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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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und hilflos auf dem
blutbefleckten Opferstein.
    Wie schaffte
es diese Frau nur immer wieder, ihn in kürzester Zeit seine Grundsätze
vergessen zu lassen? Dabei hatte er sich fest vorgenommen gehabt, Emilia mit
priesterlicher Gelassenheit zu begegnen. Früher hatte ihn die Wut am Leben
gehalten, genauso wie der Gedanke an Rache, dass Beatrice für all das, was sie
ihm und anderen angetan hatte, eines Tages büßen würde. Nun, da sie tot war,
hatte er geglaubt, seinen Frieden mit sich selbst gemacht zu haben. Doch Emanueles
Schwester hatte ihn eines Besseren belehrt. Sie hatte in ihm ein Vakuum gefüllt,
von dem er nicht gewusst hatte, dass es überhaupt existiert hatte. Doch er
hatte sich vor langem geschworen, dass niemals wieder ein Weib Macht über ihn
erlangen würde. Ebenso wie er sich die süße Qual des Verzichts auferlegt hatte,
musste sie die Qual der Aussichtslosigkeit erleiden.

Rom erlebte einen herrlichen Spätsommer.
    Monate waren
seit Emilias und Francescos letztem Zusammentreffen vergangen. Auch Emanuele
konnte wenig Zeit für seine Schwester erübrigen. Bei seinen wenigen
Stippvisiten wirkte er blass und abgehetzt. Emilia sorgte sich um ihn. Die
Angelegenheiten des Jesuitenordens standen schlechter denn je. In Rom hieß es,
dass die bourbonischen Herrscher vermehrt Druck auf Papst Clemens XIV.
ausübten.
    Francescos
Schwester Vittoria hatte sich den ganzen Sommer über erneut in Florenz
aufgehalten und war erst kürzlich zurückgekehrt. Umtriebiger denn je nahm sie
Emilia sofort in Beschlag. Sie war wieder einmal verliebt, doch dieses Mal
schien es ihr ernst zu sein. Niemand anderes als der Markgraf der Toskana hatte
es ihr angetan. Er hatte bereits offiziell bei ihrem Vater, dem Fürsten Colonna,
um ihre Hand angehalten. Im kommenden Frühjahr sollte die Hochzeit mit großem
Pomp in Florenz begangen werden.
    Emilia wurde
von Vittoria sofort in den Strudel ihrer Hochzeitsvorbereitungen hineingesogen.
Eines Tages, Anfang November, erschien die junge Braut mit dem widerstrebenden
Francesco im Schlepptau. Wie sie das geschafft hatte, blieb Vittorias
Geheimnis. „Emilia, stell dir vor! Francesco will in seinem Priesterrock zu
meiner Hochzeit erscheinen! Du musst ihn unbedingt davon überzeugen, dieses
düstere Gewand abzulegen und sich für meine Hochzeit auszustaffieren, wie es
einem Edelmann gebührt. Wie sieht das denn aus, wenn alle in prächtigen Farben
erscheinen und mein schöner Bruder tritt als schwarze Krähe auf?“
    „Vittoria“,
tadelte sie Francesco leise.
    „Ist doch
wahr“, schmollte sie. Ein Diener brachte Erfrischungen und sie setzten sich.
Francesco mied beharrlich Emilias Blick. Er konzentrierte sich ganz auf seine
Schwester, die munter vor sich hinplapperte. „Was machen denn deine Pläne?“ fragte
Vittoria Emilia.
    „Welche
Pläne meinst du?“
    „Na, deine
Pläne für die Mädchenschule und den Bau weiterer Handelsschiffe, die du
kürzlich in Auftrag gegeben hast.“
    Ein Klopfen
unterbrach sie. Emilias Zofe, niemand anderes als die junge Clara, trat ein und
verkündete: „Der Schneider ist mit den neuen Roben für die Hochzeit der
Principessa Colonna eingetroffen.“
    „Aber ich
hatte ihn für heute gar nicht hierherbestellt“, wunderte sich Emilia.
    „Oh, ich war
das“, rief Vittoria und klatschte vergnügt in die Hände. „Ich dachte es wäre
lustig, wenn wir alles zusammen anprobierten und uns gegenseitig berieten.“ Sie
sprang auf. „Mein Hochzeitskleid befindet sich auch darunter. Ich muss es euch
unbedingt gleich vorführen. Wartet hier, alle beide.“ Sie zwinkerte ihrer
Freundin beim Hinausgehen zu. Emilia begriff, dass Vittoria weit weniger naiv
war, als sie tat. Raffiniert hatte sie es eingefädelt, dass Emilia mit ihrem
Bruder alleine zurückblieb. Eine verlegene Pause entstand. Emilia, die sich
nichts sehnlicher gewünscht hatte, als mit Francesco alleine zu sein, suchte
vergeblich seinen Blick. Francesco hatte sich erhoben und war zum Kamin
getreten, wo er ins Feuer starrte. „Ihr plant also eine Schule für junge
Frauen?“, ging Francesco auf das Erwähnte ein.
    „Nicht ganz,
sondern für Mädchen jeden Alters. Meine Partnerinnen bei diesem Projekt, Serafina
und meine Schwägerin Filomena, werden die Schule leiten. Wir haben auch bereits
ein passendes Haus für unsere Zwecke gefunden. Zurzeit wird es unseren
Bedürfnissen entsprechend umgebaut. Wir werden Waisen aufnehmen, aber auch
Kinder von einfachen Leuten. Bildung sollte nicht nur den

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