Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
verständlich darstellen. Ich muss, zweitens, meine ehrliche und echte Begeisterung für diese Idee vermitteln können. Vieles, was im heutigen Management-Jargon als „Motivation“ verkauft wird, ist da leider bloß Propaganda – pathetische aber leere und austauschbareFloskeln, deren fehlende Glaubwürdigkeit die meisten Menschen ebenso schnell durchschauen wie unaufrichtige Motive und unglaubwürdige Versprechungen.
Zum dritten muss ich eben deshalb ganz praktisch darlegen können, was die Sache am Ende bringt: dem Unternehmen, unseren Mitarbeitern, dem Handel, den Verbrauchern. Wenn ich das nicht schaffe, kann ich tausendmal Worthülsen wie „innovativ“, „richtungweisend“ (neuerdings machen viele Manager es nicht mehr unter „revolutionär“), „kundenfreundlich“ oder „mitreißend“ in meinen Vortrag einflechten – niemand wird mir glauben, geschweige denn folgen wollen.
Und also gehört zum Überzeugen, dass ich oder ein geeigneter Fachmann vorrechnen, wie groß der zusätzliche Umsatz ist, der mit einem neuen Produkt erzielt werden kann. Was das nicht nur in Euro und Cent, sondern auch für Marktstellung, Image und Zukunft der Firma bedeuten könnte. Welche künftigen Investitionen – und damit zusätzlichen Arbeitsplätze – es etwa ermöglicht. Welchen echten Nutzen das Produkt für unsere Kunden hat. Was an ihm wirklich neu und anders ist. Was es zumindest von vergleichbaren Produkten unserer Wettbewerber unterscheiden wird. Oder: Welchen konkreten technischen Nutzen, welche Erleichterungen bei der Arbeit werden die Einführung neuer Maschinen oder veränderter Arbeitsprozesse den Mitarbeitern bringen? Warum wird die Arbeit schneller von der Hand gehen oder weniger schweißtreibend sein? (Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit am Arbeitsplatz sind in der Lebensmittelindustrie Dauerthemen.) Inwiefern lässt sich eine bislang eher langweilige Routinearbeit abwechslungsreicher oder verantwortungsvoller gestalten? Je konkreter das Bild in der Vorstellung meiner Zuhörer wird, desto eher werde ich sie für meine Sache gewinnen.
Schließlich gilt es, viertens, immer das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis abzuwägen. Diese Rechnung muss in jedem Fall bei geschäftlichen Ideen aufgehen. Welche Summen werden wir investieren, welche sonstigen Leistungen erbringen müssen, um ein Produkt auf den Markt zu bringen oder einenProzess zu verbessern? Werden der finanzielle Ertrag oder der praktische Vorteil am Ende höher sein als die eingesetzten Mittel? Denn was nützte es uns, wenn unsere Investitionen in Entwicklung und Markteinführung eines neuen Produktes uns schlussendlich zur Festsetzung eines völlig utopischen Ladenpreises zwängen? Oder wenn beim Dampfgaren zwar Temperaturen wie in einem klimatisierten Büro herrschen, das aber so viel kostet, dass wir in der Halle leider niemanden mehr beschäftigen können?
Selbstverständlich können wir Kosten-Nutzen-Relationen unterschiedlich bewerten. Das bezieht sich aber meist nicht auf das Verhältnis beider Größen an sich, sondern auf den Zeithorizont. So kann ich bei einer Investition zum Beispiel eher auf den langfristigen Erfolg sehen – oder auf die kurzfristige Rendite. Wenn ich überzeugt bin, dass eine Idee sich erst in einigen Jahren, dann aber richtig auszahlen wird, kann ich gewisse Anlaufverluste in Kauf nehmen. Muss sich die Sache dagegen bis zum Ende des Geschäftsjahres, gar eines Quartals rechnen, werde ich Durststrecken meiden. Und selbstverständlich kann jeder die Faktoren einer Kalkulation im Detail auch sehr unterschiedlich ansetzen. Was fallweise dazu führen kann, dass eine im Kern gute Idee, ein grundsätzlich vielversprechendes Projekt kaputt gerechnet wird. Wir sind deshalb gut beraten, auch jede Kosten-Nutzen-Rechnung – und nicht nur jede Idee – kritisch zu hinterfragen. Wobei auch bei etwas so scheinbar Objektivem wie einer Kalkulation immer ein emotionales Moment mitschwingt. So neigen reine Zahlenmenschen häufiger zu Sicherheit und großer Vorsicht. Also rechnen sie, weil die Zukunft nun einmal unsicher ist, lieber kurzfristig. Und wer, aus welchen Gründen auch immer, von einer Sache ohnehin nicht viel hält, der wird sie ebenfalls weit schärfer durchrechnen als ihre begeisterten Verfechter. Bisweilen mit dem festen Vorsatz, sie so oder so „abzuschießen“, der mit scheinbar unangreifbaren Zahlen lediglich maskiert wird. All das ändert freilich nichts daran, dass jede Kosten-Nutzen-Rechnung irgendwann
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