Das Hexenkreuz
beschworenem Bild in seiner Körpermitte gesammelt.
Francesco dankte einmal mehr den Weiten seiner Soutane …
In einem reinen
Akt des Willens zwang er sein Blut zurück in den Verstand und rief sich zur
Räson. Mit einer brüsken Bewegung verschränkte er seine Hände auf dem Rücken
und verlagerte sein Gewicht auf beide Beine, seine Miene verschloss sich wie
eine Auster.
Emilia, die
seinem wechselvollen Mienenspiel interessiert gefolgt war, richtete jetzt das
Wort an ihn: „Mein lieber Principe, Ihr wirkt wie der Kapitän eines Schiffes,
der sich gegen einen heftigen Sturm wappnet. Wollt Ihr Euch nicht neben mich
setzen?“ Liebreizend lächelte sie zu ihm auf.
Francesco
überkam das unangenehme Gefühl, als hätte die junge Frau seine Gedanken
gelesen. Er bemerkte nun selbst seine verkrampfte Haltung und lockerte seine
Muskeln, blieb jedoch an Ort und Stelle.
„Bitte, wenn
Euch meine Nähe nicht angenehm ist, dann nehmt gerne dort drüben Platz.“ Emilia
zeigte auf den weichen Sessel ihr gegenüber. Francesco konnte nicht umhin, die
Grazie ihrer Bewegungen zu bemerken. Widerstrebend fügte er sich in die
Erkenntnis, dass Emilia in den letzten Monaten unbestreitbar an Sicherheit und
Reife gewonnen hatte. Es stand ihr gut. Sicherlich, sie hatte viel erlebt und
noch mehr erlitten. Nur so erklärte sich, dass sie sich in relativ kurzer Zeit
von einem jungen, ungestümen Mädchen in eine stolze Frau verwandelt hatte -
eine Frau, die sich ihrer Wirkung auf ihre Umgebung vollauf bewusst schien. Darüber
hinaus hatte die Mutterschaft sie erblühen lassen. Wider Willen empfand er
Bewunderung für sie, die bei weitem über das Maß hinausging, welches er der
strahlenden Schönheit dieses Geschöpfes zollte. Die Erkenntnis riss ein Loch in
die Panzerung seines Herzens. Er wusste, es würde lächerlich anmuten, wenn er
sich weiter gegen ihre Aufforderung sträubte. Er nahm daher gemessen Platz und
faltete seine Hände, als wollte er gemeinsam mit Emilia ein Gebet sprechen.
Hätten unter seiner Soutane nicht die staubigen Reitstiefel mitsamt Sporen
hervorgelugt, nichts hätte das Bild des perfekten Priesters trüben können.
Emilia biss
sich auf die Unterlippe. Sie fand ihn einfach unwiderstehlich. „Und nun seht
Ihr aus wie ein Lamm, das unvermittelt in ein Rudel Wölfe geraten ist.
Entspannt Euch Francesco, ich werde Euch schon nicht mit Haut und Haar
verspeisen“, zog sie ihn auf. In ihren Augen irrlichterte es.
Seltsamerweise
war es jene Bemerkung, die Francesco half, sich tatsächlich zu entspannen.
Darin erkannte er die alte, die ungefährliche Emilia wieder. Lässig lehnte er
sich daher im Sessel zurück und entgegnete: „Ihr irrt Euch, meine Liebe. Ich
bin nur sehr in Eile, da man mich im Professhaus zu einer wichtigen Besprechung
erwartet.“ Er hatte dies gar nicht sagen wollen, die Lüge hatte sich wie von
selbst aus seinem Mund gelöst.
Emilia
weitete ihre Augen etwas. Das zweite Mal vermittelte sie Francesco das
unangenehme Gefühl, tief in seine Gedanken eingedrungen zu sein. Das Unbehagen,
soeben bei einer Lüge ertappt worden zu sein, zog ihm die Schultermuskeln
zusammen. Zum Teufel mit ihr! fluchte er innerlich. Er konnte doch nicht
zulassen, dass ihm diese grüne Göre das Gespräch diktierte. Zeit, das Heft
selbst in die Hand zu nehmen! „Nun denn, Herzogin. Ich sitze, wie Ihr seht, und
bin ganz Ohr. Verratet Ihr mir nun, warum Ihr mich um dieses dringende Gespräch
gebeten habt?“, forderte er sie in einem Ton auf, der nahe am Rande der
Unhöflichkeit balancierte.
Emilia beugte
sich leicht in ihrem Sessel vor und ihre Augen suchten die Seinen. Gegen seinen
Willen zog ihn die Intensität ihres Blickes in den Bann. „Mir ist
selbstverständlich bewusst, dass Eure Zeit äußerst knapp bemessen ist, Pater Francesco. Darum fasse ich mich kurz. Der Grund, warum ich Euch sprechen
wollte, ist schnell gesagt: Ich liebe Euch.“ Die Art wie sie ihn ansah, ließ
keinen Zweifel an der Natur ihrer Gefühle.
Francesco
schaffte es irgendwie, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten und sogar ein
leichtes Lächeln anzudeuten. Aus den Tiefen seiner Eingeweide stieg jedoch ein
heißes Gefühl empor, das ihm signalisierte, dass er sich auf einen heftigen Schlagabtausch
einstellen sollte. „Das freut mich sehr und ich fühle mich dadurch geehrt,
Duchessa“, erwiderte er salbungsvoll. Freundlich fügte er an: „Auch ich liebe Euch,
meine liebe Schwester.“ Er verhielt sich absichtlich so, als hätte er
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