Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
konzentrieren.
»Entschuldigung.« Ein älterer Herr schiebt sich zwischen uns und fängt an, Emmentalerstückchen auf seinen Teller zu schaufeln. Missbilligend mustert er Ben und mich. »Wie man so schön sagt …«, fügt er sinnierend hinzu. »Haben Sie kein Zuhause?«
Ich merke, dass ich rot anlaufe. So offensichtlich war das doch gar nicht.
»Wir sind in den Flitterwochen«, fahre ich ihn an.
»Meinen Glückwunsch.« Der alte Herr wirkt unbeeindruckt. »Ich hoffe, Ihr Mann wäscht sich die Hände, bevor er sich was zu essen nimmt.«
Miesepeter.
Ich sehe Ben an, und wir ziehen uns auf ein paar feudale Sessel zurück. Ich fühle mich wie elektrisiert. Ich will seine Hände wieder da haben, wo sie waren, damit sie das tun, was sie eben noch getan haben.
»Also. Mh. Käse?« Ich biete Ben den Teller an.
»Nein, danke.« Missmutig legt er die Stirn in Falten.
Es ist die reine Folter. Ich sehe auf meine Uhr. Erst zwei Minuten sind vergangen. Irgendwie müssen wir die Zeit totschlagen. Konversation. Das brauchen wir. Konversation.
»Ich liebe Emmentaler«, fange ich an. »Und du?«
»Kann ich nicht ausstehen.«
»Wirklich?« Ich speichere diese neue Info über ihn. »Wow. Ich wusste gar nicht, dass du Emmentaler nicht ausstehen kannst.«
»Damit habe ich mich total überfressen, als ich das Jahr in Prag gelebt habe.«
»Du hast in Prag gelebt?«, frage ich interessiert.
Ich bin fasziniert. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Ben im Ausland gelebt hat. Und Emmentaler nicht ausstehen kann. Das ist der große Vorteil, wenn man jemanden heiratet, ohne vorher fünf Jahre zusammengelebt zu haben. Es gibt immer wieder was zu entdecken. Wir sind zusammen auf abenteuerlicher Entdeckungsreise. Unser Leben lang werden wir uns gegenseitig erkunden. Die Geheimnisse des anderen enthüllen. Wir werden nie so ein Paar sein, das schweigend beieinandersitzt, weil beide alles wissen und alles gesagt ist und sie nur auf die Rechnung warten.
»Also … Prag! Wieso?«
»Kann ich heute gar nicht mehr sagen.« Ben zuckt mit den Schultern. »Es war das Jahr, in dem ich beim Zirkus war.«
Beim Zirkus ? Das hatte ich nicht erwartet. Gerade will ich ihn fragen, was er sonst noch so gemacht hat, als sein Handy piept und er es aus der Tasche holt. Er liest die SMS und runzelt ärgerlich die Stirn.
»Alles okay?«, frage ich besorgt.
»Ist von Lorcan. Der kann mich mal.«
Lorcan schon wieder. Diesen Lorcan muss ich unbedingt kennenlernen. Eigentlich bin ich ihm ganz dankbar. Hätte er nicht zu Ben gesagt, was er gesagt hat, wäre Ben niemals in mein Büro marschiert, und ich hätte nicht so etwas wahnsinnig Romantisches erlebt.
Mitfühlend streichle ich Bens Arm. »Ist er nicht so was wie dein bester Freund? Solltet ihr euch nicht wieder vertragen?«
»Vielleicht war er das mal.« Ben zieht ein finsteres Gesicht.
Ich werfe einen Blick über seine Schulter auf das Display und sehe einen Teil der Nachricht.
Du kannst vor diesen Entscheidungen nicht weglaufen, Ben. Du weißt, wie hart alle gearbeitet haben, und jetzt einfach so wegzulaufen ist wirklich
Ben hält das Handy so, dass ich nicht mehr erkennen kann, und ich möchte nicht fragen, ob ich den Rest auch lesen darf.
»Was für Entscheidungen?«, frage ich.
»Das ist nur langweiliger Scheißdreck.« Düster betrachtet er sein Handy. »Und ich laufe nicht weg . Meine Güte. Das Problem mit Lorcan ist, dass ich alles immer so machen soll, wie er es will. Er ist es gewohnt, den Laden zu schmeißen. Tja, da hat sich jetzt wohl einiges verändert.«
Er tippt irgendwas Kurzes, und seine Daumen stanzen auf das Handy ein. Schon im nächsten Augenblick kommt die Antwort, und er flucht leise vor sich hin.
»Prioritäten. Er erzählt mir was von Prioritäten . Ich lebe mein Leben. Ich tue, was ich schon vor fünfzehn Jahren hätte tun sollen. Ich hätte dich damals heiraten sollen. Inzwischen hätten wir zehn Kinder.«
Ich gehe über vor Liebe zu ihm. Er wünscht sich eine große Familie! Wir haben noch nie darüber gesprochen, aber ich hatte gehofft, dass er auch viele Kinder möchte. Vielleicht vier. Vielleicht sechs!
»Das können wir alles nachholen.« Ich beuge mich vor und schmiege mich an seinen Hals. Ein paar Sekunden später wirft Ben sein Handy auf den Sitz.
»Weißt du was?«, sagt er. »Das ist alles gar nicht wichtig, nur du und ich.«
»Nur wir zwei«, hauche ich.
»Ich erinnere mich genau an den Moment, in dem ich mich in dich verliebt habe. Es war der Tag, an
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