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Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Hipp
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zwischen Idee und Wirklichkeit jedenfalls ganz wichtig: Wir müssen uns bei der Umsetzung immer wieder die Ursprungsidee vor Augen führen. Sie ist eine Art Kompass, dessen Nadel uns immer wieder in Richtung unseres Ziels weist, die unser Tun beständig „einnordet“. Ohne einen solchen Kompass lässt sich ein Scheitern kaum vermeiden.
    Einerseits sorgt der Kompass der Ausgangsidee für Klarheit bei jenen Entscheidungen, die während der Umsetzung ständig getroffen werden müssen. Hier kommt es vor allem darauf an, dass die Idee nicht verwässert wird. Das hat nichts damit zu tun, dass man bei auftretenden Schwierigkeiten Details natürlich verändern und Umsetzungsschritte anpassen muss. Aber wie oft passiert es, dass bei der Umsetzung einer Sache jeder, der mit ihr befasst ist, gerne selbst „etwas beitragen“ möchte. Dass Leute nicht nur das Projekt, sondern gleich auch noch die Idee zu ihrer Sache machen wollen; dass sie versuchen, Teilhaber der Idee zu werden. Da ändert der eine dann hier ein bisschen was, der andere bringt da einen zusätzlichen Vorschlag ein, ein Dritter möchte auch noch jene Interessen berücksichtigt sehen. Am Ende hat das Gerät dann 57 Funktionen, ist auch für starke Allergiker unbedenklich und lässt überdies Ihr Bad größer wirken. Nur was es eigentlich leisten sollte, das leistet es leider nicht sogut. Viele politische Kompromisse werden nach einem ähnlichen Muster gestrickt.
    Oder nehmen wir als Beispiel den biologischen Landbau. Die ursprüngliche Idee ist die Gesundheit des Bodens. Diese Idee kann ich in verschiedene Richtungen aufweichen und verändern, weil es vermeintlich praktischer oder wirtschaftlich günstiger ist. Wenn ich nicht aufpasse, gerät das Grundprinzip schnell völlig aus dem Blick. So könnte ich einen überdimensionierten Traktor einsetzen und würde durch zu hohe Verdichtung das Bodenleben beeinträchtigen. Auch bei der Ausbringung von natürlichem Dünger kann ich Fehler machen, indem ich den falschen Zeitpunkt und die falsche Menge wähle. Das alles wirkt sich vielleicht erst später nachteilig aus, aber es schadet der maßgeblichen Idee. Am Ende haben wir ein Eigentor geschossen und das ursprüngliche Anliegen schlimmstenfalls ins Gegenteil verkehrt.
    Verwässert werden sehr oft auch die Ideen von Künstlern und Architekten. Das endet dann nicht selten so ähnlich, als hätte Königin Elisabeth I. von Shakespeare ein Happy End für „Hamlet“ verlangt. Zum Beispiel legen mehrere Künstler Entwürfe für eine große Skulptur im öffentlichen Raum vor. Es gibt ein ebenso opulent wie paritätisch besetztes Gremium, das einen Sieger auswählt. Schon das Gremium kann es sich leider nicht verkneifen, einige ästhetische Anmerkungen zum gewählten Entwurf zu machen. Danach kommen etliche zuständige Behörden ins Spiel. Politische Bedenken, Sicherheitsauflagen und Kostenkalkulationen zwingen den Künstler zu derart vielen Änderungen, dass die Skulptur am Ende hauptsächlich die Ideen des Bürgermeisters und des Bauamtes ausdrückt und nicht jene, derentwegen es ursprünglich in Auftrag gegeben wurde. Von den Ideen des Künstlers ganz zu schweigen – dessen Name dann aber von der Öffentlichkeit gleichwohl mit dem vermurksten Objekt verbunden wird.
    Die Architektur liefert wahre Musterbeispiele für verwässerte Ideen. Klar: Wer zahlt, schafft an. Schon ein Einfamilienhaus ist viel zu teuer und wird viel zu lange genutzt, als dass es bloß eineSpielwiese für ausgefallene Architektenträume sein könnte. Erst recht gilt das für privatwirtschaftliche oder öffentliche Großbauten. So wird man gegen Änderungswünsche eines Bauherren in der Planungsphase denn auch wenig einwenden, solange sie sich in zeitlich, technisch und ästhetisch vertretbaren Grenzen halten. Aber irgendwann wird der Plan verabschiedet. Und dann sollte im Grunde nur noch etwas daran geändert werden, wenn es aus sachlichen Gründen gar nicht anders geht. Und nicht, weil irgendjemand über Nacht seine Meinung oder seinen Geschmack ändert. Schwierig wird es in der Regel besonders dann, wenn sich zuständige Politiker oder Konzernvorstände plötzlich selbst für die besseren Architekten halten. Oder wenn weitreichende Entscheidungen einzig und allein aus finanziellen oder organisatorischen Erwägungen heraus getroffen werden.
    Ein bekanntes Beispiel ist der Berliner Hauptbahnhof, ein Entwurf des international renommierten Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner. Die nicht eben

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