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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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grausam sein? Warum hatte er ihr Francesco über den Weg gesandt,
damit sie vom Paradies der Liebe träumte, um ihn dann für sich selbst zu
beanspruchen? Sie hatte längst erkannt, dass Francesco Emanueles göttliche
Beseeltheit fehlte, die ihn mit einem stillen Frieden umgab, der sich auf
andere übertrug. Francesco hingegen erschien ihr wie ein Raubtier, das seinen
Instinkten und Begierden allein Kraft seines Willens Zügel anlegte. Doch auch
sie hatte einen starken Willen. Sie hob ihr kleines Kinn und sah ihn an. Ihre
Augen verschlangen ihn und ihre Liebe schlug ihm daraus wie eine blaue Flamme
entgegen. Francesco verstand die Botschaft ohne Worte. Ein Beben durchlief
seine muskulöse Gestalt. "Ein für alle Mal, Duchessa“, sagte er heftig.
„Schlagt Euch diese unsinnige Idee endlich aus dem Kopf. Ich bin Jesuit, ein
geweihter Priester und an meine Gelübde gebunden. Lasst es mich Euch daher ein
letztes Mal in aller Deutlichkeit sagen: Mein Leben gehört allein Gott."
    "Und
doch wirst du mich eines Tages lieben", entgegnete ihm Emilia und lächelte
ihm unbeirrbar zu.
    Soviel
ignorante Unbekümmertheit ließ Francesco verzweifeln. Unmöglich, dass sie seine
Worte missverstanden haben konnte!
    "Ihr
seid im höchsten Grade anmaßend", presste er hervor.
    "Nein,
ich bin höchstem Maße zuversichtlich", erwiderte sie ruhig. "Gott im
Himmel ist weit und ich, ich bin dir ganz nah. Siehst du?" Sie trat auf
ihn zu und legte ihre schmale Hand auf seine Brust. Die Berührung war zart wie
ein Schmetterling, doch sie konnte spüren, wie sich Francescos Herzschlag darunter
augenblicklich beschleunigte. Hastig trat er einen Schritt zurück und stieß
gegen den Tisch hinter ihm. Die Gläser fielen herab und zerbarsten auf dem
Boden. Keiner von ihnen achtete darauf. Francesco knurrte: "Zählt nicht
darauf. Im Übrigen erachte ich diese Unterhaltung als beendet. Sie ist reine
Zeitverschwendung. Ich gehe.“
    "Wenn du
so sehr davon überzeugt seid, mich niemals zu lieben, warum flüchtest du dann
vor mir?", rief Emilia ihm nach.
    Kurz darauf
hatte Vittoria in ihrem Hochzeitsstaat ihren großen Auftritt. „Oh, wo ist denn
mein Bruder abgeblieben?“
    „Er hatte
eine dringende Verabredung.“
    „Aha. Mit
wem?“, fragte Vittoria neugierig.
    „Gott“,
antwortete Emilia.
     
    Emilia sah Francesco schneller wieder, als sie gedacht hätte.
Zwei Wochen später ließ Pater Colonna seinen Besuch durch ein förmliches Billet
ankündigen. Die Nachricht ließ ihr Herz hüpfen. Kaum, dass sie das letzte Wort
der knappen Botschaft verschlungen hatte, da drückte sie der verblüfften
Serafina den kleinen Vico in die Arme und stürmte mit gerafften Röcken hinaus.
Ihr blieben nur wenige Stunden bis zu Francescos Besuch. Sie musste so schön
sein wie niemals zuvor! Im Eilschritt durchquerte sie die Halle und flog förmlich
die Treppe hinauf. Noch im Laufen rief sie nach ihrer Zofe. Sie befahl Clara,
ihr die schönsten Roben herauszusuchen und die Schmuckschatullen zu holen.
    Emilias
euphorischer Anfall von Putzsucht währte nur kurz und machte blanker
Ernüchterung Platz. Eine schillernde Robe wäre tatsächlich das Letzte, womit
sie Francescos Aufmerksamkeit erringen würde. Zu Claras Entsetzen riss sie sich
das violette Satinkleid vom Körper, als handelte es sich um einen alten Fetzen.
Nur mit ihrem Korsett bekleidet, schritt Emilia ihre Kleiderkammer ab.
Schließlich blieben ihre Augen an einem schwarzen Kleid haften, das sie erst
kürzlich erstanden hatte. Sie griff danach. Am Ende betrachtete sie das
Ergebnis ihrer Bemühungen im Spiegel. Er warf das Bild einer ätherisch anmutenden
Schönheit zurück. Jede andere Frau hätte der schwarze Samt blass wirken lassen,
doch Emilias Haut besaß den warmen Honigton des Südens. Einem jähen Impuls folgend
hatte sie von den drei Unterröcken zwei wieder abgestreift, so dass sich der weiche
Stoff nun enger an ihren Körper schmiegte und seine Formen erahnen ließ. Den
dezenten Ausschnitt zierte ein kleines Kreuz aus blutroten Achatsteinen. Sie
berührte es sacht mit dem Finger und fragte sich, ob es Francesco gefallen
würde. Clara hatte die Idee gehabt, Emilias Haarfülle streng nach hinten zu
nehmen und den schweren Zopf in einem silbernen Netz in ihrem Nacken
aufzufangen. Die Strenge der Frisur betonte die zarte Knochenstruktur ihres
Gesichts und hob gleichzeitig seine klare Schönheit hervor. Serafina betrat das
Zimmer. „Ach du liebe Güte“, entfuhr es ihr. „Der arme Pater… Wie ich

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