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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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spüren, fast als begrüßte man einen alten Freund. Er sah zu Lasseur hinüber. »Wir müssen gehen, Captain.«
    Er sah, wie Lasseur und die Frau sich umarmten. Lasseur flüsterte ihr etwas ins Ohr und wartete, bis sie neben Gadd auf den Wagen gestiegen war. Sie fuhren los, und sie hob die Hand zu einem stummen Lebewohl. Lasseur sah ihr einen Augenblick nach, dann saß er auf.
    Während der Wagen langsam die Straße entlangrumpelte, wendeten Hawkwood, Jago, Micah und Lasseur ihre Pferde und ritten in Richtung Deal.
     
    Es war nach Mitternacht, als sie endlich ankamen.
    Es war ein anstrengender Ritt gewesen. Sie hatten in Blean südlich der Kirche die Straße nach Dover genommen und waren die zehn Meilen bis Dean Hill gut vorangekommen. Die Straße war gut, und es war eine gerade Strecke, obwohl sie ihre Geschwindigkeit in Canterbury drosseln mussten und teilweise im Schritt durch die Stadt ritten. Jago hatte die Gelegenheit benutzt, um Hawkwood zu fragen, was eigentlich los sei, und Hawkwood hatte ihn informiert.
    »Man kann dich auch nicht eine verdammte Minute aus den Augen lassen, stimmt’s?«, war Jagos Kommentar gewesen.
    Sie waren weiter nach Süden und durch die Barham Downs geritten. Es war zu dunkel und zu spät, um ein Signal mit der Klappenanlage zu schicken, doch Hawkwood hatte beim Vorbeireiten die Signalstation gesehen, die sich oben auf dem Berg gegen den Nachthimmel abhob.
    Bis Wooten lagen sie gut in der Zeit, aber dann ging es wesentlich langsamer voran. Die Straße war nicht viel mehr als ein schmaler, gewundener Weg, kaum breit genug für einen Wagen, und sie mussten einzeln hintereinanderreiten. Ab und zu ging der Weg auch querfeldein über mondbeschienene Felder und Wiesen. Hawkwood meinte, dass es schneller wäre, bis Dover auf der Straße zu bleiben und dann die Hauptstraße nach Norden zu nehmen, aber Jago bestand darauf, dass der Weg, den er gewählt hatte, fünf Meilen kürzer sei.
    Es war weit nach Mitternacht, als sie durch das westliche Zolltor von Deal in die Stadt ritten, und sowohl die Männer als auch ihre Pferde waren in Schweiß gebadet. Die Stadt war hell erleuchtet. Die fieberhafte Unruhe überall deutete darauf hin, dass sie zu spät kamen, doch eigentlich hatte Hawkwood auch mit nichts anderem gerechnet, seit sie die ausgebrannte Ruine des Farmhauses verlassen hatten.
    Morgan hatte Rache genommen, genau wie er es angekündigt hatte. Und dabei hatte er eine Spur von Tod und Zerstörung hinterlassen.
    Der Überfall war nicht gerade still und heimlich erfolgt. Wenn es Morgans Absicht gewesen war, größtmögliche Panik und Verwirrung zu stiften, dann war es ihm auf bemerkenswerte Weise gelungen. Der Angriff auf die Admiralität war von mehr als zwei Dutzend Männern ausgeführt worden, die mit sechs Wagen kamen. Das elegante zweistöckige Gebäude mit den großen Fenstern, die auf beiden Seiten eines von Säulen getragenen Eingangs lagen, sah nicht aus wie ein Haus, in dem man Goldbarren aufbewahren würde. Rechts unter dem Säulenvorbau stand ein Schilderhäuschen mit einem Wachtposten. Zur Straße hin war das Haus mit zwei schweren Türen verschlossen. Oder besser gesagt, es war verschlossen gewesen. Nach Morgans Angriff hingen sie nur noch in den Angeln, nachdem sie von einer Zwölfpfünder aus der kleinen Kanone getroffen worden waren, die auf den niedrigen Pferdewagen montiert war, der jetzt schräg über die Straße stand.
    Diese kleine Kanone war eine wirksame Waffe: ein kurzes, gedrungenes Rohr, das sich für verschiedene Kaliber eignete – von denen die Zwölfpfünder das kleinste war -, aber sie hatte auch ihre Nachteile. Ein Nachteil war, dass sie einen gewaltigen Rückstoß hatte. Das Geschützrohr, das jetzt neben dem Wagen lag, sagte genug.
    Die Kanone sowie der Wagen mit den Pferden, die geduldig und immer noch angeschirrt dastanden, wurden jetzt von vier Soldaten bewacht.
    »Nathaniel, du und Micah, ihr solltet euch mal mit den Wachen unterhalten«, sagte Hawkwood. »Schaut mal, was ihr in Erfahrung bringen könnt. Captain Lasseur und ich werden dem Admiral unsere Aufwartung machen.«
    Jago sah Hawkwood und Lasseur von oben bis unten an. »Wenn er euch nicht schon vorher als Landstreicher festnehmen lässt.«
    Nach einem Spießrutenlaufen, bei dem sie neugierig angestarrt wurden, gelang es ihnen mithilfe von Hawkwoods Ermächtigungsurkunde schließlich, in einen großen, kalten Kuppelsaal mit Marmorfußboden vorzudringen, wo ein erschöpfter Leutnant der Armee

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