Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
aus der Werbung untermauerten die Vorbehalte. Das sei zu weit vom eingeführtenMarkenbild weg. Außerdem habe ein Logo laut Lehrbuch eindeutig, und das heißt einfarbig zu sein – wegen des Wiedererkennungswertes. Es müsse daher etwas Strengeres entworfen werden.
Rational mochte an einigen dieser Gegenargumente sogar etwas dran sein. Aber auch wirtschaftliche Entscheidungen beruhen, wie fast alle unsere Entscheidungen, größtenteils auf einem Gefühl. Das ist wie bei einem Eisberg: Sechs Siebtel – die emotionalen Elemente – liegen unter Wasser. Und es ist fast unmöglich, eine emotionale Entscheidung mit rationalen Argumenten umzudrehen. Eher funktioniert es umgekehrt.
Also habe ich damals getan, was ich in vielen anderen Fällen unterlassen habe: Ich habe meine Entscheidung für den neuen Schriftzug par ordre du mufti durchgesetzt. Das hätte natürlich auch schiefgehen können; was allerdings mein ganz persönliches unternehmerisches Risiko war. Wie es ja auch tatsächlich genug Situationen gegeben hat, wo ich eine Idee umgesetzt habe und wir damit weniger erfolgreich waren. Andere sind dann später gekommen und haben es besser gemacht. Aber im Falle unseres Logos hat mir – und dem Grafiker Francesco Gianninoto – der Erfolg letztlich recht gegeben. Heute repräsentiert es eine der stärksten und bekanntesten deutschen Marken. Ja sie ist, bei aller gebotenen Bescheidenheit, fast ein Synonym für die Produktkategorie, so wie wir das ansonsten nur von bestimmten Klebefilmen, Papiertaschentüchern oder Hautcremes kennen.
Das Hipp-Logo, das zunächst auf so empörte Ablehnung stieß, bildete den Kern unserer heutigen Markenbildung. Jetzt ist es etabliert. Was natürlich auch heißt, dass wir die Grundidee nicht mehr so beherzt ändern würden. Vermutlich wird ja auch eine bekannte schwäbische Automarke solange einen Stern tragen, wie es Autos gibt. Jedenfalls müsste eine neue Idee sehr viel besser sein. Oder die Umstände müssten sich sehr stark ändern. Denn selbst Kinder, die noch gar nicht lesen können, erkennen unser Logo sofort. Und sie verbinden es mit gutem Essen. Wir kennen sogar Geschichten, wo Mütter andere Lebensmittel inunsere Gläschen geben, um am Spielplatz einen guten Eindruck als Markenkäuferin zu machen – aber die Kinder das in aller Regel merken. Weil sie eben auch die Qualität der Produkte kennen, und nicht nur den Schriftzug. Erst beides zusammen, Verpackung und Inhalt, Form und Substanz, machen eine starke Marke aus.
Außerdem zeigt das Beispiel unseres Logos, dass Form und Inhalt, Idee und Adressat zueinander passen müssen. Vor etlichen Jahren haben wir, da gesunde, natürliche Ernährung auch in dieser Zielgruppe ein wichtiges Thema ist, einmal Sportlernahrung angeboten. Hier hat unser Markenschriftzug – was man im Grunde wohl hätte ahnen können – überhaupt nicht funktioniert. Denn Sport, das ist in aller Regel Wettbewerb. Sportlerinnen und Sportler pflegen eine gewisse Kultur der Härte gegen sich selbst. Es geht um Kraft, Ausdauer und Durchhaltevermögen. Zu diesem Selbstbild passt das weiche, kindliche Image unserer Marke nicht, ganz egal wie gut und gesund die Produkte sind.
Macht Not erfinderisch?
Warum ein wenig Druck nichts schadet, zuviel Druck aber sehr wohl
Not macht erfinderisch, sagt der Volksmund. Es ist daher oftmals leichter auf eine Idee zu kommen, wenn ein gewisser Druck herrscht, wenn möglichst schnell eine Lösung für ein bestimmtes Problem gebraucht wird. Unter Druck habe ich schlicht nicht die Ruhe, nichts zu denken. Oder plötzliche Einfälle gleich wieder zu vergessen. Wenn es drängt, dann wühlt alles in mir, alle Gedanken widmen sich einem möglichen Ausweg aus der schwierigen Lage. Gerade wenn ich geschäftliche Probleme zu lösen habe, gehe ich mit diesen zu Bett – und stehe mit ihnen auf. Ob wachend oder im Traum, oft gehen sie mir auch während der Nacht weiter im Kopf herum. Und nicht selten fällt mir dann auch nachts, wenn ich wach liege, eine Lösung ein, auf die ich des tags nicht gekommen bin.
Das kann ein Produkt sein, von dem mir plötzlich klar wird, wie es zusammengesetzt, verpackt, beworben oder verkauft werden müsste. Es kann sich um ein Kommunikationsproblem handeln, wo mir in der Situation, in der es auftauchte, die richtigen Worte gefehlt haben. Oder ein Mitarbeiter hat in seiner derzeitigen Position Probleme, ist unzufrieden, über- oder unterfordert. Am Tag sehe ich nicht, wie man das lösen könnte. Aber
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