Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
Vom Netzwerk:
Augenbraue hoch. Hastig fügte Katharina hinzu: »Gudrun macht das hervorragend, und die beiden Buben fühlen sich sichtlich wohl bei ihr. Hör nur, wie sie jauchzen.«
    »Gudrun? Welche Gudrun? Etwa die von Schneider Schmitt?«
    Katharina nickte.
    »Mutter war damit einverstanden.«
    Ottos Augen verengten sich, doch bevor er etwas erwidern konnte, trat Barbara hinzu und bat mit sanfter Stimme: »Lass Katharina gehen. Sie hat es sich verdient.«
    Als wolle sie ihn bezirzen, legte sie ihm die Hand auf den Arm. Zweifelnd sah er Barbara an, als diese hinzufügte: »Außerdem möchte ich mich mit dir unterhalten.«
    »Du willst mit mir sprechen? Da bin ich aber neugierig.« An Katharina gewandt meinte er: »Geh! Doch ich sage dir, gewöhne dich nicht an diese Sonderbehandlung. Deine Aufgabe ist es, meine Kinder zu versorgen und später die unseren – sonst nichts. Schlag dir alles andere gleich aus dem Kopf! Du bist nicht die heilige Elisabeth. Auch wenn du es gern wärst!«
    Ohne ein Wort verließ Katharina das Haus. Sie wollte über Ottos Worte nicht nachdenken, sondern ihrer Berufung nachgehen, die sie tief in sich spürte. Auch wenn er sie deshalb verhöhnte – sie fühlte sich wie die heilige Elisabeth und würde ihr ihr Leben lang nacheifern, komme, was wolle.

Kapitel 22
    Wie viele andere Orte in Thüringen war auch Worbis im frühen Mittelalter entstanden. Durch seine günstige Lage, eingebettet zwischen dem hohen Ohmberg im Norden und dem Gebirgszug Dün im Süden, war der kleine Ort auf dem Eichsfeld zu einem beschaulichen Städtchen herangewachsen.
    In dieser Gegend entsprang der kleine Fluss Hahle und schlug seinen Weg Richtung Westen ein. Dank der Handelsstraße, die den niedersächsischen und den westfälischen Raum mit Mühlhausen und Nordthüringen verband, herrschte reges Treiben in den Straßen.
    Von überall her kamen Händler in den Ort, brachten Waren zum Handeln und Tauschen und erwarben selbst Typisches aus der Region. So hatte sich von Anbeginn ein bunt gemischtes Volk in den Straßen von Worbis getummelt.
    Manchen Poeten hatte ein mittelalterliches Städtchen wie dieses mit seinen Torhäusern, Türmen, Wehrmauern und den dahinter verborgenen Wertstücken an Kunst und Architektur,
dazu inspiriert, seine Schönheit in schwärmerischen Liedern, Gedichten und Schauspielen zu verewigen.
    Doch was hinter den dicken Mauern tatsächlich geschah und welche Schicksale sich in den dunklen Kellergewölben abspielten, davon wurde oft nur hinter vorgehaltener Hand berichtet.

    Die meisten Menschen in Worbis waren unbescholtene Bürger, die zufrieden waren, wenn sie ihre hungrige Kinderschar satt bekamen und in Ruhe ihrem Tagwerk nachgehen konnten. Doch in einer Zeit, in der Aberglaube und Ängste die Herzen der Menschen zerfraßen und ihre Gefühle erfrieren ließen, wurden viele zu misstrauischen Beobachtern. Nicht selten erkannten sie in anderen das Böse.
    Alleinstehende Frauen gab es viele, durch Kriege, brutale Überfälle, die Pest und Jahre des Hungers waren sie ohne den Schutz eines Ehemanns und damit hilflos. Schnell konnten sie so das Opfer von Verleumdungen werden.
    Die Angst vor dem Teufel war allgegenwärtig. Angeblich erschien der Satan in verschiedener Gestalt – nicht selten auch in der einer alleinstehenden Frau. Es brauchte nicht viel, um von einem eifersüchtigen Eheweib als böse Frau verrufen zu werden und unterstellt zu bekommen, im Bund mit dem Teufel zu sein. Dann stand man außerhalb des gemeinen Rechts, wurde der Befragung durch die Folter unterzogen und verschwand in irgendeinem Kerker. Wer einmal in die Fänge der Justiz geraten war, war in der Regel verloren.
    Doch auf dem beschaulichen Eichsfeld kam so etwas selten vor. In Worbis hatte man sich sogar schon fast von der Halsordnung verabschiedet. Nur noch vereinzelt wurden Menschen wegen kleinerer krimineller Vergehen oder Sittlichkeitsverstößen am Halseisen, das am alten Worbiser Rathaus angebracht war, zur Schau gestellt.
    Doch das sollte sich schlagartig ändern.
    Unvermittelt, so wie schwarze Gewitterwolken, die den Himmel plötzlich bedrohlich dunkel färben, oder wie Wind, der innerhalb kurzer Zeit zu einem Sturm heranwächst, hielt von einem Tag zum anderen das Grauen Einzug in dem kleinen Städtchen Worbis.
    Niemand hatte sich bis dahin vorstellen können, dass auch hier wieder Scheiterhaufen brennen würden.
    Und doch kam es so. Aber das Schicksal wollte es, dass in Worbis zumindest eine Seele gerettet werden

Weitere Kostenlose Bücher