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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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höflich er konnte. »Das ist alles, was Ihr zu wissen braucht.«
    »Warum schießen die Südmärker nicht auf eure Schiffe?« Olins Gesicht war blass und schweißfeucht. »Selbst Tolly würde doch wenigstens seine eigene Burg verteidigen. Welch faulem Trick verdankt es Euer Herr, unbehelligt hier landen zu können?«
    »Solch unwesentliche Einzelheiten müsst Ihr den Goldenen selbst fragen, König Olin, nicht mich.« Verstand der Nordländerkönig denn nicht, dass Pinnimon Vash mit alldem nichts zu tun hatte? Dass er nur ausführte, was sein Herr von ihm verlangte? Der fremde König war zwar nicht so unzivilisiert, wie Vash erwartet hatte, doch seine Umgangsformen entsprachen eindeutig nicht den strengen Normen eines richtigen Herrscherhofes. Schließlich war doch dieses Herumstehen hier im Hafen ohne auch nur die Annehmlichkeit eines Sonnenschirms — wo steckten überhaupt diese verfluchten Sklavenjungen? — für Vash als den Älteren und Empfindlicheren die weitaus größere Zumutung!
    Er spürte König Olins Blick auf sich. »Ja?«
    »Ihr scheint mir doch ein zivilisierter Mensch, Vash«, sagte Olin und spiegelte damit auf eine fast schon unheimliche Weise die Gedanken des Obersten Ministers. »Ein intelligenter Mann. Wie könnt Ihr nach der Pfeife dieses Autarchen tanzen? Er ist im Begriff — vorausgesetzt natürlich, er ist nicht völlig verrückt und was er plant, ist tatsächlich möglich —, sich die Kräfte eines wahren Gottes dienstbar zu machen, um so alles Lebende auf dieser Erde zu versklaven!«
    Fast hätte Vash gelächelt, aber ihm war doch nicht alle Vorsicht abhandengekommen: Er vergewisserte sich mit einem kurzen Rundumblick, dass sie allein waren, ehe er antwortete: »Und inwiefern unterscheidet sich das von dem, was jetzt ist, König Olin? Der Goldene hat bereits die absolute Macht, was also kann ich tun, außer zu gehorchen? Nein, Eure Frage ist, mit Verlaub, naiv. Ebenso gut — und ebenso vergeblich — könntet Ihr mich fragen, warum ein Stein, den man in die Luft wirft, zu Boden fällt, oder warum die Sterne am Himmelszelt funkeln. Das ist nun mal die Ordnung der Schöpfung. Nur ein Narr würde sein Leben opfern, wenn ohnehin keine Hoffnung besteht, dass die Dinge je anders sein werden.«
    Olin Eddon schien keineswegs brüskiert, aber er schien auch nicht überzeugt. »Dann wäre niemals in der Geschichte ein Tyrann gestürzt worden. Die Zwölf hätten den Diktator Skollas nie entmachtet, und Hierosol hätte vor über tausend Jahren Xis zermalmt.«
    »Wenn die Götter es gewollt hätten, wäre es so geschehen«, räumte Vash ein. »In der Welt, in der wir heute leben, sehe ich jedoch keine reale Alternative. Uns regiert der Autarch — möge er ewig leben —, und alles andere ist nichts als ein eitles Was-wäre-wenn-Spielchen.«
    Olin musterte ihn weiter so eingehend, dass Vash sich unwohl zu fühlen begann. Erkannte dieser nordische Emporkömmling denn nicht, welche Ehre es war, vom Obersten Minister von Xis persönlich beaufsichtigt zu werden? »Ihr solltet Euer Augenmerk auf das Entladen des Schiffs richten, König Olin. Es ist der ausdrückliche Wunsch des Goldenen ...«
    Olin ignorierte ihn. »Nicht alle Südländer sind so fatalistisch wie Ihr, Minister Vash. Ich kenne viele Männer von Eurem Kontinent, die sich gegen den Autarchen zur Wehr setzten — insbesondere einen, der mein Freund wurde.«
    Pinnimon Vash konnte sich ein höhnisches Lachen nicht verkneifen. »Und was hat es ihm genützt? Nicht viel, nehme ich doch an.« Plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Moment mal, meint Ihr etwa den Verräter Shaso dan-Heza? Den Tuani-Heerführer, der sich den rechtmäßigen Ansprüchen des Autarchen Parnad zu widersetzen versuchte? Des Vaters unseres jetzigen Autarchen?«
    Jetzt war es Olin, der eine höhnische Miene aufsetzte: ein wölfisches Grinsen in den Tiefen seines angegrauten Barts. »Rechtmäßige Ansprüche? Wer stellt sich hier naiv? Shaso und sein Volk kämpften gegen Parnad und auch schon gegen Parnads Vater. Und selbst wenn, wie ich hörte, in Nyoro eine Marionette auf den Thron gesetzt wurde, kann ich mir doch vorstellen, dass in Tuan nicht wenige so lange weiterkämpfen werden, bis sie euch Xixier vertrieben haben. Die Tuani sind keine Feiglinge und ganz offensichtlich nicht der Meinung, dass die Herrschaft des Autarchen über die ganze Welt unvermeidbar sei.«
    Wieder ärgerte sich Vash über diesen Emporkömmling. »Und Euer Freund Shaso, der Verräter? Dieses mächtige

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