Das Hiroshima-Tor
mischte sich Rautio ein. »Dir ist doch klar, dass sich bestenfalls die Schundblätter
auf Dokumente stürzen, von denen nur der Geier weiß, ob sie echt sind. Falls du glaubst, das Schicksal deines Vaters ...«
»Der Fall Paavo Nortamo hat damit nichts zu tun. Das zu behaupten ist lächerlich.« Timo richtete den Blick auf die Premierministerin.
»Ich könnte mir zum Beispiel dieses Bild in der Zeitung vorstellen ...«
Er nahm das in Paris mit der Handykamera aufgenommene Foto aus der Tasche. »Diese Aufnahme zeigt Asko Lahdensuo, wie er eine
Diskette im Empfang nehmen will, die enthüllen würde, in welchem Maße die Präsidentin mit dem KGB verstrickt ist.«
Die Frauen und Rautio sahen sich das Foto an.
»Ich bin mir einer solchen Angelegenheit nicht bewusst«, sagte die Premierministerin steif. »Ich erkenne diesen Mann nicht
einmal auf dem Bild.«
Im Raum machte sich Stille breit. Timo durchbrach sie bewusst nicht. »Ich komme gerade aus Frankreich. Die KG B-Diskette aus der Seine enthält außer dem Teil über Finnland noch etwas anderes, etwas, das die Amerikaner unter allen Umständen von
anderen fern halten wollen. TERA ist vor ihnen in die Knie gegangen oder hat sich auf einen Handel eingelassen. Die Hegemonie
der Amerikaner walzt alles platt.«
|390| Der letzte Satz veranlasste die Präsidentin zu einem leichten Nicken. Timo machte eine Pause, dann fuhr er leise fort: »Die
Franzosen halten meine Frau fest. Sie handeln offenbar in Amtshilfe für die Amerikaner. Meine Frau hat nichts Illegales getan,
sie steht nicht einmal unter irgendeinem Verdacht, weshalb sie unverzüglich freigelassen werden muss. Angesichts der momentanen
Konstellation ist das allerdings alles andere als wahrscheinlich.«
Mit Blick auf die Premierministerin sagte er: »Aber in Paris sollte man wenigstens eines zur Kenntnis nehmen: Die finnische
Regierung weiß, dass eine unschuldige finnische Staatsangehörige in Frankreich festgehalten wird, und beobachtet die Entwicklung
genau. Die Franzosen müssen wissen, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden, was auch immer passiert.«
Rautios Gesichtsausdruck wurde aggressiv. »Was ...«
»Ich will zwei Polizisten, die freiwillig mit mir nach Italien fahren. Als Expertin wird außerdem Doktor Heli Larva dabei
sein.«
Timo verschwieg, dass sich in Italien endgültig die Echtheit der KG B-Diskette herausstellen würde.
Rautio sah ihn ungläubig an. »Ich weiß ja nicht, was du und die Larva ...«
»Wir haben jetzt keine Zeit, Unsinn zu reden. In Italien brauchen wir den Status diplomatischer Immunität. Sie kümmern sich
mit ihren Ministern darum, dass alles ohne Verzögerung in die Wege geleitet wird.«
Rautio schüttelte den Kopf und wollte etwas sagen, aber die Präsidentin kam ihm zuvor.
»Und danach?«
»Sobald meine Frau in Sicherheit ist, vergesse ich das gesamte KG B-Material . Wird sie aber nicht in Sicherheit gebracht, scheiden Sie beide aus dem Amt aus, und zwar aus persönlichen Gründen.«
Timo war nicht stolz darauf, mit Wahrheit und Gerechtigkeit |391| Handel zu treiben, aber jetzt lagen einfach wichtigere Dinge in der Waagschale.
»Das kann nicht dein Ernst sein«, flüsterte Rautio Timo zu. »Weißt du, welches Strafmaß das finnische Gesetz für Erpressung
vorsieht?«
»Weißt du, welches Strafmaß es für schweren Landesverrat vorsieht?«, fragte Timo zurück.
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Zwei Stunden später sah Timo angespannt den Technikern zu, die sich auf dem Flughafen Helsinki-Vantaa im Nieselregen an dem
Flugzeug zu schaffen machten, in dem er saß. Es war die
Lufthansa-
Maschine nach Frankfurt, die in wenigen Minuten starten sollte. Der Anschlussflug der
Alitalia
wäre um 19.40 Uhr in Florenz. Von dort würden sie mit dem Auto nach Volterra fahren.
Timo spürte, dass er der Wahrheit über die KG B-Diskette näher war als je zuvor. Die Verbindung zwischen dem DN S-Code und der Gedenktafel konnte kein Zufall sein.
Neben ihm am Fenster saß Heli Larva und links von ihm Ilpo Mattila von der Zentralkripo KRP. Der Polizist Marko Kariluoto saß auf der anderen Seite des Ganges.
Timo hatte versucht, von Heli Larva zu erfahren, warum sie so heftig auf den Namen Yoshima Nishikawa reagiert hatte, aber
sie hatte nicht geantwortet. Ihr Verhalten irritierte Timo.
Sein Handy klingelte. Rautio nannte nicht seinen Namen, sondern kam sofort zur Sache. »Die französische Polizei teilt mit,
dass sie deine Frau nicht in Gewahrsam
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