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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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hatte sie in gewissem Sinne ja bereits letzte Nacht getan.
    Schließlich und endlich blieb alles dem Schicksal überlassen.
     
    Marge wartete schon auf ihn, als er aus dem Plymouth stieg.
    »Mensch, wo bleibst du denn?« fragte sie.
    »Entschuldige.«
    »Es ist halb drei!«
    »Ich bin aufgehalten worden.« Er klappte seinen Hemdkragen hoch und band sich einen Schlips um.
    »Aufgehalten worden?« meinte sie skeptisch. »Du siehst aus wie frisch von der Müllkippe, und stinken tust du wie ein brünstiger Walfisch. Ich hoffe bloß, die Dame war es wert, Pete. Du steckst nämlich ganz tief in der Scheiße.«
    Das eine Ende der Krawatte war ihm zu kurz geraten, und er mußte noch einmal von vorn anfangen. »Was ist denn passiert?« fragte er, während er den Knoten wieder löste.
    »Gib her, laß mich das machen«, schnauzte Marge. »Armand Arlington sitzt im Vernehmungszimmer und möchte mit dir reden. Morrison glaubt, daß er singen will. Der gute Captain ist stinksauer – auf dich und auf mich –, weil Mr. Großkotz jetzt schon seit einer geschlagenen Stunde auf dich wartet. Eigentlich sollst du mir doch immer Bescheid geben, wo du dich rumtreibst.«
    »Woher sollte ich denn wissen, daß er kommt?«
    »Wie wär’s, wenn du mal ans Telefon gegangen wärst oder auf deinen Piepser reagiert hättest? Sag bloß, du hast sie beide ausgeschaltet!«
    Hilflos lächelnd zuckte Decker mit den Schultern.
    Marge rückte seinen Schlips zurecht und schob ihm den Knoten unters Kinn.
    »Was hast du eigentlich mit Arlington gemacht, Pete? Der Mann kreuzt doch nicht freiwillig hier auf, nur weil er sein Gewissen erleichtern will.«
    »Ich habe bloß mit ihm geredet. Herrgott, kann man denn heutzutage nicht mal mehr mit jemandem reden, ohne daß einem gleich irgendwer an die Kehle springt?«
    »Ich weiß schon, du hast ihm die Kanone in den Arsch gesteckt, während du mit ihm geredet hast«, sagte sie.
    »Wenn ich ihn so schön vor der Mündung gehabt hätte, Marge, hätte ich sicher abgedrückt. Dann würde er jetzt so aussehen, wie er wirklich ist – wie ein Haufen Scheiße.«
     
    Decker ging in das Vernehmungszimmer und stellte sich den Klappstuhl auf, der einsam an der Wand lehnte. In den Raum paßte man schon zu zweit kaum hinein, aber mit fünf Leuten platzte er aus allen Nähten. Vier Männer saßen dicht an dicht um einen Eisentisch herum und drückten ihre Zigaretten in einem überquellenden Aluminiumaschenbecher aus. Decker zwängte seinen Stuhl zwischen Morrison und die Wand.
    Mit einer Chefetage nicht zu vergleichen.
    »Wie reizend, daß Sie sich doch noch blicken lassen, Sergeant«, höhnte Arlington von der anderen Seite des Tisches herüber. »Das heißt, falls das Ihr derzeitiger Dienstgrad sein sollte.«
    Decker überhörte die Bemerkung und nahm sein Gegenüber genau ins Visier. Arlington war teuer und konservativ gekleidet – marineblauer, italienischer Seidenanzug, edles, weißes Baumwollhemd, Krawatte mit marineblauen und kastanienbraunen Streifen. An den Füßen trug er Slipper aus Krokodilleder, und aus der Brusttasche seines Jacketts hing ein kastanienbraunes Einstecktuch.
    Sein Gesicht drückte nichts als Verachtung aus.
    Weswegen? dachte Decker. Stört ihn die Umgebung? Die Polizei? Das Demütigende der ganzen Situation?
    Er wurde wütend.
    Dieser Typ ist ein Stück Scheiße und er verachtet uns? Deckers Blick wanderte ein Stück nach links und blieb an Arlingtons Anwalt hängen. Ein weißhaariger Modigliani, ein Vollblutjurist. Er strotzte vor Selbstsicherheit, die er sich in langen, fetten Jahren im Dienste des Geldadels angeeignet hatte. Mr. Long Face öffnete seinen Aktenkoffer und holte einen Stapel Papiere, einen Filzstift mit feiner Spitze, einen Notizblock und einen Kassettenrecorder von Sony heraus. Morrison konterte und stellte seinen eigenen Recorder daneben. Er drückte auf Pause und wartete.
    Der letzte Mann am Tisch war George Birdwell, der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt, Berkeley-Absolvent, Ende Zwanzig, Schwarzer und Brillenträger. Einem gewissenhafteren Menschen als Birdwell war Decker noch nie begegnet. Außerdem konnte ihm so leicht keiner ein X für ein U vormachen.
    Arlingtons Anwalt ergriff mit tiefer Stimme das Wort. »Fangen wir an.«
    »Bitte schön«, sagte Morrison und schaltete den Kassettenrecorder ein.
    »Mein Mandant möchte sich zu einigen Punkten äußern, die Ihnen, wie er hofft, bei den Ermittlungen in den Mordfällen Bates und Armbruster weiterhelfen werden.

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