Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
Vom Netzwerk:
Pfarrer hämisch lachend hinterher. »Ich werde morgen folgen, dann ist es immer noch früh genug.«

    Dicke Regentropfen peitschten dem Pfarrer ins Gesicht. Die Kapuze seines Umhangs wehte im Wind. Der Rest der Kutte klebte ihm nass am Körper. Immer wieder trat er dem Wallach mit den Fersen in die Seite, damit dieser nicht langsamer wurde. Lambrecht kannte den Weg durch den Wald so gut, dass er sich selbst bei Dunkelheit nicht verirren würde. Starker Wind bog die Bäume, sodass sie zu brechen drohten. Laub und einzelne dünne Äste fielen zu Boden, und das Pferd scheute mehrmals. Doch Lambrecht behielt die Nerven und beruhigte seinen Wallach mit leisen Worten. Stetig trieb der Sturm die Wolken wie eine Schafherde vor sich her, genau in die Richtung, in die Lambrecht musste.
    ›Als würden mir die Wolken den Weg weisen wollen‹, dachte er und dankte seinem Schöpfer erneut dafür, denn für den Pfarrer war der Sturm ein göttliches Zeichen. Das Grollen kam
näher, und über Hundeshagen konnte Lambrecht dicke Blitze aufleuchten sehen.
    »Hoffentlich verkriechst du dich vor Angst, Casper Bonner. Du wirst nicht gewinnen, dafür werde ich sorgen!«, brüllte Lambrecht in den dichten Regen, der ihm fast die Sicht nahm.
    Der Pfarrer wusste, dass der Eichsfelder Grund aus Mergel, Kalk und Lehm bestand. Weichte dieser auf, dann verwandelte er sich in eine zähe, flüssige Masse, die ein Fortkommen fast unmöglich machte. Deshalb ließ er sein Pferd stellenweise nur Schritt gehen. Doch sobald der Boden fester wurde, trieb er den Fuchs zur Eile an. Dann endlich sah er in der Ferne die Umrisse seines Ziels. Burg Bodenstein lag vor ihm.
     
    Lambrecht galoppierte durch das Hahletal, an dem kleinen Ort Wintzingerode vorbei, der wie ausgestorben dalag. Weder Mensch noch Vieh begegneten ihm. Anscheinend hatten sich seine Einwohner aus Angst vor Blitz und Donner in ihren Häusern verschanzt. Das Wasser in den Pfützen spritzte nach allen Seiten, als Lambrecht durch die Gassen der Ortschaft galoppierte.
    Während des Ritts wischte sich der Pfarrer immer wieder den Regen aus dem Gesicht. Als er die felsige Bergnase emporblickte, sah er die Burg.
    Wie rötliches Laub schimmerten die Ziegel auf dem Dach zwischen dem grünen Blattwerk der Bäume hindurch. Mächtig, aber nicht furchteinflößend, lag sie hoch oben auf dem Bergvorsprung des kleinen Ohmgebirges. Burg Bodenstein mit ihren fünf zur Herrschaft gehörenden Dörfern hatte schon immer eine besondere Rolle auf dem katholischen Eichsfeld gespielt.
    Dem Adelsgeschlecht der Freiherren und späteren Grafen von Wintzingerode war es zu verdanken, dass die Burg mit ihren Dörfern stets lutherisch geblieben war. Wegen dieser Treue zum
lutherischen Glauben, die sich wie ein roter Faden durch die vielen Generationen von Burgherren zog, hatten auf Bodenstein schon immer Christen Zuflucht und Gemeinschaft gesucht und gefunden.
    Das war Lambrecht wieder eingefallen, als Bonner Wintzingerode erwähnt hatte. Manchmal lag die Lösung so nahe, und doch übersah man sie. Eile war angesagt, deshalb trat er seinem erschöpften Pferd noch ein letztes Mal in die Flanke, und es galoppierte zügig die Anhöhe hoch. Erst als er die Burgbrücke erreicht hatte, ließ er seinen Wallach in entspannten Schritt zurückfallen. Zum Glück stand das mächtige Holztor offen, sodass Lambrecht ungehindert zum Stallgebäude reiten konnte. Sogleich kam ein Knecht gelaufen und mit ihm eine Torwache, die sich beide zum Schutz vor dem Regen untergestellt hatten. Sie erkannten den Reiter und nickten stumm zum Gruße. Der Junge nahm dem ehrenwerten Gast die Zügel ab, und Lambrecht glitt aus dem Sattel auf den Boden. Erst jetzt spürte er die Schwere des nassen Umhangs. Der Pfarrer nickte den beiden Männern ebenfalls kurz zu, wandte sich dann zum Hauptgebäude um und lief die Stufen hinauf. Er klopfte nicht an, sondern drückte die Klinke hinunter und trat in den Vorraum. Regenwasser lief über sein Gesicht, und er schüttelte sein Haupt, sodass die Wassertropfen nach rechts und links flogen. Stöhnend ließ er den schweren, nassen Umhang von den Schultern auf den Boden gleiten.
    »Mein Herr, was erlaubt Ihr Euch?«, wurde er von dem Bediensteten begrüßt, der ihn nicht sofort zu erkennen schien. Sogleich kam die Hausherrin den Gang entlang und wollte ebenfalls wissen, wer hier ohne Erlaubnis eingedrungen war. Sie wollte gerade die Wache rufen, als sie den Pfarrer erkannte.
    »Herr Pfarrer, seid Ihr es?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher