Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
beiden nur aufhalten könnte. Wenn ich nur dort sein könnte, bevor sie … wie heißt das Wort? Die Ehe vollziehen .
Die Ehe vollziehen. Die Formulierung provoziert eine vage Erinnerung. Was war das noch? Ach, ja, Barnaby hat was von Annullierung gesagt. Ich höre seine Stimme noch: Es bedeutet, dass der Vertrag null und nichtig ist. Die Ehe hat nie existiert.
Die Ehe hat nie existiert!
Das ist es. Das ist die Lösung. Annullierung! Was für ein hübsches Wort. Die Lösung für alles. Keine Scheidung. Keine gerichtliche Auseinandersetzung. Einmal kurz blinzeln, und schon ist es vorbei. Als wäre es nie passiert.
Ich muss es für Lottie tun. Ich muss ihr eine Ausstiegsklausel besorgen. Aber wie um alles in der Welt kann ich das schaffen? Was könnte ich … wie könnte ich … wie könnte man …
Und dann blitzt eine neue Idee in meinem Hirn auf.
Fast stockt mir der Atem, als ich darüber nachsinne. Ich kann nicht fassen, was ich da denke. Das ist sogar noch schlimmer und extremer, als in die Flitterwochen zu platzen, aber es würde alles regeln.
Nein. Das kann ich nicht machen. Ich meine, das kann ich doch wirklich nicht machen! Auf gar keinen Fall. Das ist absolut daneben. Und falsch. Wer seiner Schwester so was antut, muss ein Monster sein.
Okay, dann bin ich eben ein Monster.
Meine Finger zittern, als ich den Hörer nehme. Ich bin mir nicht sicher, ob vor Beklommenheit oder Entschlossenheit.
»Amba Hotel, VIP Service. Was kann ich für Sie tun?«
»Hi«, sage ich mit leicht flattriger Stimme. »Könnte ich bitte Nico Demetriou sprechen? Sagen Sie ihm, hier ist Fliss Graveney vom Pincher Travel Review. Sagen Sie ihm, es ist wichtig.«
Während ich in der Warteschleife hänge, stelle ich mir Nico vor, mit seinen eins sechzig, in einem Anzug, der am Bauch spannt. Ich kannte Nico schon im Mandarin Oriental in Athen und davor im Sandals auf Barbados. Er hat sein ganzes Leben in Hotels verbracht, hat sich vom Pagen hochgearbeitet und ist jetzt VIP -Concierge im Amba. Ich sehe ihn förmlich vor mir, wie er in seinen Lackschuhen über den Marmorboden der Lobby hastet und dabei unablässig alles im Auge behält.
Seine Spezialität ist »Individuelle Gästebetreuung«. Sei es nun ein spezieller Cocktail, ein Hubschrauberrundflug, Schwimmen mit Delfinen oder eine Schar Bauchtänzerinnen auf dem Zimmer, er sorgt für alles. Wenn ich einen Komplizen für ein Verbrechen bräuchte, dann würde ich Nico nehmen.
»Fliss!« Fröhlich dröhnt seine Stimme aus dem Hörer. »Gerade höre ich, dass du uns einen Besuch abstatten willst.«
»Ja. Ich hoffe, ich bin morgen Abend da.«
»Es ist uns eine Ehre, dich schon wieder begrüßen zu dürfen! Kann ich dir mit irgendetwas Speziellem behilflich sein? Oder ist es vielleicht ein privater Besuch?«
Ich kann die Frage in seiner Stimme hören. Ein leises Misstrauen. Wieso komme ich schon wieder? Was ist los?
»Es ist mehr oder weniger privat.« Ich mache eine Pause und sortiere meine Worte. »Nico, ich muss dich um einen Gefallen bitten. Meine Schwester ist heute auf dem Weg zum Amba. Sie ist frisch verheiratet. Sie fährt in die Flitterwochen.«
»Wie schön!« Seine Stimme brüllt mich fast nieder. »Deine Schwester soll den Urlaub ihres Lebens bekommen. Ich werde ihr meinen besten Butler zuweisen. Wir empfangen sie bei ihrer Ankunft, und bei einem Gläschen Champagner können wir ihren Aufenthalt maßschneidern. Vielleicht ein Upgrade, vielleicht ein besonderes Abendessen …«
»Nico, nein. Du verstehst nicht. Ich meine, das klingt alles wundervoll. Aber ich muss dich um einen anderen Gefallen bitten.« Ich knote meine Finger ineinander. »Es ist etwas …ungewöhnlich.«
»Ich mache diesen Job schon seit vielen Jahren«, sagt er freundlich. »Nico ist nichts fremd. Möchtest du sie überraschen? Soll ich ihr ein Präsent aufs Zimmer legen? Möchtest du, dass ich eine Paarmassage in einer stillen Cabana am Strand arrangiere?«
»Nicht so ganz.«
Oh Gott. Wie soll ich es sagen?
Komm schon, Fliss. Sag es einfach.
»Ich möchte, dass du sie daran hinderst, Sex zu haben«, hasple ich.
Am anderen Ende der Leitung herrscht Totenstille. Ich habe sogar Nico aus dem Konzept gebracht.
»Fliss, wiederhol dein Anliegen noch mal«, sagt er schließlich. »Ich fürchte, ich habe es nicht verstanden.«
Ich fürchte, doch.
»Ich möchte, dass du sie daran hinderst, Sex zu haben«, wiederhole ich und spreche dabei so deutlich wie möglich. »Kein Sex. Keine
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