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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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nehmen könnte und wie wir dem entgegentreten könnten.«
    Lambrecht versuchte weiter zu argumentieren.
    »Aber die Freiherrn von Wintzingerode haben landesherrliche Rechte, worunter auch die Hohe Gerichtsbarkeit mit dem Blutbann fällt.«
    »Natürlich haben wir die Gerichtsbarkeit über Leben und Tod, aber nur bei unseren Untertanen. Nicht über alle Eichsfelder, Lutz, und ganz bestimmt nicht über die Duderstädter!«
    »Das Mädchen lebte und arbeitete zuletzt auf dem Eichsfeld, in Hundeshagen. Ich habe sie erst gestern von dort weggebracht, weil ich glaubte, dass sie in Duderstadt sicherer sei. Adolph, Ihr sollt sie weder anklagen noch richten, sondern nur hier auf Bodenstein in Haft nehmen, um sie zu schützen. Bleibt sie in Duderstadt, wird sie ganz sicher Schaden nehmen. Mein Schwager wird es in jedem Fall schaffen, sie vor Gericht zu bringen. Er wird schlimmste Lügen vortragen, damit der Amtmann nicht umhinkann, sie der Hexerei anzuklagen. Deshalb muss sie so lange hier auf Bodenstein bleiben, bis die Spruchkörper in Mainz sie freigesprochen haben. Sie darf auf keinen Fall nach Duderstadt in den Kerker kommen, sonst ist sie verloren. Bonner wird mit Sicherheit jede Menge Goldstücke bezahlen, damit seine hinterhältigen Pläne wahr werden. Auch ist Franziska in Duderstadt deshalb in großer Gefahr, weil es des Öfteren vorkommt, dass die Henker sich an den Gefangenen vergehen. Ist eine Frau aber der Hexerei angeklagt, braucht ihr Scharfrichter nur zu bezeugen, dass er von der Angeklagten verführt wurde. Wer würde sich da gegen ihn stellen wollen? Sie würden auf das alte Stadtrecht zurückgreifen, das zur Strafe für Unzucht einen Tanz mit dem Henker vorschreibt, denn Casper Bonner hat beschlossen, dass Franziska den Henker heiraten wird. Adolph, dann wird das Mädchen aus der Stadt getrieben, und sie wird ein Leben mit einem ehrlosen Mann am Rande der Stadt fristen müssen. Ihre Kinder wären von Geburt an ohne Rechte, würden zwischen Bordellwirten, Zuhältern und Aussätzigen aufwachsen.«
    Erschöpft fuhr sich Lambrecht über das Gesicht. Er sah um Jahre gealtert aus. Müde fuhr er fort: »Franziska ist so jung und unschuldig. Dass sie meinen Patensohn nicht heiraten kann, ist Strafe genug … für beide. Aber dass sie noch solch weiteres Leid erdulden soll, weil ein heimtückischer und dummer Mensch wie mein Schwager sich in den Kopf gesetzt hat, Richter zu spielen … Das dürfen wir nicht zulassen!«
    Die beiden Männer hatten sich in den schweren Holzstühlen vor dem Feuer nach vorn gelehnt und verfielen in Schweigen. Beide hatten ihre Unterarme auf den Knien abgestützt und die Hände gefaltet. Lambrecht brauchte seinen Freund nicht anzusehen, um zu wissen, dass Adolph Ernst von Wintzingerode mit sich haderte. Schließlich fragte Lambrecht: »Falls Ihr mit dem Senior über meine Angelegenheit sprecht, wann würde das geschehen?«
    »Nun, Heinrich weilt mit seiner Frau Mechthild von Linsingen in Bayern. Er vertritt dort unsere Familie in geschäftlichen Dingen und wird erst Ende nächster Woche zurückerwartet.«
    Lambrecht stöhnte auf: »Dann wird es zu spät sein.«
    Der Geistliche hatte plötzlich alle Hoffnung verloren. Beide Männer starrten in die Flammen. Für den einen schien es beinahe schon unmöglich, dass das Mädchen gerettet werden konnte, währenddessen der andere im Inneren einen Kampf mit sich selbst ausfocht. Der Rauch des Feuers brannte in Lambrechts Augen. Als er sich vom Kamin abwandte, fiel sein Blick auf die steinerne Wand neben ihm. Er zuckte leicht zusammen, als er erneut ein göttliches Zeichen zu sehen glaubte. Er dankte seinem Schöpfer leise, um dann mit fester Stimme zu erklären: »Adolph Ernst, Ihr und Eure Familie, Ihr wisst doch am ehesten, wie es ist, wenn man für etwas bezahlen muss, das man nicht getan hat …«
    Der Blick des Pfarrers schweifte wieder zur Wand zu seiner Rechten, wo das lebensgroße Porträt eines Mannes hing. Der
Freiherr folgte seinem Blick. Doch bevor er etwas erwidern konnte, ging die Tür auf und Freifrau Hedwig betrat den Raum, gefolgt von zwei Mägden.
    »So, meine Lieben, ich hoffe, es wird euch munden«, erklärte sie fröhlich. Als sie jedoch die angespannte Stimmung im Raum spürte, scheuchte sie die Mägde mit ungeduldiger Geste wieder hinaus und sah die beiden Männer fragend an. Merkwürdige Stille herrschte zwischen ihnen. Sekunden später, die wie eine Ewigkeit schienen, forderte Adolph Ernst von Wintzingerode seinen

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