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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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kann sie auch später noch.»
    «Aber die Menge!» Prior deutete mit der Hand durch das Tor nach draußen, wo sich Tumult breitmachte. Die Wachsoldaten konnten das wartende Volk in seiner Ungeduld kaum mehr im Zaum halten.
    «Allmächtiger!» Harries beugte sich im Sattel vor. «Im Jahre 1629, du Wurm, habe ich eine Festung gehalten und neun Monate lang gegen die Truppen des Heiligen Römischen Reiches verteidigt. Und du schaffst es nicht, den Tower von London vor einem losen Haufen aus Frauen und Lehrjungen zu schützen?» Und mit Blick auf Hauptmann Wellings: «Was stehst du da noch rum, Grindskopf? Schaff sie gefälligst vom Wagen!»
    Die Soldaten im Hof murrten, als Wellings der Gefangenen vom Karren half. Harries richtete sich in den Steigbügeln auf. «Ruhe!» Er schaute sich um. «Ihr werdet sie brennen sehen, aber nicht heute.»
    «Warum nicht?», fragte jemand.
    «Warum nicht?», entgegnete Harries wütend. «Man hat sie als Hexe und Gattenmörderin überführt, aber nie danach gefragt, was es mit dem verdammten Kruzifix auf sich hat, das sie am Hals trug. Angenommen, es stammt aus Rom oder Spanien. Habt ihr mit dem verfluchten König nicht schon genug Ärger? Wollt ihr etwa auch noch gegen die Heere des Papstes Krieg führen?» Die Soldaten hörten unwillig zu. Harries versuchte, sie zu beruhigen. «Die Hexe kommt schon noch auf den Scheiterhaufen, aber vorher wollen wir ihr ein paar Fragen stellen und ihr im Folterkeller ein bisschen einheizen.» Er fuhr im Sattel herum. «Schließt das Tor!»
    Das Versprechen einer Folter und die unbestreitbare Gültigkeit des vom Unterhaus besiegelten Haftbefehls, den nun Oberst Prior in den Händen hielt, taten ihre Wirkung, und der Unmut unter den Soldaten legte sich vollends, als Harries in Aussicht stellte, dass die Hexe noch vor Ablauf der Woche ihrem Flammentod zugeführt werde. Den Männern stand somit ein zweiter Feiertag bevor. Treu-bis-in-den-Tod Hervey wollte den Befehl sehen, wich aber schnell zurück, als Harries seinen Blick auf ihn richtete.
    «Sir, das Boot ist da.» Harries’ Bote war zurückgekehrt.
    «Bring das Mädchen, Mason!» Harries sprang vom Pferd. «Ihr zwei, nehmt die Pferde. Wir treffen uns in Westminster.»
    «Sir!»
    Bewegung kam auf. Zwei von Harries’ Reitern rissen ihre Pferde herum, nahmen die beiden anderen Pferde beim Zügel und sprengten zum Tor hinaus, das die Wachposten gerade schließen wollten. Wellings hob Campion vom Karren. Oberst Harries mokierte sich über seine Behutsamkeit. «Gefällt dir die Hexe, Wellings?»
    «Ihre Hände sind gefesselt, Sir.»
    «Sie kann doch springen, oder? Mein Gott! Die Soldaten von heute würden’s nicht einmal mehr mit einer zarten Elfe aufnehmen. Beeil dich, Weib!» Er packte sie bei der Schulter, warf Prior einen Blick zu und fragte: «Ist Ebenezer Slythe hier?»
    Der Oberst runzelte die Stirn. Statt seiner antwortete Treu-bis-in-den-Tod: «Er ist oben auf dem Festungswall.»
    «Um besser sehen zu können, he?» Harries lachte. «Ich kann nicht länger warten. Beweg dich, Hexe!»
    Harries und Mason führten Campion am Glockenturm vorbei auf das so genannte Verrätertor zu, jenes Mauergewölbe, das sich über die Anlegestelle des Towers spannte. Vor den Stufen, die ins Wasser führten, dümpelte ein großes Boot inmitten von Unrat und Kehricht. Es war mit sechs Ruderknechten bemannt, die allesamt einen unruhigen Eindruck machten, vielleicht auch deshalb, weil, wie jedermann wusste, über diese Stufen meist nur Verbrecher geführt wurden, auf die Beil, Schlinge oder Feuer warteten. Harries stieß Campion vor sich her. Der Fluss führte Niedrigwasser, weshalb die unteren Stufen tückisch glatt waren. «Steig ein.»
    Prior war ihnen gefolgt. «Ihr werdet die Brücke nicht passieren können, Oberst», sagte er.
    «Das weiß ich selbst!», schnappte Harries. Die Stromschnellen vor den engen Mauerbögen der London Bridge waren nur bei Hochwasser befahrbar und selbst dann sehr gefährlich. «An der Bear Wharf steigen wir in eine Kutsche um. Oder glaubst du etwa, ich würde sie durch die verdammte Menge führen?»
    Mason, der einfache Soldat, ließ Campion auf der Heckbank Platz nehmen. Oberst Harries setzte sich neben sie und nickte den Ruderknechten zu. «Los!»
    Mit ihren langen Ruderstangen schleusten sie das Boot durch das dunkle, tropfende Tunnelgewölbe und unter dem großen Fallgatter hindurch, mit dem die Ausfahrt versperrt werden konnte. Campion sah den Bug ins Sonnenlicht gleiten und

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