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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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haben. Allein der Gedanke an die Schmerzen und das Blut war für sie kaum zu ertragen. «Nein.»
    Scammell wippte vor und zurück. «Verständlich, dass Ihr geknickt seid, meine Liebe», sagte er beflissen. «Frauen neigen zur Bestürzung, wirklich und wahrhaftig. Das schwächere Geschlecht, nicht wahr?» Er lachte, um Mitgefühl zu zeigen. «Aber Ihr werdet erfahren, meine Liebe, dass es einer Frau gut tut, wenn sie sich nach Gottes Plan in Gehorsam übt. Das Weib soll dem Mann untertan sein. Ist es gehorsam, so bleibt ihm die Qual der Wahl erspart. Versteht mich hinfort als Euren Hirten, und Ihr werdet im Hause des Herrn ein Leben lang glücklich sein.» Großmütig in seinem Sieg, beugte er sich vor, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.
    Sie wich vor ihm zurück. «Wir sind noch nicht verheiratet, Sir.»
    «Wirklich und wahrhaftig.» Aus dem Gleichgewicht geraten, trat er schnell einen Schritt vor. «Bescheidenheit ziert eine Frau wie der Gehorsam», sagte er mit bittersüßem Lächeln. Er wollte dieses Mädchen. Er wollte sie berühren und küssen, fühlte sich aber selbst befangen. Sei’s drum, dachte er. In einem Monat würde sie mit ihm vermählt und sein Eigentum sein. Er faltete die Hände, ließ die Knöchel knacken und wandte sich dem Dorf zu. «Setzen wir unseren Weg fort, meine Liebe. Wir haben Bruder Hervey einen Brief zu übergeben.»

    Reverend Hervey, der Pastor der Gemeinde von Werlatton, war von seinen Eltern auf den Namen Thomas getauft worden, hatte aber im Zuge des religiösen Eifers, der, über England hereingebrochen, einen Krieg zwischen König und Parlament entfesselt hatte, einen neuen Namen angenommen. Wie viele Puritaner vertrat er die Ansicht, dass der persönliche Name ein Zeugnis der Wahrheit sein sollte, und so hatte er lange in innigen Gebeten um die richtige Wahl gerungen. Einer seiner Bekannten nannte sich jetzt «Und-ich-werde-sie-in-schmiedeeiserne-Ketten-legen», was dem Pastor gut gefiel, doch da war auch der Amtsbruder Reverend «Seine-Barmherzigkeit-wäret-ewiglich» Potter, ein altersschwacher Mann mit Tatterich, und wenn Potter heimgerufen worden wäre, hätte Hervey dessen Namen annehmen können, auch wenn der ein wenig lang war. Reverend Potter aber machte seinem angenommenen Namen alle Ehre und lebte, obwohl krank und senil, nun schon in seiner neunten Dekade.
    Nach langer Suche in der Heiligen Schrift und zahllosen Bittgebeten um Gottes Führung hatte sich Reverend Hervey schließlich auf einen Namen festgelegt, der weder zu lang noch zu kurz war und der sich, wie er fand, durch Kraft und Würde auszeichnete. Er hatte sich umbenannt und hoffte, in ganz England bekannt zu werden unter dem Namen Reverend «Treu-bis-in-den-Tod» Hervey.
    Reverend «Treu-bis-in-den-Tod» Hervey war ein Mann mit großen Ambitionen. Vor fünf Jahren hatte er das große Glück gehabt, aus ärmlichen Verhältnissen nach Werlatton gerufen zu werden, um der dortigen Pfarrgemeinde vorzustehen, wofür ihm Matthew Slythe nicht weniger als dreißig Pfund im Jahr zukommen ließ. Obwohl solchermaßen reich bestallt, empfand er eine nagende Eifersucht anderen Geistlichen gegenüber, die berühmter waren als er.
    Er war inzwischen zweiunddreißig Jahre alt, unverheiratet, aber vergleichsweise unbekannt jenseits der Grenzen seiner Gemeinde. Damit mochte er sich nicht abfinden, und so trachtete er danach, seinem neuen Namen mit aller Entschlossenheit Geltung zu verschaffen. Vor zwei Jahren hatten sich die irischen Katholiken gegen ihre englischen Herren erhoben und das protestantische England erzittern lassen. Treu-bis-in-den-Tod sah nun in diesem Ereignis eine günstige Gelegenheit, prominent zu werden. Er machte sich daran, ein Pamphlet zu verfassen, das am Ende so umfangreich werden sollte wie zwei Bücher. Es trug den Titel: «Die Schrecken der jüngsten Massaker, begangen durch irische Katholiken an den friedfertigen Protestanten dieses Landes». Der Reverend war zwar selbst nie in Irland gewesen, sah darin aber keinen Hinderungsgrund, seinen Bericht aus der Perspektive eines Augenzeugen abzufassen. Gott, so glaubte er, würde seine Feder führen.
    Er besorgte sich eine Landkarte von Irland, der er die Namen von Städten und Ortschaften entnahm. Ein knapper, drastischer Bericht, so sein Ansinnen, würde ihm den ersehnten Ruhm einbringen. Sich möglichst kurz zu fassen war ihm allerdings nicht möglich. Er schrieb fieberhaft, Nacht um Nacht, und ließ seine albtraumartigen Gedanken frei und

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