Das Hexen-Amulett (German Edition)
es sagt, Sir.»
«Nicht ich sage es. So sagen es das Gesetz, das Testament und der Ehevertrag. Wenn sie Scammells Frau ist, verfügt er über das Siegel, und er wird es uns geben.»
«Seid Ihr Euch da wirklich sicher, Sir?»
«Ja, Thomas, denn du wirst auf Bruder Scammell aufpassen, bis er damit herausgerückt ist.»
Grimmett schmunzelte. «Ja, Sir.»
«Sorg dafür, dass die beiden heiraten. Noch heute Abend. Es muss eine rechtsgültige Trauung sein. Mit Priester und Gebetbuch. Und Scammells zeternde Puritaner bleiben draußen. Schaffst du das?»
Grimmett überlegte kurz. «Ja, Sir. Wo soll die Trauung stattfinden?»
«In Scammells Haus.» An der Art, wie Cony Scammells Namen aussprach, wurde deutlich, was er von ihm hielt. «Bring sie mit dem Boot dorthin und tu, was zu tun ist.»
«Jawohl, Sir.» Grimmett grinste.
«Gut. Und dann will ich, Thomas, dass du für ihre Entjungferung sorgst – wohlgemerkt, danach und nicht schon vorher, es soll schließlich alles mit rechten Dingen zugehen. Ich will nicht, dass sie die Ehe für ungültig erklärt und zum Beweis dafür die Beine öffnet. Wenn dieser verdammte Puritaner nicht weiß, wie er’s anstellen soll, wirst du für ihn einspringen.»
«Und die Sache selbst erledigen, Sir?»
Sir Grenville blickte neugierig auf und musterte den riesigen, in Leder gehüllten Mann. «Gefällt sie dir?»
«Sie ist sehr hübsch, Sir.»
«Dann tu’s. Hol dir deinen Lohn», sagte Cony lächelnd. «Es gefällt mir, wie sehr du dich für mich ins Zeug legst, Thomas.»
Grimmett lachte.
Cony winkte in Richtung Tür. «Geh jetzt. Amüsier dich. Und lass den Jungen hier, ich habe noch Verwendung für ihn. Wir sprechen uns dann morgen, Thomas. Ich will über alle Einzelheiten informiert werden.»
Sir Grenville beobachtete vom Fenster aus, wie die kleine Gruppe seine Barke bestieg. Grimmett hatte das Mädchen, das sich nach Kräften wehrte und von der Haushälterin mit Schlägen und Kniffen traktiert wurde, fest im Griff. Samuel Scammell folgte den dreien und schien nicht zu wissen, wohin mit seinen Händen. Cony schüttelte den Kopf und lachte.
Er hatte gefürchtet, das Mädchen könnte sich womöglich an Lopez wenden, doch diese Sorge war ihm nun genommen. Sie war hier, und das Siegel würde gewiss bald auftauchen. Die Dinge standen bestens, zumal Cony nun auch mit Ebenezer rechnen konnte. Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte Sir Grenville der verbitterten Miene des jungen Krüppels angesehen, dass Ebenezer eine Sache brauchte, für die er kämpfen konnte. Und es war nicht zu übersehen, dass er seine schöne Schwester verachtete. Cony lächelte. Master Ebenezer war für ihn ein Geschenk des Himmels.
Der Himmel im Westen schimmerte rötlich. Das Mädchen und die anderen waren an Bord. Die Ruderknechte hatten das Boot von der Anlegestelle gelöst und legten sich nun in die Riemen. Schnell glitt die weiß lackierte Barke auf den dunkelnden Strom hinaus. Im Kielwasser glitzerte das Abendlicht. Sir Grenville Cony war müde, aber sehr zufrieden. Die Schotten würden, wie er wusste, in den Krieg gegen den König ziehen, und das sollte sich für Cony lohnen. Noch glücklicher aber machte ihn die Aussicht darauf, dass die Siegel bald ihm gehören würden. Er wandte sich vom Fenster ab, warf einen Blick auf den nackten Narziss, der über sein Spiegelbild im Teich gebeugt war, und stieß dann die Tür zum Nebenzimmer auf. «Mein lieber Ebenezer! Guter Junge! Wir haben viel miteinander zu bereden. Wo ist der Wein?»
Sir Grenville Cony war ein sehr, sehr glücklicher Mann.
10
Wie Sir Grenville Cony kannte auch James Alexander Simeon McHose Bollsbie Momente schieren Glücks. Er war geweihter Diener der Kirche Englands und vom Bischof von London berufen worden, Gottesdienste zu zelebrieren, die Sakramente zu spenden, Tote zu bestatten und natürlich auch christliche Seelen in den heiligen Stand der Ehe zu erheben.
Pastor James Bollsbie war außerdem ein Trunkenbold, und vor allem diesem Umstand – weniger seinem frommen Wirken – verdankte er den Spitznamen «Seine Sobrietät», was Mäßigung bedeutet. Seine Sobrietät Bollsbie hieß er nun schon seit zwei Jahren. Er hatte allerdings nicht nur glückliche Momente, die ihm ausnahmslos im Zustand der Trunkenheit zuteil wurden, sondern erlebte auch Stunden tiefster Verzweiflung, die er jedoch allmorgendlich in Bier ersäufte.
Dabei hatte man ihn früher als einen Prediger voll Inbrunst und Überzeugung gekannt, als einen
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