Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
Transferzeiten auf die Minute genau ausrechnen, die schon über das Internet oder per Handy einchecken, perfekt sortiert als letzte zur Sicherheitskontrolle erscheinen – und eine Minute vor der Verriegelung der Türen in ihren Sitz plumpsen. Für mich ist das nichts. Denn es sind natürlich genau diese Leute, die immer gleich kurz vor dem Herzinfarkt stehen, wenn es zu Verzögerungen kommt. Ich plane bei auswärtigen Terminen unvorhergesehene Verspätungen von Flug- oder Zugverbindungen von vornherein mit ein. Schon weil sie heute eigentlich eher der Normalfall sind. Und weil das meine Nerven ganz außerordentlich schont. Derartige Wartezeiten sind für mich geschenkte Zeit, keine verlorene oder gestohlene, allein schon deshalb, weil ich völlig ungestört bin. Ich komme da sogar oft auf meine besten Ideen.
Je länger und nachgiebiger unpünktliche und undisziplinierte Menschen ihren Schlendrian gepflegt haben, desto schwerer wird es natürlich für sie, ihre Zeit sinnvoll zu nutzen. Dabei hat doch der, der sie umsichtig einteilt, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen, die das nicht so gut können. Denn mit Menschen,die nie fertig werden, die herumtrödeln oder Termine überziehen, ist ja nicht nur die Zusammenarbeit schwierig. Auch ihnen selbst entgleitet die Zeit. Wer mit dem Aufschieben schon in der Frühe beginnt, der wird am Abend meist kaum noch wissen, wo ihm der Kopf steht, so sehr haben sich die Aufgaben bis dahin geballt. Kein Wunder, dass so jemand dann permanent unruhig und unglücklich ist. Denn er hat ja keine Zeit mehr. Weshalb solche Menschen leider auch die fatale Neigung haben, die Dinge trotzdem irgendwie „fertig“ zu bekommen. Mit der Folge, dass sie hektisch und unkonzentriert hingeschludert statt gewissenhaft und gründlich erledigt werden.
Fürs Zuspätkommen gibt es keine Entschuldigung, nur falsche Planung! Für viele notorische Zuspätkommer würde es völlig ausreichen, wenn sie nur fünf Minuten früher aufstünden bzw. aufbrächen, um in Ruhe ihr Ziel zu erreichen. Wenn ein Mensch nur unter großer Hektik zur rechten Zeit ankommen kann, geht das an seine Substanz. Er vergeudet Kraft und damit auch Zeit für anderes: Zeit der Stille, Zeit der Gedanken, Zeit für eine neue Idee.
Wachsam sein für den Einfall
Als der griechische Mathematiker Archimedes das Gesetz des Auftriebs entdeckt hatte, soll er der Legende nach „Heureka!“ gerufen haben – „Ich habe es gefunden“. Nach dem griechischen Verb ευρισκειν („finden“, „entdecken“) wird die Lehre der Erkenntnisgewinnung und der Ideenfindung Heuristik genannt. Die Regeln für die Suche nach Ideen sind naturgemäß weniger streng als die Prinzipien jener philosophischen Disziplin, die sich mit der Begründung von Aussagen mit Wahrheitsanspruch beschäftigt – der Epistemik. Letztere müssen sich der formalen Logik und definierten Verfahren einer objektiven, kritischen Überprüfung fügen. Das gilt vor allem für solche Aussagen und Theorien, die wissenschaftliche Gültigkeit beanspruchen.
Anders als in Logik und Wissenschaft ist in der Heuristik letztlich alles erlaubt. Oder wie es in einem alten Volkslied heißt: Die Gedanken sind frei. Auf der Suche nach Ideen, bei der Formulierung von Gedankengebäuden oder beim Ausdenken neuer Sachen muss einer sich zunächst keine unnötigen Schranken auferlegen oder besonders systematisch vorgehen. Wenn eine Idee später nicht funktioniert oder sie überall auf Ablehnung stößt, dann ist er beim Gedankenflug vermutlich zu weit vom Kurs abgekommen. Das wird höchstens dann zum Problem, wenn allzu kühne geistige Piloten dauerhaft den Funkkontakt zur Erde abbrechen. Oder wenn offensichtlich unsinnige Ideen gleichwohl Publikum finden, wovon vor allem die großen ideologischen Verirrungen des 19. und 20. Jahrhunderts traurige Zeugnisse geben. Dagegen ist es bei großen Ideen, Entdeckungen oder Erfindungen im Grunde völlig egal, wie die Inspiration dazu ihrem Urheber zugeflogen ist.
Wohl gibt es eine Reihe bewährter Techniken, um den kreativen Gedankenfluss in Gang zu setzen und zu strukturieren. Zum Beispiel das bekannte Brainstorming, bei dem zunächst auf jede Bewertung aller vorgetragenen Ideen verzichtet und selbst der größte Blödsinn aufgeschrieben wird. Oder das sogenannte Mind-Mapping, bei dem Einfälle, Gedanken und Assoziationen in baumartigen Diagrammen notiert werden. Wer einen Text verfassen möchte, wird vielleicht mit einer Gliederung seines Themas
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