Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
und einer der wenigen Menschen auf der Welt, von denen er aufrichtig sagen konnte, dass er sie noch weniger mochte als Bruder Nickel.
    »Also wirklich«, sagte Knoll, als Chert auf ihn zuging. »Welch ein Glück, dass unser Vater tot ist. Er würde toben, wenn er miterleben müsste, wie du unseren Familiennamen in den Dreck ziehst.«
    »Ich freue mich auch, dich zu sehen, Bruder.« Chert nickte Nickel zu, der ihn nur finster anfunkelte, und wandte sich dann an Antimon. »Ich bin hier, weil Ihr mich gerufen habt, Bruder, aber ich kann warten, falls Ihr noch mit diesen beiden ... ehrbaren Herren zu tun habt.«
    »Eigentlich ...«, setzte Antimon an.
    »Wir sind Euretwegen hier«, sagte Nickel. »Oder genauer, wegen Eures Vorhabens. Was Ihr hier tut, ist riskant und insbesondere eine Gefahr für den Tempel. Wenn Ihr so viel Gestein herabsprengt, werdet Ihr uns alle umbringen. Ich habe beschlossen, es nicht zu gestatten. Es muss heute noch aufhören.«
    Zunächst konnte Chert ihn nur anstarren. »Was ... was meint Ihr? Was muss aufhören?«
    »Das hier. Alles.« Nickel machte eine Handbewegung zu den Männern mit den Schubkarren hin. »Ihr dürft keine derart riskanten Arbeiten so nah am Tempel durchführen.«
    Chert hätte den Mann beinah an seiner Kutte gepackt. »Aber ... aber Ihr wisst doch, warum wir das machen!« Oder etwa nicht? Wurde Chert jetzt selbst schon verrückt? Er hätte schwören können, dass Nickel bei allen Diskussionen dabei gewesen war und erbittert gegen das Vorhaben argumentiert hatte, sich aber schließlich Zinnobers Entscheidung hatte beugen müssen. »Das ist vielleicht unsere einzige Rettung! Zinnober hat das Zunftsiegel dazu gegeben!«
    »Hat er das?« Nickel hatte jetzt ein unangenehmes Lächeln. »Ich erinnere mich an nichts dergleichen. Ich entsinne mich vage, dass Ihr irgendeinen abwegigen Plan hattet, Sprengpulver zu verwenden, um Fels zum Einsturz zu bringen und unseren Feind zu besiegen, aber ich glaube nicht, dass Magister Zinnober einem solchen Wahnsinn jemals zugestimmt hätte.«
    »Ihr ...
Lügner!
Ihr wart dabei! Ihr habt gehört und gesehen, wie Zinnober und Vansen dafür stimmten!«
    »Ich muss doch bitten!«, sagte Knoll, und seine Kiefermuskeln arbeiteten vor Empörung. »So kannst du nicht mit Bruder Nickel reden. Er ist ein wichtiger Mann. Du blamierst mich wieder, Chert.«
    Schon seit Jahren wollte Chert seinem Bruder eins aufs Auge verpassen, und einen Moment lang war er sich sicher, dass dies der richtige Zeitpunkt war, aber dann befand er es für zu riskant, die Arbeiten hier für zu wichtig. »Es waren noch andere dabei. Malachit Kupfer — ein allgemein bekannter ehrbarer Mann! Und noch weitere Kommandeure.«
    »Sind die jetzt hier?« Nickel hob die Hände. »Ich sehe sie nicht. Wenn Ihr das hier, wie Ihr behauptet, im Auftrag der Zunft und mit Zinnobers Erlaubnis tut, wo ist dann der Astion?«
    Chert war sprachlos. Eine Kopie des Astion, des sternförmigen Siegels der Steinhauerzunft, war die höchste, offiziellste Beglaubigung, dass etwas im Dienste Funderlingsstadts geschah — aber Nickel hatte recht. Er hatte keinen Astion. »Zinnober und die übrigen mussten sich zurückfallen lassen und die Mysterien verteidigen, bevor er ihn mir geben konnte — das wisst Ihr!«
    »Ich weiß nichts dergleichen.« Nickel schüttelte den Kopf »Bis jetzt haben wir dafür nur Euer Wort, und das Risiko ist viel zu groß, um auf das Wort eines einzigen Mannes zu vertrauen.«
    »Besonders bei einem Mann wie meinem Bruder«, erklärte Knoll übereifrig, »der schon einmal wegen seines dummen, riskanten Verhaltens vor die Zunftvorsteher zitiert wurde.« Er nickte. »Da Zinnober nicht hier ist, bin
ich
das ranghöchste Zunftmitglied, und ich erkläre Nickels Beschwerde für berechtigt. Hier wird nicht weitergearbeitet, bis ein Astion vorgelegt werden kann.« Er grinste. »Viel Glück, Chert.«
    »Bitte, lasst mich Euch zum Tempel zurückbringen, Magister«, sagte Nickel. »Wir sind froh, dass Ihr hier seid, aber Ihr habt eine lange Reise hinter Euch. Ich habe einen sehr guten alten Pilzschnaps in meinem Schrank — bei uns hat er noch den alten Namen
Mykomel.
Ihr müsst einen Becher mit mir trinken.«
    »Das wäre mir eine Ehre.« Knolls rundes Gesicht rötete sich vor Freude. »Ich liebe guten Schnaps! Aber ich fürchte, mein Bruder kann uns nicht Gesellschaft leisten. Er wird zu viel damit zu tun haben, den Betrieb hier einzustellen.« Er sah seinen jüngeren Bruder streng an. »Aber

Weitere Kostenlose Bücher