Das Herz
Ihr habt die dunkle Fürstin herausgefordert!«
»Sie wird uns alle verraten, wenn wir sie lassen. Ich spüre es. Viele in der Sippe spüren es. Ihr seid zu alt, zu vertrauensselig. Wenn die Sterblichen weg sind ... ja, und wenn die sterblichenfreundliche Feuerblumen-Dynastie erloschen ist ... wird die Erde mit all ihren Farben und Geräuschen uns gehören.«
»Ihr könnt mich nennen, wie Ihr wollt, junge Närrin — wenn Ihr Euch mit Yasammez anlegt, wird sie Euch ohne mit der Wimper zu zucken vernichten. Sie ist die Tochter eines Gottes!«
»Sie ist stärker, als ich dachte«,
gab Kessel des Schattens zu.
»Aber sie hat uns die mächtigste aller Waffen gegeben.«
»Denkt nicht einmal daran, sie gegen Yasammez zu benutzen!«
Stein der Unwilligen war sichtlich bestürzt.
»Diese Torheit übersteigt alles, was ich je gesehen habe. Sie wird es merken, und sie wird Euch vernichten — vielleicht sogar unsere ganze Sippe!«
»Wir sind die Elementargeister«,
erklärte ihm seine Sippenangehörige.
»Wir hätten uns nie zu Lakaien der Feuerblume machen lassen dürfen. Ich bin nicht so dumm, Yasammez noch einmal herauszufordern, nicht ohne die Anwesenheit meiner Schwarm-Schwestern und Schwarm-Brüder, denn noch hat sie die Oberhand. Aber nichts ist von ewiger Dauer.«
Und damit verschwand sie wieder in der Leere; Stein der Unwilligen konnte nichts weiter tun, als ihr zu folgen und dabei die Jugend und deren Dummheit zu verfluchen.
Die Höhle der Winde war so geräumig wie viele der größeren Kavernen in den lichtlosen Tiefen, und trotz ihrer Überzahl war es den Truppen des Autarchen nicht leichtgefallen, sie zu erobern; erst vor ein paar Stunden hatten sie die Funderlingsverteidiger dort hinausgetrieben. Während die Vorhut die Armee weiter in die Tiefe vorstieß, schlugen Pinnimon Vash und die übrigen das Lager auf.
Die große Höhle war ein seltsamer Ort: Durch Risse in der Höhlendecke jaulte Wind, so unablässig, dass es Vash vorkam, als hätten sie in einem Leierkasten haltgemacht. Jetzt, da der Kampf vorbei war und sie Fackeln entzünden konnten, hatten die Xixier entdeckt, dass an einer Höhlenseite eine große Spalte verlief Dort war ein Teil der mächtigen Kalksteinplatte, die den größten Teil des Höhlenbodens bildete, abgebrochen und in die Tiefe gestürzt; übrig waren nur eine zerklüftete Kante und dahinter unbekannte Finsternis.
Sich von Tausenden xixischer Krieger umgeben zu wissen, hätte Pinnimon Vashs Laune eigentlich heben müssen, machte aber kaum einen Unterschied, außer dass in seinen Alpträumen von einbrechendem Gestein jetzt viele andere Männer mit ihm dem Tod durch Erdrücken und Ersticken preisgegeben waren.
Dennoch war er für den Moment froh, an einem Ort zu sein, wo er nicht ständig das Gefühl hatte, unter einem Tisch durchkriechen zu müssen, um von der einen zur anderen Seite zu kommen. Das Licht der Feuer — natürlich immer noch nicht allzu viele wegen des Rauchs in dem geschlossenen Raum — strahlte warm von der hohen, zerklüfteten Höhlendecke zurück, und insgesamt war dieser Raum von einer grazilen Schönheit, ganz anders als die übrigen größeren Kavernen, die sie durchquert hatten.
Aber ich würde immer noch ein Bein dafür geben, wieder endgültig über der Erde zu sein.
Der königliche Gefangene wartete auf ihn, als er aus seinem Zelt trat, weshalb Pinnimon Vash die beiden Knaben wegscheuchte, die sich immer noch am Saum seines Gewands zu schaffen machten. Er hatte nur zwei Stück mitnehmen dürfen und fühlte sich dadurch sehr gehemmt; er traute sich nicht, ihnen die Schläge zu verabreichen, die sie verdienten, aus Angst, dann womöglich nur noch mit einem gesunden Diener dazustehen — oder gar keinem!
»Kann ich irgendetwas für Euch tun, König Olin?«, fragte er und betete im Stillen, dass der Mann nicht wieder vom Scotarchen anfangen würde. Vash kaute immer noch an dem, was er über Prusus erfahren hatte.
Der Nordländerkönig sah nicht gut aus. Schon seit sie in Südmark waren, hatte er nicht ganz gesund gewirkt, doch jetzt, da ihn der Autarch auf diesen gnadenlosen Marsch in Nushash-allein-mochte-wissen-welche Tiefen mitschleppte, ging es mit ihm steil bergab. »Ja, Minister Vash, das könnt Ihr.« Olin lächelte, was jedoch nicht überspielen konnte, wie blass und krank er aussah. »Ihr könnt mir sagen, ob der Autarch uns heute Gesellschaft zu leisten gedenkt?«
Die Frage hatte etwas Merkwürdiges — normalerweise tat der Nordländerkönig
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