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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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emsiger, Campion zu wecken. «Geh weg, Mildred. Es ist noch zu früh.»
    Allmählich dämmerte aber auch ihr, dass die Nacht vorüber war. Durch den Burghof hallten Schritte, und sie wusste, dass die Soldaten allmorgendlich eine Stunde vor Sonnenaufgang ihre Stellungen bezogen. Campion streichelte ihre Katze und nahm sie in den Arm. «Vielleicht werde ich dich nie wiedersehen. Ich muss fort von hier, Mildred.» Die Katze schnurrte lauter denn je. «Dir ist’s wohl egal, nicht wahr?»
    Rasch zog sie ein schlichtes, graues Kleid an und setzte eine Haube aufs hochgesteckte Haar. Mit der Morgentoilette wartete sie immer bis zum Vormittag. Mildred streifte um ihre Füße und verlangte, gefüttert zu werden. «Du sollst doch Mäuse fangen, wie es sich für eine Katze gehört.»
    Im Zimmer nebenan war Lady Margaret zu hören, die Enid darum bat, die Vorhänge zu öffnen. Campion nahm sich ein Beispiel daran. Es war immer noch dunkel und nicht zu sehen, ob Wolken aufgezogen waren. Mildred protestierte, bis sich Campion bückte und sie streichelte. «Dir ist’s wirklich egal, stimmt’s?»
    Sie öffnete die Schlafzimmertür. Blitzschnell huschte die Katze hinaus in Richtung Küche, wo ihr und den anderen Katzen Futter und Wasser gereicht werden würde. Milch gab es für sie nicht mehr. Auch Campion verließ das Zimmer.
    Sie liebte die frühen Stunden und ging oft nach draußen, um barfüßig über den taufeuchten Rasen zu laufen und die Soldaten zu begrüßen, die über den Graben hinweg ins Dunkle starrten. Manchmal kehrte sie auch in der Kapelle ein, kniete auf der Lazender’schen Gebetsbank nieder und erbat Gottes Segen für die Garnison. Auch für Toby betete sie dann dort, unter den Gedenksteinen seiner Vorfahren. So früh am Morgen, bevor die Kanonen krachten, war alles noch still und scheinbar friedlich.
    «Miss Campion?» Es war Tugwell, der vor ihr aus dem Schatten trat und sie ansprach.
    «Hauptmann.»
    «Wie schön, Euch zu sehen», sagte Tugwell, um einen heiteren Tonfall bemüht. «Habt Ihr gut geruht?»
    «Danke, ja. Und Ihr?»
    «Die Nacht war ruhig.» Mit einer Kopfbewegung deutete er in Richtung Ortschaft, aus der vereinzelt Lichter herüberleuchteten. «Die sind heute schon früh auf den Beinen. Vielleicht hat der neue Mann, dieser Fuller, andere Saiten aufgezogen. Neue Besen kehren gut, Miss Campion.»
    «Vielleicht.»
    Tugwell zog sein Waffengehenk höher und stopfte seine messingbeschlagene Pistole tiefer unter den Gurt. «Hauptmann Lazender ist am Torhaus, Miss Campion.»
    «Ich weiß. Danke. Ich bin auf dem Weg zur Kapelle.»
    «Schließt mich in Eure Gebete mit ein.»
    «Das werde ich», erwiderte sie lächelnd.
    Am östlichen Horizont zeigte sich ein erster perlgrauer Lichtstreif, der die Umrisse der Bäume deutlicher hervortreten ließ. Sie zögerte vor dem Portal der Kapelle, um die Stimmung dieser frühen Morgenzeit noch eine Weile zu genießen.
    «Ihr seid schon auf?», grüßte Mr   Perilly, der Vikar von Lazen.
    «Mr   Perilly!»
    Er kam gerade aus der Kapelle und war vor dem Kerzenlicht im Innern nur als Silhouette auszumachen. «Wieder ist ein Fenster zu Bruch gegangen», sagte er bekümmert.
    «Wie schade.»
    Die Rundköpfe hatten es ausgerechnet auf die kunstvolle Bleiverglasung abgesehen. Alles Schöne war ihnen ein Ärgernis, und während sie sich an ihrem Zerstörungswerk ergötzten, wurde Mr   Perilly immer trübsinniger. «Da liegen noch eine Menge Scherben herum, obwohl ich schon gefegt habe.» Er seufzte. «Es kann jetzt ungehindert hereinregnen.»
    «Schlimm.»
    Er stand neben ihr und starrte auf das im Wassergraben schimmernde Licht. «Wie ich höre, werdet Ihr uns verlassen.»
    «Leider, ja. James wird mich begleiten. Wir brechen auf, sobald es dunkel genug ist.»
    Mr   Perilly schüttelte den Kopf. «Es ist schon allzu dunkel. Im ganzen Land herrscht Dunkelheit. Ich versteh es nicht. Gott prüft seine Kinder, aber manchmal wünschte ich mir, er würde uns nicht so lange im Ungewissen lassen.»
    Im Stallhof krähte ein Hahn, und es schien, als weckte er mit seinem Ruf den Vikar aus seiner trüben Stimmung auf. Er lächelte. «Sehen wir uns zur Mette?»
    «Natürlich.»
    «Gebt acht auf die Scherben. Es ist das Fenster des wiederauferstandenen Lazarus. Zerstört, unwiederbringlich, denn es gibt niemanden mehr, der eine solche Arbeit machen kann. Wohl aber viele, die zerstören können und nichts als zerstören.» Er versank wieder in tiefe Trauer.
    In diesem Moment

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