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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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sie. Dieser nickte nur und blies einen Wassertropfen von seiner Nasenspitze.
    »Ach du großer Heiland, was hat Euch bewogen, bei solch
einem Wetter vor die Türe zu gehen? Gustav, gib dem Herrn Pfarrer ein Handtuch und trockene Sachen. Herr Pfarrer, folgt ihm und kommt dann in die Stube. Dort wird Euch ein wärmendes Feuer und heißer Würzwein erwarten.«
    Bislang hatte Lambrecht kein Wort gesprochen, und die Freifrau von Wintzingerode schien auch nicht darauf zu warten, denn sie drehte sich auf dem Absatz um und ging mit wehendem Gewand in die Küche, um Anweisungen zu erteilen. Lambrecht sah zu dem Bediensteten, der lächelnd mit den Schultern zuckte und mit der Hand den Weg wies.
    »Bitte hier entlang, Herr Pfarrer!«
    Lambrecht folgte nur zu gern, da sich allmählich eine feuchte Kälte in seinem Körper auszubreiten begann.

    Als Lambrecht in der Stube erschien, kniete sein junger Freund Freiherr Adolph Ernst von Wintzingerode vor dem Kamin und versuchte, mit stetigem Pusten das glimmende Feuer zu entfachen. Nur kurz wandte er sich beim Öffnen der Tür dem Gast zu und erklärte: »Die dicken Mauern kühlen schnell aus, weshalb auch in den Sommermonaten ein Feuer brennen muss. Doch es gibt Menschen, die sind zu dumm, ein anständiges Feuer zu entfachen.«
    Dann erhob er sich und musterte freundlich lächelnd sein Gegenüber: »Ihr habt zugenommen, mein Lieber. Unter Eurem Talar könnt Ihr Euren Bauch verstecken, aber in Hemd und Hose kommt er besonders gut zur Geltung.«
    Empört zog Lambrecht das Leinenhemd glatt und meinte: »Ja, auch Euch Gott zum Gruße, Adolph!«
    Im selben Moment erschien Freifrau Hedwig mit einem Becher heißen Würzweins in der Hand.
    »Hier, Herr Pfarrer, damit Ihr keine Erkältung bekommt. Wie ein struppiger Köter stand er in der Eingangshalle, Adolph, nur
dass man selbst solch einen bei diesem Wetter nicht vor die Türe jagt. Habt Ihr Euch verirrt, Herr Pfarrer?«
    Um nicht sofort antworten zu müssen, trank Lambrecht einige Schlucke des wärmenden Getränks. Der Pfarrer war über zwanzig Jahre älter als der Adlige von Wintzingerode. Doch beide verband eine tiefe Freundschaft. Vor mehr als fünfzehn Jahren hatte der junge Adolph Ernst von Wintzingerode Lutz Lambrecht das Leben gerettet. Dieser war im Wald bei einem Reitausflug vom Pferd gefallen, einen Abhang hinuntergerollt und besinnungslos mit dem Gesicht in einem Bach liegen geblieben. Lambrecht wäre ertrunken, hätte nicht der Elfjährige unter Aufbringung all seiner Kräfte den Kopf des Mannes über Wasser gehalten, bis die Retter nahten. Seitdem waren sie Freunde, unabhängig von Alter und Stand. Lambrecht hatte den Freiherrn und seine Frau Hedwig von Veltheim getraut und würde sicher auch ihre Kinder taufen.
     
    Die Kälte schwand aus Lambrechts Körper, und er entspannte sich. Hedwig von Wintzingerode redete immer noch, fragte etwas, wartete aber die Antwort nicht ab, sondern lief geschäftig im Zimmer umher. Lambrecht sah fragend seinen Freund an. Zwar sagte Hedwig schon immer, was sie dachte, und selbst vor dem Pfarrer hielt sie ihre Meinung nicht zurück. Lambrecht schätzte dies, aber heute wirkte sie doch sehr überschwänglich. Ihr Mund stand einfach nicht still.
    »Hat Gustav nichts Passendes gefunden? Die Garnitur ist Euch doch viel zu klein, Herr Pfarrer! Nicht nur die Beinlänge ist zu kurz, auch Euer Wanst sitzt eingeengt. Wartet, ich werde selbst nachsehen …«
    »Danke, Freifrau von Wintzingerode, es ist gut so, schließlich kann ich nicht ewig bleiben. Gustav versucht, meine Sachen in der Küche zu trocknen.«
    »Was heißt das schon wieder? Könnt oder wollt Ihr nicht bei
uns bleiben? Bei diesem Regen kann man unmöglich wieder hinauswollen. Es sieht wirklich nicht so aus, als ob sich das Wetter heute noch einmal ändern würde.« Besorgt wies sie zu den grünen Butzenfenstern, die jedoch auch bei Sonnenlicht nur wenig Helligkeit hindurchließen. Deshalb brannten im Raum auch mehrere Kerzen und heute sogar die im großen Kerzenhalter an der Decke.
    Adolph Ernst von Wintzingerode hatte seiner Frau belustigt zugehört und seinen Freund schmunzelnd beobachtet.
    »Lass gut sein, meine Liebe, der arme Lutz kommt überhaupt nicht dazu, in Ruhe seinen Wein zu trinken. Vielleicht kannst du uns etwas Schmackhaftes zu Essen zubereiten lassen? Das wäre doch sicher auch in Eurem Interesse, Lutz?«
    »Ja, es würde meinem Wanst sicher guttun, wenn er etwas Warmes zu essen bekäme«, meinte Lambrecht

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