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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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wahrhaftig.»
    «Ja.»
    Sie hatte es vorher gewusst: Auf ihre Kindheit sollten Ehe und Mutterschaft folgen. Warum also, wunderte sie sich, betrübte und erschreckte sie diese Aussicht so sehr? Es war schließlich nicht so, als hätten sich ihr, von vagen Träumen abgesehen, jemals andere Möglichkeiten geboten. Warum also dieses plötzliche Entsetzen einer schicksalhaften Fügung gegenüber, mit der sie schon lange hatte rechnen müssen? Sie warf einen Blick auf Scammell, entlockte ihm ein nervöses Lächeln. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass ausgerechnet dieser Mann ihr Ehemann sein sollte. Sie versuchte den Gedanken von sich zu weisen. Ihr Gefühl der Andersartigkeit war immer Ursache ihrer Tagträume gewesen, und dieses Gefühl hatte sie nun betrogen. Sie war weder anders noch war sie etwas Besonderes. Sie war eine Tochter, über die verfügt wurde, nicht zuletzt auch in Eheangelegenheiten.
    Im Schatten hoher Buchen, deren Laub, im Vorjahr gefallen, einen dicken Teppich vor ihnen ausbreitete, lag ein umgestürzter Baum quer über dem Weg. «Wär’s recht, wenn wir hier kurz Rast machten, meine Liebe?», fragte Scammell.
    Sie blieb am Rand des Weges stehen.
    Scammell tupfte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, wischte dann einen Teil des glatten Stamms sauber und bot ihr an, Platz zu nehmen. Sie ahnte, dass er vorhatte, sich ganz dicht neben sie zu setzen, und schüttelte den Kopf. «Ich bleibe lieber stehen, Mr   Scammell.»
    Er stopfte das Taschentuch in seinen Ärmel. «Ich möchte Euch etwas sagen.»
    Sie schwieg. Sie stand auf einem Fleck strahlenden Sonnenlichts und weigerte sich, zu ihm in den grünen Schatten zu treten.
    Er zeigte wieder sein salbungsvolles Lächeln, das sie aber, von der Sonne geblendet, nur erahnen konnte. «Es wird mir eine Freude sein, wieder eine Familie zu haben», hob er an. «Meine liebe Mutter, Gott hab sie selig, ist letztes Jahr verschieden und liegt nun an der Seite meines Vaters begraben. Ja, so ist es.» Er lächelte. Campion antwortete nicht. Schwerfällig verlagerte er sein übermäßiges Gewicht von einem Bein aufs andere. «Ich stehe also allein, meine Liebe, und bin darum doppelt glücklich, mich Eurer lieben Familie anschließen zu dürfen.» Er nahm auf dem umgekippten Baumstamm Platz und wippte mit dem breiten Gesäß auf und ab, um ihr zu zeigen, wie bequem er seinen Sitzplatz fand. Bald aber war wohl auch ihm klar, dass er sie auf diese Weise nicht an seine Seite locken konnte. «Wirklich und wahrhaftig.» Er schien zu seufzen.
    Sie dachte daran, Reißaus zu nehmen, durch das Weizenfeld mit seinen Mohnblumen zu laufen, geradewegs auf die Eichen zu, die die Südgrenze des väterlichen Landes markierten, und von dort aus immer weiter. Sie stellte sich vor, wie das Wild im Freien zu schlafen und von den Früchten des Waldes zu essen, wusste aber, dass es für sie kein Weglaufen gab. Sie kannte keine Menschenseele außerhalb von Werlatton, sie hatte sich noch nie weiter als vier Meilen vom Haus entfernt. Außerdem fehlte es ihr an Geld, an Freunden – und an Hoffnung.
    Scammell beugte sich vor. Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Hände gefaltet wie zum Gebet. Er schwitzte unter dem dicken Tuch, das er trug. «Euer Vater schlug mir vor, mit Euch über die Zukunft zu reden.»
    Sie sagte immer noch nichts.
    Er lächelte hoffnungsfroh. «Wir werden hier in Werlatton mit Eurer lieben Familie leben. Ihr braucht also nicht Euer Heim zu verlassen. Euer Vater wird nicht jünger und wünscht sich Hilfe in seinen Geschäften. Wenn natürlich der gute Ebenezer – ich denke bereits an ihn als einen Bruder – volljährig geworden ist, wird unsere Hilfe womöglich nicht mehr nötig sein. Dann werden wir vielleicht nach London ziehen.» Er nickte und schien zufrieden mit sich selbst. «All dies haben wir in Gebeten vor unseren Herrn gebracht. Darum können wir getrost sein, dass es gut so ist.»
    Plötzlich kniff er die Brauen zusammen, rutschte auf dem Baumstamm hin und her und beugte sich mit angespanntem Gesichtsausdruck nach vorn. Dann hörte sie, wie er Wind streichen ließ, konnte es kaum fassen und lachte laut auf.
    Entspannt lehnte er sich zurück. «Ihr seid glücklich, meine Liebe?»
    Ihr war bewusst, dass sie nicht hätte lachen sollen, doch sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, diesen Mann zu verhöhnen. Er wartete auf eine Antwort, und so sagte sie mit leiser, demütiger Stimme: «Bleibt mir denn etwas anderes übrig,

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