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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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nahm sie zum Abschied in die Arme. «Du bist ein gutes Mädchen. Der Herr beschütze dich. Wir beten für dich.»
    Vielleicht hatten die Gebete wirklich geholfen, denn in Southampton traf Campion mit Mrs   Swan zusammen, und obwohl als ein Werkzeug Gottes scheinbar eher ungeeignet, war Mildred Swan doch zweifelsohne eines seiner wirkungsvollsten. Als sie Campion sah und erkannte, wie verloren und ängstlich sie war, nahm sie sie sogleich unter ihre Fittiche. Campion teilte sich mit Mildred Swan ein Bett und hörte artig zu, als diese ihr wortreich und weitschweifig aus ihrem Leben erzählte.
    Sie hatte ihre Schwester besucht, die in Southampton mit einem Geistlichen verheiratet war, und kehrte nun nach London zurück, wo sie lebte. Die Erzählung ihrer Geschichte, vom Schlaf unterbrochen, wurde am nächsten Morgen wieder aufgegriffen, als sie in dem gepflasterten Hof auf die Postkutsche warteten. «Ich bin Witwe, weiß also ganz genau, was Trauer und Kummer bedeuten.» Zu ihren Füßen lagen ein riesiges, liederlich zusammengerafftes Bündel und ein mit Gebäck und Früchten gefüllter Korb. Als sie sich, von einem Geräusch im Hintergrund argwöhnisch gemacht, umdrehte und einen Stallknecht erblickte, der es, wie sie glaubte, auf ihr Gepäck abgesehen hatte, rief sie ihm zu: «Scher dich fort! Ich bin eine christliche Frau, allein und schutzlos auf Reisen. Untersteh dich, mich zu bestehlen.» Aufgeschreckt eilte der Stallknecht davon. Mrs   Swan lachte vergnügt. Es gefiel ihr offenbar, die Welt nach ihrer Vorstellung einzurichten. «Erzähl mir von deiner Mutter, mein Kind.»
    Mildred Swan war eine plumpe Frau mittleren Alters. Sie trug einen verschossenen blauen Rock und hatte einen farbenfrohen, geblümten Schal um die Schultern drapiert. Eine hellrote Haube zwängte sich um einen wirren Schopf blonder Haare. Anstatt auf eine Antwort von Campion zu warten, wollte sie nun von ihr wissen, ob sie in oder auf dem Dach der Kutsche zu reisen wünsche. Campion hatte sich darüber noch keine Gedanken gemacht.
    «Drinnen ist es angenehmer. Wir sollten auf jeden Fall zusammenbleiben. Dann können wir uns auch besser vor den Männern schützen.» Die letzten Worte waren so laut gesprochen, dass sie auch der großgewachsene, grimmig dreinblickende Pfarrer nicht überhören konnte, der einige Schritte entfernt von ihnen stand. Mrs   Swan warf ihm einen Blick zu, wandte sich dann wieder an Campion und fragte: «Nun?»
    Campion besann sich und trug ihre Geschichte vor, die sie jetzt allerdings ein wenig abwandelte. Sie habe ihre kranke Mutter gepflegt, sei aber jetzt nach London unterwegs, um einen Advokaten in einer Erbschaftsangelegenheit aufzusuchen. Damit war sie von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt, denn Campion hatte allen Anlass zu der Vermutung, dass Grenville Cony ein Advokat war, der sich um die Verwaltung des Bundes kümmerte.
    Als Campion, von ihrer Begleiterin dazu aufgefordert, erklärte, was es mit dem Erbe auf sich hatte, saßen die beiden bereits auf der gepolsterten Rückbank in der Kabine der Kutsche, wo Mrs   Swan, wie selbstverständlich und ohne auf die anderen Fahrgäste Rücksicht zu nehmen, den meisten Platz für sich in Anspruch nahm. Der Pfarrer saß Campion gegenüber und hatte eine aufgeschlagene Bibel vor sich.
    Mrs   Swan kam nun wieder auf Campions kranke Mutter zu sprechen. «Sie hat dünnes Blut, nicht wahr?»
    «Ja.»
    «Butterblumen, mein Kind, Butterblumen. Die wirken in solchen Fällen Wunder. Auch meine Mutter hatte dünnes Blut. Sie ist natürlich längst gestorben, aber nicht allein des dünnen Blutes wegen», sagte sie und fügte, wie um ein schreckliches Geheimnis zu beschwören, mit düsterer Stimme hinzu: «Oh, nein.» Dann wollte sie wissen, woran Campions Mutter sonst noch kranke.
    Während der nächsten zwei Stunden, in denen die Kutsche auf holpriger Straße nordwärts rollte, dichtete Campion ihrer Mutter alle Leiden und Nöte eines weiblichen Hiob an, und zu jeder Krankheit, die sie beschrieb, kannte Mrs   Swan ein unfehlbares Heilmittel, obwohl sie auch stets jemanden zu benennen wusste, dem selbst dieses Mittel nicht geholfen habe. Campions Phantasie erschöpfte sich allmählich, doch Mrs   Swan konnte von dieser Art Unterhaltung offenbar nicht genug bekommen. «Wechselfieber, mein Kind? Darunter litt auch meine Großmutter, Gott hab sie selig. Aber daran ist sie nicht gestorben. Nein. Sie wurde geheilt, weil sie sich in ihren Bittgebeten hilfesuchend an die

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