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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wirklich nicht?« Er wandte sich an den Priester. »Panhyssir, erzählt ihm, wo die Qar zu finden sind.«
    Der finster blickende Priester sagte: »Sie sind in Tunneln unter Eurer Burg, Reichshüter Toh-lie. Dorthin sind sie bei unserer Landung geflüchtet.«
    Matty Kettelsmit konnte Tollys Erschrecken sehen. »Unmöglich!«
    »Nur zu möglich«, lachte der Autarch. »Und Ihr glaubt immer noch, dass Ihr von einer Position der Stärke aus mit mir verhandelt? Eure Familie ist noch nicht lange an der Macht, nicht wahr? Meine kam vor zehn Jahrhunderten aus der Wüste, um die Throne der Menschen zu stürzen, und wir haben schon vorher geherrscht.« Er setzte sich auf. »Ach, ehe ich es vergesse. Ich habe Euch ein Geschenk mitgebracht.«
    Tolly war wieder überrumpelt. »Ein Geschenk ...?«
    Der Autarch klatschte in die Hände. Einer der Wachsoldaten ging hinaus und kam mit einem Holzkasten zurück, nicht viel größer als das Schmuckkästchen einer Edelfrau. Er stellte ihn vor Tolly hin.
    »Macht es auf«, sagte der Autarch. Tolly sah den Kasten misstrauisch an. Er beugte sich vor, hob behutsam den Deckel, ließ ihn wieder fallen und richtete sich auf, jetzt mit sorgsam kontrollierter Miene. Es ging so geschwind, dass Kettelsmit nur etwas Blutiges mit verfilztem Haar hatte sehen können.
    »Euer Bruder Caradon«, sagte der Autarch. »Zumindest sein Kopf. Ich habe ein paar Männer nach ihm ausgeschickt, als er auf einem Ausritt war.« Der Gottkönig grinste spöttisch. »Eine höchst gefährliche Beschäftigung für Mitglieder Eurer Familie, würde ich meinen — ist nicht auch Euer anderer Bruder, Gailon, auf diese Weise gestorben? Bei einem Überfall auf der Landstraße?«
    »Was ...?« Hendon Tolly blinzelte erschrocken. Diesen Gesichtsausdruck hatte Kettelsmit bei ihm noch nie gesehen. »Aber warum ...?«
    »Weil mir Caradon etwas versprochen und nie geliefert hat. Euer Bruder hatte einen meiner Feinde — nun ja, einen Feind meines Vaters, um genau zu sein, aber der Feind eines xixischen Autarchen ist der Feind aller Autarchen — hatte ihn praktisch schon in den Fingern, schaffte es aber nicht, ihn für mich festzuhalten. Stattdessen ließ ihn Euer täppischer Bruder in einem erbärmlichen Nest namens Landers Port entkommen, und seitdem ward der Mann nicht mehr gesehen. Vielleicht habt Ihr schon mal von ihm gehört — Shaso dan-Heza?«
    Tolly sah aus, als würde er gleich an seinem eigenen Speichel ersticken. »Aber ... der ist mir ebenfalls entkommen.«
    Der Autarch nickte. »Ja. Bedauerlicherweise.« Seine Miene hellte sich wieder auf. »Aber zumindest sind jetzt alle glücklich — ich, weil Euer Bruder für sein Versagen bestraft worden ist, und Ihr, weil Ihr nicht mehr ständig über die Schulter schauen müsst, was am Hof von Gronefeld passiert. Glückwunsch! Ihr seid jetzt das Oberhaupt Eurer Familie, Reichshüter Tolly! Ich vermute, das macht Euch zum ... was war der Titel, den Euer Bruder innehatte? Herzog?«
    Kettelsmit konnte nicht anders, als auf den geschlossenen Kasten vor Hendon Tollys Füßen zu blicken. Tolly ging es ebenso.
    »Aber wir haben uns von diesen Familienangelegenheiten ablenken lassen, wo es doch wichtige Dinge zu besprechen gibt«, fuhr der Autarch fort. »Ihr habt etwas, das ich will, Tolly. Ihr wart vermutlich nicht so töricht, es mitzubringen ... oder?«
    Tolly schüttelte den Kopf, schien jedoch seiner Zunge nicht zu trauen.
    »Wie ich mir dachte. Panhyssir, wie lange haben wir noch, um diese Verhandlung zum Abschluss zu bringen?«
    Der Priester merkte auf. »Bis Mittsommer sind es nur noch wenige Tage, o Goldener.«
    Der Autarch nickte. »Und an Mittsommer um Mitternacht muss ich alles bereit haben, sonst kommt der Gott nicht zu mir. Tolly, Ihr werdet mir den Stein spätestens morgen schicken.«
    »Den ... Stein ...«, sagte Tolly langsam.
    »Genau — den Gottstein. Und ich verspreche, dass ich sonst nichts von Euch will und dass Ihr dafür tun könnt, was Euch beliebt — hierbleiben, wenn Ihr wollt, und weiter Euer kleines Königreich regieren, oder unbehelligt sonstwohin gehen. Wenn ich den Gott herbeigerufen habe, ist es für mich nicht mehr von Interesse, was Ihr oder sonst jemand tut.« Sulepis grinste wieder, das zufriedene Grinsen eines Schakals, der einen Unterschenkelknochen abnagt und dabei voller Wärme über die Sterblichkeit sinniert. »Habt Ihr verstanden, Reichshüter Tolly? Morgen. Falls nicht, werde ich kommen und ihn mir holen müssen, und dann wird Euer Leiden

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