zurück, gaben aber jeden Fußbreit Boden nur widerstrebend her, und auch ohne die Hilfe von hundert Qar-Königen und -Kriegern hätte Barrick gewusst, warum. Viele Tausend xixischer Soldaten lagerten gleich dort oben. Die Truppen hier unten hatten zweifellos längst Boten hinaufgeschickt und Verstärkung angefordert. Aber fragten sich diese Hohlköpfe denn gar nicht, was hier geschah? Wunderten sie sich nicht, dass die Qar eine so große Armee angriffen und noch dazu auf so merkwürdige Weise — gegen das Gefälle?
    Vielleicht ist dieser Autarch ja zu sehr daran gewöhnt, dass alles nach seinem Willen geht. Oder vielleicht hat er das Volk ja auch einfach unterschätzt.
    Ein einäugiger, bärtiger Hüne pflügte direkt vor Barrick durch die Qar. Der Angreifer durchbohrte einen schlanken, blasshäutigen Qar-Krieger mit seinem Speer, sodass der Getötete an der Waffe baumelte wie eine kaputte Marionette, und hieb dann mit seinem fellüberzogenen Schild zwei weitere Qar beiseite, ehe er blitzschnell auf Barrick losging, dessen Schwert sich mit dem eines anderen Qar verhakte und ihm aus der Hand glitt, als er mit einer Drehung auszuweichen suchte. Der Speer des Einäugigen schnellte wieder hervor, verfehlte nur knapp Barricks Bauch, schrammte über seinen Brustpanzer und glitt dann an seinem Helm vorbei. Barrick riss seinen Schild noch rechtzeitig hoch, um einen zweiten Stoß abzuwehren, doch der xixische Riese schwang seinen eigenen türgroßen Schild und schlug Barrick von den Beinen.
    Der Riese grinste, als er über ihm stand, und entblößte dabei ein lückenhaftes Gebiss. Er schleuderte Barricks Schild mit einem Fußtritt aus dem Weg, wobei er dem Liegenden beinah den Arm auskugelte, und holte mit seinem Speer aus.
    Es geschah so plötzlich, dass Barrick zuerst gar nicht hätte sagen können, was anders war. Erst als sich eine Blutfontäne aus dem Halsstumpf des Mannes auf ihn ergoss, merkte Barrick, dass der Kopf des Riesen fehlte. Jemand hatte ihn abgetrennt — nein, mit einem wuchtigen Schlag durch die Luft katapultiert, so wie ein Kind Gänseblümchen mit einem Stock köpft.
    »Zeit zum Aufstehen, junger Herr«, knurrte Hammerfuß. »Sonst verpasst Ihr's noch, die Elementargeister bei der Arbeit zu sehen.« Die mächtige Unterlippe sprang hervor wie ein Granitüberhang, als er den liegenden Barrick von Kopf bis Fuß musterte. »Ihr seid in Blut gebadet. Gut gemacht.«
    »Das meiste ist gerade auf mich gespritzt, als Ihr ihm den Kopf abgeschlagen habt.« Barrick erhob sich langsam: Alles an ihm schmerzte, als ob er zwei Treppen hinabgefallen wäre. »Aber ich danke Euch.«
    Hammerfuß nickte und leckte sich die rotverschmierten Finger. Seine Augen in den schwarzen Höhlen beidseits der platten Nase blitzten. »War mir ein Vergnügen.«

    Briony war beeindruckt. Die syanesischen Edelleute hatten allesamt Gelegenheit bekommen, ihre Meinung zu sagen. Viele hatten argumentiert, es sei zu früh, sich in die Nähe der xixischen Truppen zu wagen, es müsse sich um eine Falle handeln, und seien die Methoden noch so bizarr. Dann, als jeder sich geäußert hatte, verkündete Eneas seine Entscheidung: Sie würden reiten. Daraufhin rüsteten sich

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