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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Regal?«
    Obwohl er ihr zustimmendes Nicken nicht sehen konnte, sprach er weiter: »Nimm es mit, und trinke jeden Abend zur Schlafenszeit eine Tasse Sud, den du aus den Kräutern aufbrühst. Trink ihn so heiß wie möglich.«
    Erschrocken fragte Magdalena: »Warum ich? Bin auch ich krank? Sprecht, was ist mit mir?«
    Ein leises, gurrendes Lachen war zu hören. »Warum denkst du Schlechtes? Die Frucht in deinem Leib soll gedeihen und kräftig werden. Auch dämpft der Sud den Appetit«, fügte er schelmisch lachend hinzu.
    »Die Frucht … Ich erwarte ein Kind?«, rief Magdalena ungläubig. Mehr sagte der Alte nicht, denn plötzlich schien den Mann alle Kraft verlassen zu haben. Sein Körper sackte erschöpft zusammen.
    »Wir sollten gehen«, meinte Beate und betrachtete Anna kritisch.
    »Kann meine Base aufstehen? Können wir sie mitnehmen?«, wisperte Magdalena, unbewusst ihren Bauch streichelnd.
    »Sie muss bleiben«, widersprach der Weise mit müder Stimme. »Kommt morgen Abend wieder, dann wird sie erwacht sein und kräftig genug, Euch zu folgen.«
    »Aber das geht doch nicht! Was soll ich zu Hause erzählen. Man wird sie vermissen«, meinte Magdalena entrüstet.
    »Nun, dir wird bestimmt etwas einfallen«, schmunzelte der Alte.
    »Eine schöne Bescherung! Joachim wird mich bei lebendigem Leib fressen, wenn ich ihm davon erzähle«, stöhnte Magdalena und ließ sich widerstrebend von Beate aus der Hütte ziehen.

    ›Nun, gefressen hat er mich nicht‹, dachte Magdalena, ›aber viel hätte nicht gefehlt.‹ Sie faltete die Hände und flüsterte: ›Lieber Gott, bitte mach, dass es Anna gut geht!‹ Dann ging sie in die Küche, um sich den Sud aufzubrühen.

    Indes lag Anna auf der Holzpritsche. Bilder hetzten vor ihrem inneren Auge vorbei. Sie hatte noch den bitteren Geschmack der Flüssigkeit auf ihrer Zunge. Auch dröhnte ihr Kopf. Da
sie sich kraftlos fühlte, hielt sie ihre Augen geschlossen. Anna wusste nicht, ob sie wach war oder träumte. Weit weg hörte sie leise gemurmelte Worte. Ihr Körper fühlte sich bleischwer an. Ihre Beine schienen ihr nicht mehr zu gehorchen, da sie unfähig war, sie zu bewegen. Selbst ihre Arme lagen neben ihrem Leib, als gehörten sie nicht zu ihr.
    Gespenstische Bilder kamen und gingen. Plötzlich roch sie Rauch, spürte aber keine Hitze, sondern fühlte nur ihr Herz rasen. Sie glaubte zu ersticken und bei lebendigem Leib zu verbrennen. Oder doch nicht? Vielleicht träumte sie nur. Sie versuchte die Augen zu öffnen. Stattdessen bewegten sich plötzlich ihre Beine und trugen sie fort. Blind lief sie über einen weichen Moosteppich, spürte den Tau auf ihren Füßen. Leise Melodien drangen lieblich an ihr Ohr, und sie hielt inne. Sie versuchte herauszufinden, von wo die Lieder kamen, drehte sich im Kreis und hörte plötzlich … nichts mehr. Langsam versuchte sie die Augen zu öffnen. Tatsächlich, sie gehorchten ihr. Düster war es in dem Wald um sie, aber nicht unheimlich. Ihr Blick fiel auf einen alten Baum, der zwischen vielen anderen dicht vor ihr stand. Der Waldriese zog sie magisch an. Zaghaft ging sie auf ihn zu. Knochig und trocken erschien seine Rinde. Trotzdem war sein Blattwerk saftig grün. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über den knorrigen, rauen Stamm. Jede Unebenheit konnte Anna ertasten. Lange Kerben schienen wie vernarbte Wunden Zeugen von Gewalt zu sein. Sie legte eine Wange an den Baum und schloss die Augen.
    »Was hat man dir nur angetan?«, flüsterte sie und spürte, wie Tränen in ihren Augen brannten. Mit ihren zarten Händen fuhr sie über die raue Rinde und glaubte, ein Seufzen zu hören. Plötzlich sah sie einen Mann, der mit einer Axt auf den Baum einschlug. Immer tiefer hieb er das Beil in die Rinde.
    Anna stand hinter dem Mann und konnte nur dessen Rücken erkennen. Mit jedem Schlag drangen furchtbare Laute
aus seiner Kehle. Der Fremde, der ihr unbegreiflich vertraut schien, wurde wütender und schrie mit kraftvoller Stimme: »Ich werde dich und deinesgleichen vernichten. So wahr ich Wilhelm Münzbacher heiße!« Ein unmenschlicher Schrei drohte Annas Herz zu zerreißen.
    Es schien, als falle sie. Als sie wieder Boden unter den Füßen spürte, streichelte ein leichter Wind ihr Gesicht. Er brachte Gerüche, die ihr vertraut waren und Erinnerungen wachriefen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Bilder aus Kindertagen liefen vor ihrem geistigen Auge ab. Wo war Clemens? Freudig rief sie seinen Namen, konnte auch seine Stimme hören, die sich

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