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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Heilige Petronilla gewandt hat. Aber das ist ja jetzt nicht mehr möglich dank gewisser Herren, deren Namen ich hier nicht nennen möchte.» Sie bedachte den Pfarrer mit finsterem Blick. «Tun ihr die Brüste weh?»
    «Sehr.»
    «Tja, das dachte ich mir», seufzte Mrs   Swan. «Als mein Mann noch lebte, hatte ich das gleiche Problem. Er war Kapitän zur See und brachte mir aus Lissabon ein Bildnis der Heiligen Agnes mit. Das hat wahre Wunder an mir vollbracht.» Sie hob die Stimme, um den Pfarrer zu provozieren. «Oh, diese Schmerzen! Und da ist schließlich so einiges, was wehtun kann.» Sie lachte laut auf und hielt dabei ihren Blick auf den Gottesmann gerichtet, der nun tatsächlich reagierte.
    Woran er Anstoß nahm – ob an der Erwähnung katholischer Heiliger oder an dem Gespräch über schmerzende Brüste –, war nicht klar. Jedenfalls beugte er sich vor und sagte: «Deine Rede ist ungebührlich, Frau.»
    Sie achtete nicht auf ihn und fragte Campion lächelnd: «Hat sie lange Ohren, mein Kind?»
    «Nein.»
    «Gott sei Dank, denn dagegen helfen allenfalls ein paar kräftige Watschen.» Sie richtete ihren Blick wieder auf den Pfarrer, doch der hatte sich zurückgelehnt und las im Buch des Predigers Salomo. Mrs   Swan ließ nicht locker. «Hat sie vielleicht auch die Fallsucht?»
    «Allerdings.»
    «Wie meine Tante, Gott hab sie selig. Sie ist manchmal ganz unvermittelt umgekippt. Einfach so. Doch alle, die unter dieser Krankheit leiden, dürfen auf den Heiligen Valentin hoffen.» Der Pfarrer blieb still.
    Mrs   Swan machte es sich auf der Bank bequem. «Ich werde jetzt ein bisschen schlafen, mein Kind. Falls dich jemand belästigen sollte …», und wieder richtete sie den Blick auf den mitreisenden Pfarrer, «… du kannst mich jederzeit wecken.»
    Mrs   Swan war Campions Begleiterin, Mentorin und Beschützerin – und ab dem Moment, in dem sie ihr Ziel erreicht hatten und die Kutsche verließen, auch ihre Gastgeberin. Sie wollte nichts davon hören, als Campion sagte, sie werde sich nach einer Unterkunft umsehen, gab aber unumwunden zu, dass ihre Gastfreundschaft nicht gratis sei. «Nicht, dass ich gierig wäre, mein Kind, nein. Das kann keiner von Mildred Swan behaupten. Aber wie jeder andere muss auch ich sehen, wo ich bleibe.» Und damit war die Sache abgemacht.
    Charing Cross und The Strand zählten nicht zum eigentlichen London. Die beiden Straßen lagen außerhalb der Stadtmauern und verbanden die im Westen neu gebauten Häuser miteinander. Als Campion den Blick nach Osten richtete, wurde ihr angst und bange. Aus unzähligen Kaminen stieg Rauch auf, der den Himmel verdunkelte, und in diesem grauen Dunst zeichneten sich mehr Türme und Zinnen ab als in Campions kühnsten Träumen von dieser Stadt. Über allem thronte die Kathedrale auf dem Hügel. Die Häuser entlang dem Strand, über den sie nun von Mrs   Swan geführt wurde, waren groß und prächtig und von bewaffneten Männern bewacht. Auf der Straße selbst wimmelte es von Krüppeln und Bettlern. Campion sah Männer mit leeren, eiternden Augenhöhlen, Kinder ohne Beine, die sich nur mit Hilfe ihrer kräftigen Arme vorwärtsbewegten, und Frauen, deren Gesichter von schwärenden Wunden entstellt waren. Ein schrecklicher Gestank hing in der Luft.
    Mrs   Swan schien von alldem nichts zu bemerken. «Das ist der Strand, meine Kleine. Hier lebten früher ausschließlich vornehme Herrschaften, doch leider sind die meisten fortgezogen. Jetzt wohnen hier die Frömmler, und die sind schlecht bei Kasse.» Mrs   Swan war von ihrem Mann zwar gut versorgt worden, legte aber Wert darauf, sich ein Zubrot zu verdienen und verkaufte Handstickereien, die allerdings seit der puritanischen Revolution in London kaum mehr nachgefragt wurden.
    Ein Trupp von Soldaten kam aus der Stadt marschiert, die Helme und Piken blitzten im Sonnenlicht. Wer nicht schnell genug den Weg frei machte, wurde brüsk beiseitegeschoben. «Schafft Platz für die Gesalbten des Herrn!», spottete Mrs   Swan lauthals, worauf ihr einer der Offiziere einen grimmigen Blick zuwarf. Doch Mildred Swan war keine Frau, die sich einschüchtern ließ. «Passt auf, wohin Ihr tretet, Käpt’n», rief sie und lachte, als der Soldat über einen Haufen Pferdeäpfel sprang und keine gute Figur dabei machte. Mit einer wegwerfenden Handbewegung wandte sie sich von den Soldaten ab und sagte: «Die spielen nur. Hast du die Jungs auf der Knight’s Bridge gesehen?» Die Kutsche war auf der Brücke im Westen

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