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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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zitierte er. Erschöpft hielt er inne. „Nun, so sei
es. Gottes Wille geschehe. Ich muss sofort zu meinem Generaloberen, um ihm Bericht
zu erstatten. Das Datum wurde auf den 21. Juli 1773 vordatiert. Das ist in drei
Tagen. Der Pater General Ricci muss sofort eine Audienz bei Clemens XIV.
erwirken. Vielleicht ist noch nicht alles verloren…“ Pater Baptista kämpfte
sich mühsam auf die Beine und verabschiedete sich. Grigorowitsch und mehrere
Diener Emilias standen bereit, um ihn sicher bis zum Professhaus zu geleiten.
Emilia sah den Pater ungern ziehen.
    Auch der
russische Botschafter erhob sich nun und wünschte ihr mit blumigen Worten das
Glück, dass sie sich ersehnte. Nach seinem Abgang stand auch Emanuele auf. Er
hatte in den letzten Minuten sehr nachdenklich gewirkt.
    „Du willst
mich schon verlassen?“, rief Emilia erschrocken. Sie hatte gehofft vor dem
endgültigen Abschied noch einige Stunden mit ihrem Bruder verbringen zu können.
    „Ja.“
    „Aber warum
denn? Es ist noch lange nicht Zeit. Außerdem hattest du versprochen, uns wenigstens
bis zum Schiff zu begleiten. Du kannst dich jetzt noch nicht verabschieden,
bitte…“ Flehend sah sie ihn an.
    „Ruhig Blut,
Schwesterherz.“ Emanuele fasste sie an den Schultern und sah sie liebevoll an:
„Selbstverständlich werde ich mein Versprechen halten. Ich habe lediglich
beschlossen, Francesco zu suchen. Seit er dich kennengelernt hat, scheint er
entschieden einen Hang zur Impulsivität entwickelt zu haben. Trotzdem glaube
ich zu wissen, wohin er sich gewandt haben könnte. Erwarte uns am Schiff. Ihr sollt
zumindest Gelegenheit haben, euch voneinander zu verabschieden.“
     

 
IXX
     
    Diese Worte Emanueles waren es, die Emilia die zweitägige
Reise bis nach Civitavecchia überstehen ließen. Im doppelten Boden der Kutsche
versteckt, hatte sie die Stadt im Morgengrauen völlig unbehelligt verlassen.
Ein kurzzeitig einsetzendes Unwetter am frühen Morgen hatte ihre Flucht begünstigt.
Inmitten eines wahren Sturzbaches an Regen, der im Nu die Pegel des Tibers
hatte anschwellen lassen, hatten sie sich nach Westen, der Küste zu, gewandt.
Auf ihrem langen Weg hinaus zur Stadt hatten sie den Vatikan am Lungotevere
passiert. Donna Elvira hatte den Wachen die Passierscheine gereicht, die ihnen
Prinz Galitzin besorgt hatte. Die wasserscheuen Wachen am westlichen Stadttor
hatten kaum einen Blick darauf geworfen und die einfache Reisekutsche durchgewinkt.
Vor ihrer Abreise hatte ihrer noch eine unerfreuliche Entdeckung geharrt:
Grigorowitsch, der treue Leibdiener des Fürsten Wukolny, war spurlos
verschwunden. Nachforschungen ergaben, dass er von seinem Geleitschutz für
Pater Baptista nicht mehr zurückgekehrt war.
    „Ich
vermute, er hat sich in seine Heimat aufgemacht, Emilia. Das war fast zu
erwarten. Du hättest ihn erleben sollen, als er von deinem Tod erfahren hat.
Für den armen Mann schien eine Welt zusammengebrochen zu sein“, versuchte sich
Serafina an einer Erklärung.
    Am späten
Nachmittag hatte sie die Sonne längst wieder eingeholt und streute blitzende
Diamanten über das tiefblaue Tyrhennische Meer. Kurz darauf kristallisierten
sich die ersten Häuser der Ortschaft Ladispoli aus der flirrenden Julihitze.
Idyllisch lag es in der grünen Ebene am Fuße der Sabatiner Berge, überragt von
einer großen mittelalterlichen Burg. Ihr Anblick ließ Emilia an Santo Stefano
denken. Aus einer Laune heraus beschloss sie, die Nacht in Ladispoli verbringen
zu wollen. Sie erntete Proteste seitens Elviras und Serafinas. Beide wandten
ein, dass das verbleibende Tageslicht ausreichte, um den nächsten Küstenort
Ceveteri zu erreichen. Doch Emilia hatte es nicht eilig. Sie vertrieb sich die
Zeit mehrheitlich damit, alle fünf Minuten aus der Kutsche zu sehen und nach
vermeintlichen Reitern auf der Via Aurelia zu spähen. Paridi, der ausnahmsweise
die Bequemlichkeit der Kutsche in Anspruch nahm, störte ihr Hin- und Her. Beleidigt
hatte er von ihrem Schoß auf Serafinas gewechselt.
    „Wenn du
dich noch weiter hinauslehnst, wirst du hinausfallen“, schimpfte Serafina mit
ihr. Emilia ignorierte sie. Ihre Aufmerksamkeit galt einem Reiter, der sich
ihnen inmitten einer Staubwolke rasch annäherte. Emilia beschattete ihre Augen,
um besser sehen zu können. Die Teilstrecke der Via Aurelia Antica zwischen Rom
und Civitavecchia war gut befestigt. Zwischen dem Hafen des Kirchenstaates und
seiner Umgebung herrschte ein reger Handelsverkehr. Schon mehrmals waren

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