Das Hexenkreuz
?“
Wortlos
reichte ihm Serafina Emilias kleines Billet.
Emanuele las
es und erbleichte. „Was? Sie will sich nach Martinique einschiffen? Was ist das
nun wieder für ein Wahnwitz! Hat meine Schwester nun völlig den Verstand
verloren?“, rief Emanuele entgeistert. Offenbar hatte er aufgrund der neuesten
Katastrophe völlig verdrängt, dass Emilia nichts davon wusste, da sie beschlossen
hatten, ihr Francescos Familie vorerst zu verheimlichen.
„Nein,
selbstverständlich nicht nach Martinique. Hast du vergessen, dass sie gar nichts
darüber weiß?“, beeilte sich Serafina ihn aufzuklären. „Sie ist unterwegs nach
Viterbo, an den Ort, wo sie ihn vermutet.“
„Nach
Viterbo? Herrje, was für ein Schlamassel“, erzürnte sich Emanuele und lief
wütend auf und ab. „Das geschieht nur, weil Francesco zu feige war, uns allen die
Wahrheit einzugestehen. Ich wusste es, wir hätten es Emilia nicht verschweigen
dürfen. Gott straft uns jetzt dafür. Niemals hätte ich mich von euch dazu
überreden lassen sollen.
„So weit
waren Filomena und ich heute auch schon gediehen“, erwiderte Serafina leise.
Sie fühlte sich selbst schuldig, obwohl sie keine Schuld traf.
„Was
geschehen muss, geschieht“, erklang plötzlich eine Stimme hinter ihnen.
„Mutter!“
Serafina sprang auf und warf sich in ihre Arme. Endlich konnte sie ihren
zurückgedrängten Tränen freien Lauf lassen. Über den Kopf ihrer Tochter hinweg
trafen Elviras Augen auf Emanueles. Hab Mut, lautete die Botschaft darin.
Weder Emanuele
noch Serafina wunderten sich darüber, Donna Elvira hier zu sehen. Sie hatten
sich längst daran gewöhnt, dass Serafinas Mutter immer zur rechten Zeit zur
Stelle war. Emanuele setzte Donna Elvira über die neuesten Ereignisse in
Kenntnis und verschwieg auch nicht den Auftrag, der ihm von Pater General Ricci
erteilt worden war. Er wusste, dass das Geheimnis bei ihr sicher war. „Ich habe
versagt“, klagte er sich am Ende selbst an. „Die mir anvertrauten Dokumente
wurden gestohlen. Und ausgerechnet mein Bruder stellt sich als der gemeine Dieb
heraus. Ich kann nur hoffen, dass Pater Ricci mir glaubt, dass ich nichts mit
dem Diebstahl zu schaffen habe. Ich muss sofort zu ihm gehen. Der Pater General
sollte so schnell wie möglich von dem Verlust erfahren.“ Er erhob sich.
„Warte,
Emanuele“, hielt ihn Donna Elvira zurück. „Wir wissen nicht genau, für welche
Seite Piero arbeitet. Seine notorische Geldnot ist bekannt und der
Jesuitenorden gilt als immens reich. Im besten Fall hat er die Dokumente gestohlen,
um sie eurem Orden zurückzuverkaufen. Dann würde es nicht lange dauern, bis er
sich mit seiner Forderung meldet. “
„Ich weiß
nicht, Mutter…“, wandte Serafina abwägend ein. „Wenn Piero lediglich auf Geld
aus gewesen wäre, warum hat er Emilias Juwelen nicht ebenfalls an sich genommen,
um sie zu verkaufen?“
„Er hat
außer den Dokumenten nichts gestohlen? Tatsächlich? Das ändert in der Tat die Lage…“,
stellte Elvira nachdenklich fest. „Wie dem auch sei. Ein Grund mehr, jetzt
nichts zu überstürzen. Ich möchte auch Serafinas Bericht anhören. Zunächst
allerdings kann ich euch eine tröstliche Nachricht überbringen, die eure Gewissensqualen
beenden wird. Emilia erwartet in Viterbo keineswegs eine Enttäuschung.
Francesco hält sich in der Tat im dortigen Kloster auf.“
„Wie? Was
soll das heißen?“, riefen Serafina und Emanuele im vereinten Chor der
Verblüffung.
„Es
bedeutet, dass Francesco weder gelogen noch getäuscht hat. Er ist in
Viterbo.“
„Wie? Er ist
gar nicht nach Martinique gereist? Er hat den Brief des verzweifelten Vaters
ignoriert?“, fragte Emanuele fassungslos. War sein Freund noch schuftiger,
als er angenommen hatte und hatte sich gar seiner Verantwortung entzogen?
„Nein, er
war dort, ist aber längst zurückgekehrt. Gemeinsam mit Pater Baptista, einem
Ordensbruder, konnte Francesco die Behauptungen der jungen Frau als Lüge
entlarven. Es handelte sich bei ihr um die junge Nichte der Witwe Tascher, die
Francesco damals bei sich aufgenommen hatte. Das Mädchen hatte von Anfang an
ein Auge auf den Schiffbrüchigen geworfen und ihm nachgestellt. Francesco
wollte von ihren Avancen nichts wissen. Darum hat sie die Lüge über seine
Vaterschaft ersonnen, um Francesco zur Rückkehr zu zwingen. Ihr Vater hat
daraufhin den verhängnisvollen Brief an Pater Ricci geschrieben, den Emanuele später
auf dessen Schreibtisch entdeckt hat. Bei Francescos und
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