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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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habe hellseherische Fähigkeiten. Vor einigen Jahren hatte er in einem Ackerstück einen kleinen Topf mit antiken Goldtalern gefunden, was an sich nicht
so spektakulär gewesen wäre, hätte er diesen Fund nicht zuvor angekündigt.
    Mit einer Wünschelrute war er über den Acker gewandelt und hatte mit Hilfe von magischen Formeln und durch die Anrufung des heiligen Christopherus, der als der Herr der Schätze galt, die Dämonen, die den Schatz bewachten, vertrieben.
    Nun schenkte man seinen Vorhersagen Glauben, zumal er schon einige Male Sturm und Regen prophezeit hatte. Auch war er fähig, Schadenszauber gegen Mensch und Tier aufzuheben, nachdem sie von einer Hexe damit belegt worden waren.
    Ja, Barnabas war ein besonderer Magier, denn es gelang ihm sogar, Hexen zu durchschauen. Er kannte keine Furcht und traute sich, böse Frauen öffentlich zu benennen.
    Und so atmete man auf in Worbis, als ein Reisender angekündigt hatte, dass Barnabas nur noch einen Tagesmarsch von dem Städtchen entfernt sei. Nun brauchte man sich nicht länger wegen Greta Ackermann zu sorgen. Barnabas würde sie als Hexe erkennen, und dann würde ihr endlich das Handwerk gelegt und alles in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Denn schon die Bibel forderte im Alten Testament im zweiten Buch Mose: Die Zauberer sollst du nicht leben lassen.
    Und so lagen Licht und Schatten dicht beieinander.
     
    Als Barnabas am folgenden Tag in Begleitung der beiden Franziskanermönche durch das Stadttor von Worbis schritt, schien die Zeit stillzustehen. Die drei Männer kannten diese sonderbare Stimmung, und das Ganze wirkte wie in einem Theaterstück. Seitdem die beiden Franziskaner mit Barnabas gemeinsam durchs Land zogen, war dies nun schon die vierte Stadt, in der die Menschen dem Magier mit gespannter Erwartung entgegenfieberten. Erblickten sie ihn, waren ihre Körper wie erstarrt, und ihre Augen folgten gespannt den drei Gestalten. Kein Blatt schien mehr im Wind zu rascheln, kein Tier mehr einen
Laut von sich zu geben, und das fröhliche Lachen der Kinder erstarb. Nie zuvor hatte Burghard so etwas erlebt.
    Nach lange anhaltenden Regenschauern war endlich wieder ein herrlicher, warmer Sommertag angebrochen. Trotzdem kroch dem jungen Mönch Kälte die Beine hoch, und innerlich fror er. Die Blicke der Menschen ängstigten ihn. Der Franziskaner senkte das Haupt, und obwohl ihm der Schweiß auf der Stirn stand, hatte er die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und versteckte die Hände in den weiten Ärmeln des Habits.
    Als die Menschen langsam aus ihrer Erstarrung erwachten, bekreuzigten sich einige, andere fielen auf die Knie, um ein leises Gebet zu sprechen. Manche versuchten die fremden Männer zu berühren, und wieder andere drehten sich von ihnen weg, als hätten sie Angst, den Blicken der Fremden zu begegnen. Man konnte ein Murmeln hören, das wie eine Welle durch die Straßen wogte.
    Es waren die beiden Mönche, die die Menschen verunsicherten, kam der Magier doch sonst allein.
    Ein Mann erwachte aus seiner Erstarrung und rief laut: »Barnabas ist da!«
    Ein anderer fügte ahnungsvoll hinzu: »Wen bringt er mit? Zwei Mönche? Was hat das zu bedeuten?«
    Burghard spürte ein Gefühl der Ohnmacht in sich aufsteigen. Der junge Mönch wusste, was ihn auch in diesem Städtchen erwarten würde. Viermal hatte er bereits durchleiden müssen, was nun auch in Worbis geschehen würde. Und wie auch schon die Male zuvor hätte er sich am liebsten umgedreht und wäre davongerannt.
     
    Wenn er ehrlich war, musste sich Burghard eingestehen, dass er anfangs von der Heilkunst des Magiers regelrecht verzaubert gewesen war. Barnabas’ Wissen über Pflanzen und ihre Heilwirkung sog der junge Mönch begierig in sich auf. Begeistert hörte
er dem Magier zu und machte sich heimlich in einem kleinen Buch Notizen. Doch bald war bittere Ernüchterung der anfänglichen Begeisterung gefolgt. Schnell hatte Burghard verstanden, dass Barnabas seine Heilkunst nur zu seinem eigenen Vorteil und zum Nachteil der Menschen einsetzte. Er missbrauchte ihre Angst und Hoffnungslosigkeit, um sich zu bereichern. Auch beobachtete Burghard mit großem Missfallen, dass Servatius sich nicht länger wie ein gläubiger Mönch benahm, sondern stattdessen um die Gunst des Magiers warb.
    Wie sehr sehnte Burghard sich nach dem Leben auf der Wanderschaft mit Bruder Kuno, das von interessanten Gesprächen geprägt war. Die Gemeinschaft mit Servatius und dem Magier bedrückte ihn so sehr, dass er selbst

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