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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Mönch des Weges kam und nach einer Essensspende fragte. Christians Mutter hieß den frommen Bruder willkommen und lud ihn ein, am Mittagstisch Platz zu nehmen. Auch ihr Mann begrüßte den Fremden und gab ihm von der Suppe.
    Christian, der einen Mönch noch nie von Nahem gesehen hatte, fragte ihn nach seinem Leben auf der Wanderschaft. Auch über das Klosterleben wollte er alles wissen, und der Franziskaner gab gern Auskunft. Als es für den Mönch an der Zeit war weiterzuziehen, sah er den Jungen nachdenklich an. Dann sagte er zu den Eltern: »Ich suche einen Wegbegleiter. Euer Sohn Christian scheint mir sehr aufgeweckt zu sein. Ich würde ihn gern unter meine Fittiche nehmen, ihm schreiben und lesen
beibringen und mich um ihn kümmern. Im Winter werden wir Unterschlupf in einem Kloster finden, und sobald der Schnee zu schmelzen beginnt, werden wir uns wieder auf die Wanderschaft begeben …«
    Erstaunt sahen die Eltern den Franziskaner an. Solch ein Angebot bekam man nicht alle Tage. Es war verlockend, zumal der Hof mit den Zwiebelfeldern nur eine Familie ernähren konnte. Und da der älteste Sohn den Hof erben würde, war hier für Christian weder Platz noch Auskommen. Die Tochter, würde man mit dem Sohn des Zwiebelbauern Schüttlich verheiraten. Das war beschlossene Sache. Und obwohl Christian die Fähigkeit seines Vaters geerbt hatte, Eisen zu besonderen Gegenständen zu schmieden, nützte sie ihm nichts, da es in der Nähe nur wenige Schmiede gab, die Lehrlinge ausbildeten. Oft waren es die eigenen Söhne oder die der Verwandten und Bekannten. Außerdem regelten die Zünfte, dass es nicht zu viele von einer Handwerkergruppe gab. Früher oder später hätte sich Christian somit auf Wanderschaft begeben müssen, um vielleicht bei einem Großbauern als Knecht eine Anstellung zu finden. Doch nun wurde ihm eine Möglichkeit geboten, dem ungewissen Schicksal zu entgehen und sein Leben in die Hände von Gott zu legen.
    Erfreut sahen sich die Eltern und der Sohn an. Christians Augen leuchteten. Schreiben und lesen lernen! Wer von seinen Freunden konnte das vorweisen? Nur jemand, der reich geboren war, hatte diese Privilegien.
    »Überlegt es euch. In vier Wochen komme ich wieder vorbei. Dann müsst ihr euch entschieden haben«, sagte der Mönch, der sich Bruder Kuno nannte. Im Grunde mussten die Eltern nicht mehr nachdenken. Doch in den kommenden vier Wochen konnte der Vater die Hilfe seines Sohnes auf dem Feld noch gut gebrauchen, da der große Zwiebelmarkt in Weimar bevorstand.
    Fast einen Monat später, als der Tag näherrückte, an dem Bruder Kuno den Jungen abholen wollte, wurden die Eltern unruhig. Angst beschlich sie, dass der Franziskaner sein Versprechen nicht einhalten würde oder mittlerweile einen anderen Jungen als Wegbegleiter gefunden haben könnte.
    Doch genau am vierten Sonntag stand Bruder Kuno im Hof. Erfreut begrüßte die Familie den Franziskaner. Vorsorglich hatte die Mutter die Eier der letzten Tage gesammelt, um einen großen Zwiebelkuchen mit Eierschicht zu backen. Der Mönch lächelte, als er am Tisch Platz nahm und den goldgelben Kuchen erblickte.
    Bruder Kuno war nicht größer als der vierzehnjährige Christian. Er hatte einen Kranz gräulicher Haare, graue Augen und einen wohlgenährten Umfang, der annehmen ließ, dass er auf seiner Wanderschaft selten Hunger leiden musste. Sein Erscheinungsbild und sein Auftreten beruhigten und bestärkten Christians Eltern, das Richtige zu tun. Es würde ihrem Sohn bei dem Franziskaner sicherlich gut gehen. Der Junge hatte sein Bündel bereits geschnürt, als der Mönch ihm erklärte: »Mein Sohn, was du auf dem Leibe trägst, wird das Einzige sein, was du brauchst. Im Kloster wirst du selbst diese Kleider ablegen und nackt den unbefleckten Habit, den braunen Bauernkittel, empfangen. Sogar deinen Namen wirst du nicht behalten können. Die Bruderschaft wird einen anderen Namen für dich auswählen. Du wirst arm und deshalb offen sein für alles Neue. Franz von Assisi, der Begründer unseres Ordens, lehrte uns, dass das Bewachen von Eigentum nicht nur Zeit, sondern auch Kraft kostet, und diese Zeit und Kraft nutzen wir für andere Dinge.«
    Christian hörte ihm mit roten Wangen zu und war berauscht von dem, was nun sein neues Leben werden würde. Der Abschied von den Eltern fiel ihm schwer, aber Bruder Kuno versprach, dass sie immer wieder den elterlichen Hof besuchen würden.
    Nach mehreren Wochen der Wanderschaft sollte Christians Weg ihn in das

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