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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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konnte.

    Warm und trocken war der Sommer. Die Menschen genossen die Sonnenstrahlen. Man war liebenswürdig zueinander und erfreute sich seines Daseins.
    Doch die schönen Tage schienen wie im Fluge vorüberzugehen, und wenn das Wetter von einem Tag auf den anderen plötzlich umschlug, hatten die Menschen erneut ums tägliche Überleben zu kämpfen. Regen peitschte dann über das Land, und Hagelkörner zerstörten die Saat. Der Boden weichte auf, sodass das Vieh im Schlamm stand und krank wurde. Die Kühe fanden kaum Futter, magerten ab und gaben weniger Milch. Das Korn auf den Feldern verfaulte, bevor es geerntet werden konnte.
    Die Temperaturen fielen. Menschen und Tiere froren bitterlich. Schwache und alte Menschen starben ebenso wie viele Kinder.
    Auch Ungeziefer quälte die Leute, deren Haut wund wurde und sich entzündete. Arzneien konnte sich kaum einer leisten, hatte man doch nicht einmal genügend Geld, um etwas zu Essen zu kaufen.
    Aufgrund des stetigen Hungers wurde sogar schwarzes, krankes Korn zu Mehl gemahlen und brachte Verderben über die
Menschen. Blutige, eitrige Geschwüre waren der Preis für verdorbenes Brot.
    Viele Jahrhunderte später würden die Gelehrten von einer kleinen Eiszeit sprechen, denn die Wintermonate dauerten länger, und die Sommermonate waren verregnet und kühler als gewöhnlich, was zahllose Missernten zur Folge hatte. In ihrer Not wandten sich die Menschen an Gott. Doch weder wurden ihre Gebete erhört noch half es, dass sie Krautwisch in die Kirchen brachten. Gott verschmähte die Gaben aus Salbei, Malve, Roggen, Gerste und weiteren kostbaren Zutaten, die sich die Leute vom Munde absparten, um ihrem Schöpfer zu huldigen. Doch er schien sie für etwas bestrafen zu wollen, das sie sich nicht erklären konnten.
    Also mussten Schuldige gefunden werden, ohne Rücksicht auf Rang oder Herkunft. In Worbis hörte man so immer häufiger den Namen einer Frau.
    Anfangs wurde nicht laut, sondern nur hinter ihrem Rücken getuschelt. Schließlich wurde sie angezeigt, denn in den Köpfen der Menschen hatte sie Schuld auf sich geladen. Die Frau hieß Greta Ackermann und kam aus Breitenbach.
    Doch noch hatte sich keiner gefunden, der sie öffentlich benennen wollte, denn das trauten sich die wenigsten. Schnell konnte das Blatt sich nämlich wenden und der Ankläger stand als Angeklagter vor dem Amtmann.
    Doch da spielte der Zufall eine Rolle …

    Sobald der Schnee getaut war, die Stürme sich gelegt hatten und die Tage wieder länger und wärmer wurden, warteten die Menschen auf dem Eichsfeld ungeduldig auf die Gaukler, Taschenspieler und Kesselflicker.
    Dieses Wandervölkchen nutzte die kurze Sommerzeit, um von Ort zu Ort zu ziehen und seine Dienste anzubieten. Die
Kesselflicker reparierten das Handwerkszeug der Bauern und die Küchenutensilien der Frauen, Taschenspieler und Gaukler unterhielten die Menschen mit ihren Zaubertricks.
    Fast überall wurden sie freundlich empfangen, lenkten sie doch die armen Leute von ihrem tristen Dasein ab. Sobald das fahrende Volk mit seinen bunten Gewändern in einen Ort kam, herrschte freudige Stimmung. Am Abend saßen die Einheimischen mit den Fremden am Lagerfeuer und lauschten deren Erzählungen. Man erfuhr, was anderorts passiert war, wie die politische Lage sich gestaltete oder vernahm andere interessante Neuigkeiten.
    Auch erhofften sich die Stadtbewohner Linderung von ihren Leiden, da mitreisende Magier und Zauberer Kenntnisse in Kräuterkunde hatten. Auf ihren Wanderungen quer durch das weite Land sammelten sie die neuesten Erkenntnisse der Medizin und erweiterten so ihr Wissen, welche Pflanze gegen welche Krankheit helfen konnte. Wie an Strohhalme klammerten sich die Menschen an deren Fähigkeiten, denn es war oftmals die letzte Hoffnung, die ihnen blieb.
    Einen Mann erwarteten die Menschen dieses Jahr mit besonders großer Ungeduld, zumal er nur alle zwei Jahre aufs Eichsfeld kam. Der Fremde wurde mit ängstlichem Respekt bedacht. Betrat er einen Raum oder ging er durch eine Straße, wichen die Menschen ehrfürchtig zur Seite. Schon von Weitem fiel er auf, da er ungewöhnlich groß war. Sein graues, gewelltes Haar glänzte in der Sonne silbrig. Kohlschwarze Augen beobachteten forschend und durchdringend die Welt. Blickte er einem Menschen ins Gesicht, schien es, als könne er dessen Seele ergründen. Sein Name war Barnabas – Barnabas, der Magier.
    Keinem anderen wurde größeres Wissen in der Heilkunst nachgesagt. Aber es hieß auch, er

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