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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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großen Höhle namens Sandsilbers Tanzsaal auf; die meisten gingen ebenso wie die Kobolde der Aufgabe nach, alle Spuren des Lagers, die sich nicht auflösen oder von selbst verschwinden würden, zu beseitigen. Ungewöhnliche Düfte und Geräusche erfüllten den Raum; manche der Putzmörtelpulver rochen nach brennenden Blumen; manche der Arbeiter sangen oder rieben ihre Flügel statt zu sprechen.
    Die soeben eingetroffenen Elementargeister standen vor Yasammez. »Seid gegrüßt, Fürstin«, sagte Stein der Unwilligen und schwächte höflich sein grelles Glühen ab. »Ihr habt gerufen, wir sind gekommen.«
    »Tatsächlich?« Die dunkle Fürstin sprach in jenem Ton, den die Elementargeister als kaltes blaues Licht sehen konnten. »Es gab durchaus Situationen, in denen ich Euch gerufen habe, ohne dass mir eine so prompte Reaktion zuteilwurde. Tatsächlich wurde mir gar keine Reaktion zuteil.«
    Stein der Unwilligen trat von einem Bein aufs andere und flackerte leicht. »Fürstin?«
    »Ihr habt die alten Versprechen Eures Stammes immer getreulich gehalten«, sagte Yasammez, »sowohl mir als auch der Feuerblume gegenüber.«
    »Natürlich, Fürstin. Und ich halte sie weiterhin.«
    »Mag sein. Aber ich hatte doch erwartet, dass Ihr mir eine Angehörige Eurer Sippe bringt, die genauso getreu und tapfer ist wie Ihr ... und nicht diese da.«
    Der Glutschein der kleineren Gestalt flackerte für einen Moment giftig gelb, ehe sie sagte: »Herrin, zweifelt Ihr an meiner Loyalität dem Volk gegenüber?«
    »Ich erhebe keine Anschuldigungen, Kessel des Schattens, aber ich frage allerdings, warum Ihr nicht auf meinen Ruf reagiert habt. Dreimal habe ich Euch gerufen, und dreimal kam aus der Leere, in der euresgleichen schwimmen wie Fische im Wasser, nicht ein Wort von Euch zurück.«
    Erneut flackerte es grünlichgelb. »Und macht mich das zu einer Verräterin, Fürstin?«
    »Sippenweib!« Es war nicht zu verkennen, dass Stein der Unwilligen sich aufregte; unter seiner Tuchumhüllung flackerte es wie Feuer im Wind. »So spricht man nicht mit der Tochter.«
    »Nicht mal eine Halbgöttin darf mich eine Verräterin nennen.«
    Während die Ratgeberin Aesi'uah diese bizarre Auseinandersetzung beobachtete, überlief sie plötzlich ein Schauder. Die Elementargeister waren die letzte und wildeste Sippe, die dem Bund des Volkes beigetreten war; es gab die Behauptung, sie besäßen Kräfte, die selbst die Dynastie der Feuerblume fürchtete. Die Sippe der Elementargeister wäre ein schrecklicher Feind.
    »Warum dieser Zorn, Kessel des Schattens?«, fragte die Eremitin laut und formte mit den Händen eine sorgsam gewählte Bittgeste. »Das scheint nicht das Beste, wenn man wie wir von Feinden umgeben ist.«
    »Aber wir fragen uns allmählich, ob es nicht Fürstin Yasammez selbst ist, die ihrem Volk nicht mehr so getreulich dient, wie sie uns glauben machen möchte«, sagte Kessel des Schattens.
    »Ich verstehe Euch nicht, Sippenweib«, sagte Stein der Unwilligen. »Wir müssen offenbar irgendwo hingehen, wo sich die Winde und Lichter unserer Worte ungehindert entfalten können, damit Ihr mir Euer ungeheuerliches Benehmen erklärt.« Er wandte sich an Yasammez, und die Erregung bauschte noch immer seine Gewänder. »Verzeiht, Fürstin. Vergebt meinem Sippenmitglied.«
    Aus Kessel des Schattens' Kapuze leuchtete es grell, und ihre Arme dehnten sich, als könnte sie bis an die hohe Decke der Höhle reichen, aber sie formte sich nur um; als sie damit fertig war, hatte sie sich in eine bizarre Kopie von Yasammez verwandelt. Doch die Bänder, die ihr Gesicht verhüllt hatten, waren gefallen; jetzt war da ein schreckliches, leeres Gleißen. »Warum habt Ihr das Siegel des Krieges abgegeben?«, wollte sie wissen. »Sagt uns warum, Fürstin.«
    »Es steht Euch wohl kaum zu, Antworten zu verlangen.« Ihre Gedanken waren so kalt wie windgepeitschter Eisregen. »Ich habe getan, was das Beste für das Volk war.«
    »Ihr habt Euren Segen und Eure Armee Saqri gegeben, der Gemahlin und Schwester des größten Sterblichenfreundes in Qul-na-Qar, dieses Verräters Ynnir!« Kessel des Schattens' Gedanken waren scharf und unangenehm. »Falls Ihr noch mehr Beweise brauchtet — sie hat bereits einen Sterblichen in unsere Mitte geholt und teilt schon beinah ihre Macht mit ihm. Einem
Sterblichen!
Gemeinsam werden sie reihenweise Qar-Leben wegwerfen, wo wir doch nur eine Waffe benötigen, um diesen südländischen Emporkömmling und seine Pläne zu vernichten.« Sie

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