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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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MacGrady in Beverly Hills lag nördlich des Wilshire Boulevards im Roxbury Drive. Decker stellte seinen nicht gekennzeichneten Polizeiwagen, einen 79er Plymouth, in einer Ladezone ab – dem einzigen freien Platz, den er finden konnte – und legte seinen Dienstausweis auf das Armaturenbrett. Es war spät am Nachmittag, fast dämmerte es schon, und er war müde vom Kampf mit dem Stadtverkehr. Wenn die Besprechung mit dem zahnmedizinischen Sachverständigen nicht allzu lange dauerte, konnte er noch vor acht zu Hause sein.
    Als er das Wartezimmer betrat, schlugen ihm stechende, antiseptische Gerüche entgegen, die bei ihm sogleich pawlowsche Angstreaktionen auslösten. Auch die Einrichtung war nicht besonders dazu angetan, ihn aufzuheitern. Die Möbel waren schwarz und grau, der Tisch aus Glas und Chrom, und an den eierschalenfarbenen Wänden hingen einfarbig triste Grafiken – eintönige Grundfarbenmuster, die an schwarzweiße Fernsehtestbilder erinnerten und bei deren Anblick ihm schwindelig wurde. Außerdem machten sie ihn gereizt.
    Verdammt unfreundliche Einrichtung für eine Zahnarztpraxis. Er ging bis zur Anmeldung durch und klopfte an die Milchglasscheibe. Das Fenster glitt auf, und eine Sekretärin, ein blondes, höchstens achtzehn Jahre altes Mädchen, lächelte ihn routiniert an.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte sie.
    »Ich habe um fünf einen Termin bei Dr. Hennon.«
    »Name?«
    »Decker«, sagte er.
    Sie überflog den Terminkalender.
    »Ja, richtig«, bestätigte sie. »Sind Sie zum ersten Mal bei uns, Mr. Decker?«
    »Ich bin kein Patient.«
    Das Mädchen sah ihn unsicher an.
    »Ach«, sagte sie, aber dann heiterte sich ihre Miene wieder auf. »Sie sind der Vertreter von Dent-O-Mart, stimmt’s?«
    »Nein, ich bin Polizeisergeant.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ist was passiert?«
    »Warum sagen Sie Dr. Hennon nicht einfach, daß ich da bin? Rufen Sie mich, wenn ich zu ihr kann, ja?«
    Sie war immer noch verwirrt.
    »Sie hat gerade eine Patientin.«
    »Vielleicht könnten Sie ihr trotzdem kurz Bescheid sagen.«
    Widerwillig stand das Mädchen auf. Schon im nächsten Augenblick war sie wieder zurück.
    »Sie kommt gleich, Sergeant«, verkündete sie erleichtert.
    »Danke.«
    Sie schob die Scheibe krachend wieder zu. Ende der Unterhaltung.
    Decker setzte sich in einen der unnachgiebigen, tiefschwarzen Sessel und versuchte vergeblich, es sich bequem zu machen. Nach einem Blick auf die ausgelegten Illustrierten entschied er sich für das Architectural Digest und betrachtete darin Luxusvillen, die er sich niemals würde leisten können. Er hörte eine Tür aufgehen, hob den Kopf und sah eine Frau an der Anmeldung stehen. Sie war mindestens so alt wie er, vielleicht sogar ein, zwei Jahre älter, demnach also einundvierzig, zweiundvierzig. Ihr Gesicht war nicht der Rede wert, aber sie war knackig gebaut. Sie hatte einen beachtlichen Busen und einen Dynamitpopo, der in strammen Designerjeans steckte. Sie klopfte laut an die Scheibe, drehte sich um und ließ Decker ihr blendend weißes Gebiß sehen.
    »Ein tolles Lächeln«, sagte Decker und grinste zurück.
    »Will ich auch gehofft haben«, antwortete sie. »Hat mich schließlich fünf Riesen gekostet.«
    »Wenigstens hat sich die Ausgabe gelohnt.« Als er spürte, daß sie ihn unwillkürlich scharf machte, vertiefte er sich rasch wieder in seine Illustrierte. Trotzdem wurde ihm heiß unter ihrem Blick.
    »Weswegen sind Sie hier?« fragte sie und zückte eine goldene Kreditkarte.
    »Geschäftlich.«
    »Nicht zum Vergnügen? Aber daran ließe sich doch vielleicht etwas ändern.« Sie klimperte mit den langen Wimpern.
    »Ich bin verheiratet«, log er.
    »Ich auch«, sagte sie. »Ich habe jetzt schon den dritten Mann, aber er weiß überhaupt nicht zu schätzen, was er an mir hat.« Sie drückte die Brust raus. »Dem ist mein Lächeln noch nie aufgefallen. Und ich gehe so ungern alleine etwas trinken.«
    »Ich bin glücklich verheiratet«, sagte er.
    »Verheiratet sein, aber Stielaugen machen. Ihr Männer seid doch alle gleich.« Sie unterschrieb den Kreditkartenbeleg und verstaute die Karte wieder in ihrer Handtasche. »Ihr könnt mir samt und sonders gestohlen bleiben.«
    Die Sekretärin schob die Glasscheibe auf.
    »Dr. Hennon erwartet Sie, Sergeant.«
    »Danke«, sagte er.
    »Sergeant?« sagte die Frau mit dem Prachtgebiß. »Sind Sie beim Militär?«
    »Bei der Polizei.«
    »Sie sehen gar nicht wie ein Bulle aus.«
    »Nein?«
    »Nein. Ich hätte eher auf

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