Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
Vom Netzwerk:
vorenthalten und sie stattdessen diesem Samuel Scammell an die Hand gegeben hatte. Doch damit wollte sich Treu-bis-in-den-Tod nicht abfinden. Er glaubte an die Kraft des Gebets und schlug, in den Garten zurückgekehrt, das fünfte Buch Moses auf: «Wenn du in einen Streit ziehst wider deine Feinde, und der Herr, dein Gott, gib sie dir in deine Hände, dass du ihre Gefangenen wegführest, und siehst unter den Gefangenen ein schönes Weib und hast Lust zu ihr, dass du sie zum Weibe nehmest, so führe sie in dein Haus.»
    Er hoffte inständig, dass es dazu kommen würde, und betete mit Inbrunst, Dorcas Slythe zu seiner Gefangenen machen zu können. Auf Knien fand ihn sein Freund Ebenezer vor, als dieser eine halbe Stunde später zu seinem täglichen Besuch eintraf.
    «Bruder Hervey?»
    «Ebenezer! Mein lieber Ebenezer!» Treu-bis-in-den-Tod raffte sich auf. «Ich habe gerade mit dem Herrn gerungen!»
    «Amen.» Von der Sonne geblendet, blinzelten die beiden einander zu und nahmen dann mit bitterem Herzen Platz, um ihre Bibelstunde abzuhalten.

    Campion träumte von Flucht, wusste aber um deren Unmöglichkeit. Sie dachte an den rothaarigen jungen Mann, der neben ihr im Gras am Ufer des Baches gelegen und geplaudert hatte wie mit einer vertrauten Freundin. Toby Lazender war in London und würde sich an sie womöglich gar nicht mehr erinnern. Ihr Wunsch davonzulaufen war übergroß. Aber wohin? Sie hatte weder Geld noch Freunde. In ihrer Verzweiflung dachte sie daran, Toby Lazender einen Brief zu schreiben, kannte aber niemanden, den sie mit der Zustellung dieses Briefes hätte betrauen können.
    Mit jedem neuen Tag wurde ihr die Unausweichlichkeit ihres Schicksals wieder schmerzlich vor Augen geführt. Goodwife Baggerlie versuchte immer wieder, ihr die Ehe schmackhaft zu machen. «Gott sei Dank, er ist ein guter Mann und Versorger. Eine Frau kann sich nichts Besseres wünschen.»
    Als ihr eines Tages die Haushälterin sämtliche Gerätschaften und Bestände des Haushaltes aufzählte und erklärte, wo diese zu finden waren, wurde Campion mit einer weiteren Aussicht auf ihre Zukunft konfrontiert. «Da wären auch noch gute Windeln und eine Krippe, die wir aufbewahrt haben für den Fall, dass außer dir und Ebenezer noch weitere Kinder geboren werden.» Mit dem Wort «wir» bezog sie sich stets auf ihre Verbundenheit mit Campions Mutter. «Du wirst wahrscheinlich, bevor das nächste Jahr zu Ende geht, ein Kind haben.» Und mit kritischem Blick auf ihre schlanke Gestalt fügte sie hinzu: «So, wie du gebaut bist, wird’s wohl Schwierigkeiten geben. Woher du diese schmalen Hüften hast, ist mir ein Rätsel. Deine Mutter, Gott sei ihrer Seele gnädig, war eine stattliche Frau, und auch dein Vater hat beileibe keine schmalen Lenden.» Sie schnäuzte ins Taschentuch. «Gottes Wille geschehe.»
    Treu-bis-in-den-Tod Hervey verlas das Aufgebot, ein erstes, ein zweites und ein drittes Mal. Der Tag rückte näher. Sie würde aufhören, Campion zu sein, niemals wahre Liebe erfahren und sich umso mehr danach sehnen.
    «Des Nachts auf meinem Lager suchte ich, den meine Seele liebt.» Und bei Nacht wälzte sich Campion voller Angst und Unruhe auf ihrem Bett hin und her. Mit Entsetzen dachte sie daran, wie Scammell sie nehmen würde wie ein Bulle. Sie glaubte, sein Grunzen schon zu hören und konnte fast fühlen, wie seine schlaffen Massen auf ihr lasteten. Sie stellte sich vor, von seinen fleischigen Lippen berührt zu werden, und schrie vor Entsetzen laut auf, sodass Charity sich im Schlaf unruhig herumdrehte.
    Campion hatte einige Male bei der Geburt von Kälbern zugesehen, malte sich die Niederkunft des eigenen Kindes ähnlich blutig aus und fürchtete, im Kindbett verbluten zu müssen. Manchmal dachte sie, es wäre besser, schon vor der Hochzeit zu sterben.
    Ihr Vater kam nur einmal auf die Hochzeit zu sprechen, und zwar drei Tage vorher. Er suchte sie in der Vorratskammer auf, wo sie gerade damit beschäftigt war, die Butter in große Vierecke zu schneiden. Es überraschte ihn, sie zu sehen.
    Sie lächelte. «Vater?»
    «Du arbeitest.»
    «Ja, Vater.»
    Er nahm das Musselintuch vom Butterfass und wrang es zwischen seinen großen Pranken aus. «Ich habe dich gewissenhaft zum Glauben erzogen.»
    Sie spürte, dass er bestätigt werden wollte, und sagte: «Ja, Vater.»
    «Er ist ein guter Mann. Ein Mann Gottes.»
    «Ja, Vater.»
    «Du wirst dich voll und ganz auf ihn verlassen können, denn er ist standhaft wie ein Fels in der Brandung.

Weitere Kostenlose Bücher