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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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ist mein Problem, nicht deines. Nur so kann ich es rational vor mir rechtfertigen, daß ich … mit dir schlafen will. Ich denke schon so lange daran.«
    »Wirklich?«
    Sie nickte.
    »Es hätte mir sehr geholfen, wenn du mal angedeutet hättest, daß sich eventuell doch etwas abspielen könnte.«
    Sie wurde krebsrot.
    »Ich konnte aber nicht mit dir darüber reden. Ich hatte Angst, es wäre das Ende, wenn du erst einmal wüßtest, daß ich auch meine Zweifel habe. Ich wäre bestimmt schwach geworden.«
    »Wäre das so schlimm gewesen?«
    »Natürlich nicht! Für mein Gefühlsleben wäre es wunderbar gewesen, aber moralisch gesehen …? Peter, über vorehelichen Geschlechtsverkehr wird im Judentum gar nicht groß geredet, aber eine religiöse Frau tut so etwas einfach nicht.«
    »Aber warum willst du es dann jetzt?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht, weil ich abreise, vielleicht aber auch, weil ich endgültig zu der Erkenntnis gekommen bin, daß du der einzige Mann in meinem Leben bist – Punktum. Wenn wir heiraten, bist du mein Mann. Wenn wir nicht heiraten, werde ich mir trotzdem keinen anderen suchen. Ich bin also keinem zukünftigen Ehemann untreu. Außerdem hängt es mir zum Hals raus, meine Bedürfnisse bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufzuschieben. Ich habe die Nase voll davon, immer nur die Brave zu sein.«
    »So hatte ich es mir nicht vorgestellt«, sagte er leise. »Ob du es glaubst oder nicht, ich hatte mir in den leuchtendsten Farben ausgemalt, wie es mit uns sein würde. Aber so wie jetzt war es nie. Wir lieben uns und schwupp, bist du verschwunden.«
    »Ich muß fort. Wir brauchen etwas Abstand.«
    Er legte ihr die Hand unters Kinn. »Wenn du Zeit für dich brauchst, dann geh. Aber glaub ja nicht, daß du mich so einfach los wirst. Wenn du in New York bleibst, komme ich nach. Wenn du nach Israel ziehst, folge ich dir. Wir sind für einander bestimmt.«
    »Ich weiß.«
    »Gut«, sagte er und küßte sie auf die Stirn. »Du hast schon gepackt?«
    »Der Möbelwagen hat unsere Sachen heute morgen abgeholt.« Ihr stiegen Tränen in die Augen. »Kaum zu fassen, wie schnell alles verstaut war.«
    »Aber hier wird dich so schnell keiner vergessen, Liebes. Glaube mir.« Behutsam löste er ihr das Kopftuch, und das dichte, jettschwarze Haar fiel offen über ihren Rücken. »Wissen deine Eltern, daß du hier bist?«
    »Ja.«
    Decker zog die Augenbrauen hoch. »Was meinten sie dazu?«
    »Es hat ihnen glatt die Sprache verschlagen. Wir haben dann auch nicht mehr darüber gesprochen.«
    »Du fliegst morgen abend?«
    Sie nickte.
    »Ich bring’ dich zum Flug …«
    »Nein«, fiel sie ihm ins Wort. »Meine Eltern fahren mich. Abschiedsszenen sind nicht gerade meine Stärke, Peter. Es wäre mir lieber, du würdest mich nicht hinbringen.«
    »Okay.«
    »Das war es dann wohl.«
    Ein verlegenes Schweigen machte sich breit. Sie lächelte. Er lächelte.
    »Ich bin furchtbar nervös«, sagte sie.
    »Ich auch.«
    »Erwarte dir nicht zu viel. Schließlich ist es fast drei Jahre her, daß ich …«
    »So etwas verlernt man nicht, Rina.«
    »Na, das ist wenigstens ein Trost.«
    Er lachte, hob sie hoch, trug sie ins Schlafzimmer und machte mit dem Fuß die Tür zu.

24
    Halbschlaf. Der köstliche Zustand zwischen Schlafen und Wachen. Wenn die Sinne schon arbeiten, aber noch nichts bewußt registrieren. Decker war wie betäubt nach der rauschhaften Liebesnacht, seine Gedanken kreisten um Erklärungen und Geständnisse. Er drehte sich auf die Seite und nahm das Kopfkissen wie eine Geliebte in den Arm.
    In der letzten Nacht hatte er geredet wie ein Besessener. Er hatte erzählt, sich offenbart, geplappert wie ein Kind. Was hatte er nur alles von sich gegeben? Es spielte keine Rolle. So vieles war trotzdem noch ungesagt geblieben. So vieles mußte er sich für die Zukunft aufheben.
    Er öffnete die Augen. Sie war fort, das wußte er. Aber sie war kein Phantom gewesen, kein Traum. Das ganze Zimmer kündete von dem, was zwischen ihnen geschehen war. Es roch nach Moschus und Schweiß, und die Laken waren noch feucht.
    Er schloß die Augen. Pardes, dachte er. Ben Assai und ich. Wir wollen beide nicht wieder umkehren.
    Versprechen und Leidenschaft. Schwüre unter Tränen. Woraus konnten sie Hoffnung schöpfen? Er hatte sich bereit erklärt, beim Rabbi weiterhin Unterricht zu nehmen. Nur für den Erfolg garantieren konnte er ihr leider nicht. Wenn bei ihm der Funke doch noch übersprang, wollte sie ihm auf halbem Wege entgegenkommen. Aber das

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