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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Verlockung groß war, sie konnte sich nicht
in alle Ewigkeit in der Kleiderkammer verkriechen.
    Wie sich
schnell herausstellte, fehlte nicht nur die Schriftrolle, sondern auch das
Reitkostüm nach Männerart, das sich Emilia hatte schneidern lassen, wie auch ihr
Lieblingspferd, die Stute Artemis. Eigenartigerweise schien mit der Herrin des
Hauses auch Donatus, der Majordomus, abhanden gekommen zu sein.
    Dies
immerhin konnte eine tröstliche Nachricht bedeuten, überlegte Serafina. Donatus
mochte zu ihr stehen wie er meinte, doch sie kannte ihn als besonnenen und
loyalen Mann, der mit seinem Leben für die „Eccellenza“ einstehen würde.
    Serafina
hätte heute eigentlich in die Schule gemusst, um Filomena abzulösen. Sie setzte
eine kurze Nachricht für sie auf, dass wichtige Angelegenheiten sie daran
hinderten. Emilias Verschwinden ließ sie unerwähnt. Dann nahm sie ein neues
Blatt auf und tauchte die Feder entschlossen in die Tinte. Sie schrieb an Emanuele,
dass seine Anwesenheit dringend in der Villa Meraviglia erwünscht wäre. Sie
löschte die Briefe mit Sand und versiegelte die Umschläge mit dem Wappen des
Fürsten Wukolny. Dann ließ sie zwei Diener kommen und übergab ihnen die Briefe
mit der Anweisung, diese dem jeweiligen Adressaten nur persönlich
auszuhändigen. Serafina hatte Herzklopfen bei dem Gedanken, bald Emanuele
gegenüber zu stehen und ihm Emilias Tat zu beichten. Da sie alles getan hatte,
was die Situation vorerst verlangte, begab sie sich erneut an das Lager des
verletzten Priesters. Seine starre Unbeweglichkeit bereitete ihr zunehmend
Sorge. Serafina befühlte seine Stirn. Wenigstens das Fieber war nicht weiter gestiegen.
Wenn er nicht bald aufwachte, würde sie nach einem Arzt schicken müssen und die
Verantwortung abgeben. Sie verspürte keinerlei Lust auf eine klerikale
Auseinandersetzung, die der Tod eines Priesters in ihrer Obhut nach sich ziehen
würde. Mit einem Seufzen machte sie sich daran die Verbände zu wechseln. Sie
rührte eine Heilpaste aus Aloe vera und Olivenöl an, als ihr durch den Kopf
schoss, dass sie Piero heute noch gar nicht gesehen hatte. Vittoria und Augusto
hatten sich schon früh am Morgen von ihr verabschiedet, um Freunde des
Markgrafen am anderen Ende Roms zu besuchen. Serafina hatte ihnen nichts von
Emilias Verschwinden gesagt, sondern in der ersten Not behauptet, dass Emilia
noch schlief. Immerhin hatte Emilias älterer Bruder am Abend tief ins Glas
geschaut. Gut möglich, dass er seinen Rausch ausschlief.
    Der
Verletzte bäumte sich auf. Er packte Serafina am Arm und sah sie mit weit
aufgerissenen Augen an. Seine Lippen bewegten sich, als versuchte er ihr etwas
mitzuteilen. Doch der Moment der Klarheit währte nur wenige Sekunden. Stöhnend
sank er zurück.
    Die Tür
hinter ihr schwang auf und eine atemlose Stimme rief: „Was ist passiert? Wo ist
Emilia? Der Diener eben sagte, sie wäre nicht da…“
    Serafina
fuhr herum. „Filomena? Was suchst du hier? Hast du denn meine Nachricht nicht
bekommen?“, rief sie verwirrt.
    „Schon, aber
ich musste einfach kommen. Emilia war heute Nacht bei mir. Sie verlangte
partout, dass ich ihr sofort ein Dokument übersetze und…“
    „Schsch,
nicht hier“, unterbrach Serafina ihren Wortschwall und legte den Zeigefinger an
ihre Lippen. „Wir gehen besser hinaus. Dann kannst du mir in Ruhe alles
berichten.“ Sie komplimentierte Filomena in die angrenzende Wäschekammer. „Und
nun der Reihe nach. Emilia war gestern Nacht noch bei dir? Aber zunächst sag
mir, befand sich Donatus bei ihr?“
    „Euer
Majordomus? Was ist mit ihm? Du hast ihn in deiner Nachricht nicht erwähnt.“
    „Leider, mir
blieb nicht die Zeit, Romane zu verfassen. Nun sag schon, hast du ihn gesehen?“
    „Nein. Aber
das muss nichts bedeuten. Er hätte mit Sicherheit draußen im Flur gewartet. Du
kennst ihn, niemals würde er ungebeten das Schlafgemach einer Dame betreten.“
    „Ich kann
nur hoffen, dass du Recht hast. Nun berichte mir von Emilias nächtlichen
Besuch.“
    „Sie stand
plötzlich vor der Tür und bestand darauf, dass ich ihr sofort eine Schriftrolle
aus dem Aramäischen übersetze. Du wirst es nicht glauben…“ Sie stockte, als
fürchtete sie den Zauber damit zu brechen, indem sie ihn laut aussprach.
    „Du irrst
dich. Ich weiß sehr gut, was du zu sagen versuchst. Auch ich durfte dieses
wunderbare Gefühl erfahren. Meine Vermutung trifft also zu? Das Autograph des
Jeschua ist wahrhaftig echt?“
    „Oh ja…
Unser Herr Jesus

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