Das Hexenkreuz
keine Schwierigkeiten, falls deine Mutter von meinem Besuch hier
erfährt?“
„Wer sollte
es ihr verraten? Ta-Seti liebt mich und wird daher schweigen.“
„Wird ihr
denn nicht auffallen, wenn etwas fehlt?“
„Bei den
Mengen?“
„Wie viel
Gold nehmen wir mit?“, wollte Emilia als nächstes wissen.
„Keines“,
grinste Filomena. „Trotz Mutters Vorsichtsmaßnahmen habe ich längst genug
Edelsteine und Münzen hinausgeschmuggelt und an den verschiedensten Stellen
versteckt. So ein großes Schloss ist von Vorteil. Wir nehmen heute nur die Karte
mit. Ich habe sie hier deponiert, weil es der letzte Ort ist, wo die Hexe
danach suchen würde.“
„Welche
Karte?“
„Die
Schatzkarte, die den Weg zum Gold der Inkas weist.“
„Wie, du
hast sie ihr gestohlen?“ Emilia war völlig perplex.
„Natürlich
nicht, du Schaf. Sie befindet sich in ihren eigenen Gemächern, in einem nur ihr
bekannten Geheimfach. Der Zugang zu ihrem Flügel wird Tag und Nacht von ihrer
nubischen Leibgarde bewacht. Ich habe allerdings eine getreue Kopie gefertigt,
die vom Original nicht zu unterscheiden ist und hier unten versteckt.“
„Und wie
hast du das angestellt, wenn sie derart gut bewacht wird?“, stellte Emilia
verständlicherweise Filomenas Logik in Frage.
„Carlo hat
sie mir einmal vor Jahren gezeigt. Ich habe sie aus dem Gedächtnis nachgezeichnet.“
„Was? Aber
wie soll das gehen?“, rief Emilia ungläubig.
Filomena
zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, es ist einfach so. Ich sehe mir eine Skizze
oder eine Buchseite an und es prägt sich mir ein wie ein Bild. Ich kann danach alles
getreulich wiedergeben. Ich kann es dir gerne später vorführen. Aber jetzt
sollten wir uns beeilen.“ Filomena warf einen prüfenden Blick zum Eingang. Dann
bückte sie sich und löste einen lockeren Stein aus der Wand. Sie entnahm der
entstandenen Lücke einen kleinen Behälter aus Stahl, kaum länger wie ein Kamm.
„Habe ich selbst gefertigt. Hier, am besten du versteckst den Behälter in
deinem Ausschnitt.“
Nachdem
Filomena mit dem Mechanismus den Schrank wieder an seinen Platz gerückt und den
Schlüssel dazu im Fach neben dem Kamin verstaut hatte, kehrten sie ohne Eile in
Emilias Gemächer zurück. Dort warfen sie sich ausgelassen auf das Bett. Emilia
zog den Behälter sogleich aus ihrem Ausschnitt. „Darf ich sie mir ansehen?“
„Natürlich!“
Filomena öffnete ihn und faltete die Karte auseinander. Staunend fuhr Emilia
mit dem Finger die verschiedenen Symbole und Linien nach. „Sie sieht furchtbar
echt und alt aus.“
„Ja, das ist
kein Papier, sondern Leder. Ich habe es speziell bearbeitet. Daher ist es vom
Original auch von der Beschaffenheit her kaum mehr zu unterscheiden.“
„Aber wenn
deine Mutter den Schatz längst gehoben hat, wozu ist dann die Karte noch gut?“
Das war eine verständliche Frage.
„Der Schatz
ist so riesig, dass mehrere Schiffsladungen nötig wären, um ihn abzutransportieren.
Mutter unternimmt alle zwei Jahre eine Expedition nach Peru und entnimmt ihm
immer nur so viel, wie sechs Mann tragen können.“
„Aber sind
das nicht gefährliche Mitwisser?“
„Sie lässt
sich dabei stets nur von ihrer nubischen Leibwache begleiten. Sie interessieren
sich nicht für Schätze, nur für ihr Opium. Mutter versorgt sie ausreichend
damit. Wir sollten uns jetzt sehr gut überlegen, wo wir die Karte bis morgen
verstecken.“
„Bis
morgen?“
„Ja,
verstehst du denn nicht? Morgen wirst du sie Emanuele heimlich zustecken. Wenn
die Jesuiten diese Karte erhalten, haben sie ein Druckmittel in der Hand. Es
ist der klare Beweis, dass Beatrice die Karte gestohlen hat. Das wird ihrem
wichtigsten Verbündeten gegen die Jesuiten, dem spanischen Minister Moñino,
äußerst übel aufstoßen. Moñino ist der Wortführer der politischen Kräfte
Europas, der Bourbonen, und ihr Sprachrohr am vatikanischen Hof. Er verfügt
über enormen Einfluss. Dem Spanier ist natürlich bekannt, dass die Jesuiten sie
nicht mehr in ihrem Besitz haben…“
„…da sie
sich ansonsten gar nicht erst in dieser prekären Lage befänden“, ergänzte
Emilia. Genau dies hatte der Spanier bei seinem Geheimtreffen mit seinem
portugiesischen Kollegen gesagt.
„Eben. Richtig
eingesetzt wird die Karte den Jesuiten einen enormen Vorteil beim Papst
verschaffen - wenn sie dadurch nicht sogar ihren Fortbestand sichern können.
Das wird Mutters Pläne empfindlich stören.“
„Meine Güte,
du bist wirklich mit Politik
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