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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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die
eigentliche Botschaft hinter Emilias Worten nicht verstanden. „Nun denn!
Nachdem Ihr mir diese frohe Botschaft kundgetan habt, ist dem, denke ich,
nichts hinzuzufügen. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend im Kreise Eurer
Lieben. Gebt Eurem entzückenden Sohn einen Kuss von mir. Wenn Ihr erlaubt,
empfehle ich mich jetzt, Herzogin.“ Er wollte sich erheben, doch Emilia ließ
ihn verständlicherweise nicht so leicht aus ihrer stählernen Schlinge
entschlüpfen. „Du machst es dir gerne einfach, nicht
wahr, Franceso?“, glitt sie in das vertrauliche Du hinüber. „Du weißt längst,
dass ich nur dich liebe! Von unserer ersten schicksalshaften Begegnung an, als
du in die kleine Badestube in dem Gasthof geplatzt bist, habe ich nur dir
gehört. Nicht nur unsere Augen, sondern auch unsere Seelen haben sich damals
berührt. Ich weiß, dass du ebenso gefühlt hast. Wie kannst du, der du die
Rechtschaffenheit in Person bist, dies leugnen? Du bist Priester und damit der
Wahrheit verpflichtet, auch deiner eigenen. Wie kannst du derart leichtfertig
gegen Gottes achtes Gebot verstoßen?“
    Auf
Francescos Stirn erschienen Sturmwolken. "Das sind sehr große und starke Worte, Herzogin“,
erwiderte er gepresst. „Ihr sagtet es eben selbst: Ich bin Priester! Wie könnte
ich Euch da jemals anders wahrnehmen, als die Schwester meines Freundes und
Ordenskollegen? Ja, Ihr seid eine liebe Freundin für mich, aber alles darüber
hinaus wäre Sünde! Ich soll mich nicht gegen das achte Gebot versündigen? Aber
die Sünde gegen mein Gelübde der Keuschheit, die soll ich für Euch begehen?
Seht Ihr nicht, dass Ihr Euch widersprecht, Herzogin?“
    Emilia war
aufgesprungen: „Ich will dich nicht zur Sünde verführen, sondern zum Leben und
der Liebe! Heißt es nicht bei Vergil, die Liebe besiegt alles? Willst du ohne
Liebe leben, Francesco?“, rief sie leidenschaftlich.
    „Nun, das
kommt ganz auf die Definition des Wortes Liebe an, oder?“, erwiderte
Francesco und streckte seine langen Beine aus. Er wusste sich nun auf sicherem
Terrain, dem theoretischen Disput. „Ich meine, dass es Euch im höchsten Maße an
den entsprechenden Erfahrungen auf diesem Gebiet mangelt. Ich spreche von den
Kenntnissen der menschlichen Natur - sowohl was die Einschätzung Eurer eigenen
Person betrifft, wie auch gegenüber Euren Mitmenschen. Die Liebe zwischen Mann
und Frau basiert zunächst auf fleischlichen Gelüsten und stellt daher ein
temporäres Gefühl dar. Dies trifft auf alle menschlichen Empfindungen zu.
Überlegt, wie schnell Wut und Zorn verrauchen oder Enttäuschungen überwunden
werden. Die menschliche Natur ist äußerst wandelbar. Aufgrund dessen bin ich
zuversichtlich, dass Ihr sehr rasch die angebliche Liebe, die Ihr glaubt für
mich zu empfinden, überwinden werdet. Und nun, Herzogin, muss ich mich tatsächlich
verabschieden. Ich wünsche Euch einen guten Abend.“ Er erhob sich, verbeugte
sich knapp und strebte mit verräterischer Eile dem Ausgang zu.
    Emilias
Stimme in seinem Rücken ließ ihn mitten im Schritt erstarren. „Ich verstehe“,
konterte Emilia zuckersüß. “Du willst damit sagen, dass meine Gefühle in etwa
so vergehen werden, wie dein Gefühl des Hasses und der Rache gegenüber meiner
verstorbenen Schwiegermutter mit der Zeit vergangen ist?“
    Das war
natürlich Colonnas wunder Punkt. Mit der Sensibilität der wahren Liebenden
hatte Emilia ihren Finger genau darauf gelegt. Colonna erwiderte nichts. Er
verließ den Raum in der Gewissheit, soeben eine empfindliche Niederlage
erlitten zu haben.
    Emilia
lächelte. Sie wusste, das letzte Wort war noch nicht gesprochen. Die Saat war
gelegt. Sie würden einander wieder begegnen. Bis dahin übte sie sich in einer
neuen Tugend: der Geduld.
     
    Francesco trat auf die Via del Corso hinaus. Sein Blut kochte
und wütend trat er einen größeren Stein weg. Er erntete dafür erstaunte Blicke
mehrerer Passanten. Er achtete nicht auf sie, sondern hielt wütende Zwiesprache
mit sich selbst. Er hatte es gleich gewusst! Er hätte einfach nicht
nachgeben sollen ... Seit Monaten hatte er sich dagegen gewehrt, Emilia
alleine gegenüberzutreten. Im Grunde hatte er nur nachgegeben, weil er Emanuele
gegenüber keine schlüssigen Gründe mehr für seine permanente Weigerung hatte anführen
können. Wie wäre es mit Feigheit, dachte er in einem Anflug von
Selbsterkenntnis. Oder Scham schoss es ihm weiter durch den Kopf, während er
daran dachte wie Emilia ihn gesehen hatte: Nackt

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