Das Hexen-Amulett (German Edition)
verfehlte das Ziel um Längen. Lady Margaret setzte einen finsteren Gesichtsausdruck auf. «Mit dieser Waffe stimmt was nicht.»
Campion war beunruhigt. «Glaubt Ihr, dass sie auch hierherkommen werden?»
«Nein, mein Kind. Ich vermute, sie ziehen gegen Corfe. Mach dir keine Sorgen. Zu uns werden sie nicht kommen.» Lady Margaret verbannte Scammell und Werlatton aus ihren Gedanken. Die beiden Häuser lagen nur zwölf Meilen voneinander entfernt, doch während sich das puritanische Werlatton nach Süden orientierte, suchte Lazen die Märkte im Norden auf. Die tiefen Wälder, die sich zwischen den beiden Häusern erstreckten, waren nur für Schweinehirten und Jäger von Interesse. Dass es Toby und seine Truppen dorthin verschlagen hatte, war strategisch kaum von Bedeutung.
Mit den länger werdenden Nächten kam der erste Winterfrost. Die Knechte holten das Vieh von den Weiden. Ein Großteil der Herde würde geschlachtet, das Fleisch gepökelt und eingelagert werden, der Rest kam in die Ställe. Um die Tiere zu füttern, wurden die großen Heuhaufen wie riesige Brotlaibe angeschnitten. Selbst die Bienen in ihren Körben im Küchengarten mussten versorgt werden. Lady Margaret und Campion stellten kleine Gefäße mit Wasser, Honig und Rosmarin in jeden Korb. Das Schloss bereitete sich auf die Belagerung durch den Winter vor, füllte seine Vorräte an Feuerholz und Lebensmitteln auf und sah der Weihnachtszeit entgegen.
Obwohl Lady Margaret einen kriegerischen Angriff auf Lazen für unwahrscheinlich hielt, traf sie weiter Vorkehrungen für die Verteidigung. Die Häute der geschlachteten Rinder wurden in Kalk vergraben, um sie vollständig zu enthaaren, dann gründlich abgeschabt und in einem Sud aus Jauche und Eichenrinde gegerbt. Das feinere, für den Verkauf bestimmte Leder wurde sonst immer zusätzlich mit Hundekot behandelt, was aber in diesem Jahr nicht nötig war, weil alles Leder für den Eigengebrauch verwendet werden sollte. In kochendem Wasser fest und steif gesotten, wurden schwere Wämser daraus geschneidert, die einen Schwertstreich oder ein halb krepiertes Geschoss abzufangen vermochten. Sir George rüstete zum Kampf.
Er hatte sich endlich zu seiner neuen Allianz bekannt. Der König hatte das Parlament nach Oxford zitiert, wo er sich den Winter über aufhielt, und Sir George war bereit, seinem Aufruf zu folgen. In seinem Antwortschreiben an den König hatte er ihn darum gebeten, eine kleine Schutztruppe nach Lazen zu entsenden. Die Pächter und Knechte waren angehalten worden, sich zu bewaffnen und, falls es zu Kämpfen kommen sollte, dem Banner der Lazenders zu folgen. Es flatterte über dem Torhaus und präsentierte eine blutige Lanze auf grünem Feld.
Es war kalt und verregnet. Die grauen Wolken zogen manchmal so tief dahin, dass sie die Fahne und die Spitze des Bergfrieds verhüllten. Die Bäume am Fluss standen schwarz und kahl. Es gab Tage, an denen Campion in der langen Galerie saß, in den Regen hinausstarrte, der sich über das Tal ergoss, und froh darüber war, dass drei große Feuerstellen den Saal erwärmten. Über die Götter aus Gips an Lady Margarets Himmel flackerten mysteriöse Schatten.
Ihr Stuckwerk mochte zwar auf einen eher profanen Charakter schließen lassen, aber Lady Margaret war durchaus fromm und entsprechend schockiert, als sie erfuhr, dass Campion nicht als ein Mitglied der Kirche Englands konfirmiert war. Was eigentlich kaum erstaunen konnte. Ihr Vater hatte die Bischöfe verachtet und darum Konfirmationen, die mit dem Segen der Bischöfe vorgenommen wurden, in seiner Gemeinde nicht mehr zugelassen, ebenso wenig wie all die anderen kirchlichen Bräuche, die er ablehnte. Pastor Treu-bis-in-den-Tod Hervey (Campion erinnerte sich an ihn und die anderen Personen aus ihrer Vergangenheit nur noch selten) hatte sogar ganz im Sinne von Matthew Slythe die Heilige Kommunion abgeschafft und ließ stattdessen etwas zelebrieren, das er «Abendmahl» nannte. Lady Margaret war empört. «Abendmahl! Wie lächerlich! Warum nicht gleich Frühstück? Oder Mittagessen?»
Sie sah es nun als ihre Pflicht an, Campion für ihre Konfirmation vorzubereiten, und behauptete, diese Aufgabe ebenso gut erledigen zu können wie Mr Perilly, der Vikar von Lazen. So kamen die beiden auf Gott und die Religion zu sprechen. «Du machst die Sache komplizierter, als sie ist, mein Kind», erklärte Lady Margaret und schüttelte ihren grauen Schopf. «Gott ist gut, und gut sind auch alle seine Werke. Damit
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