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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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machtlos, ich konnte nicht eingreifen. Ich wäre zu spät gekommen, wie immer. Diesmal war niemand in der Nähe, der so schnell gewesen wäre wie Harold Swallow; es gab keinen Schwarzen Arm des Gesetzes. Junior Jones sollte Franny noch einmal retten, aber er kam zu spät, um sie vor Ernst zu retten - genau wie ich. Wäre ich in der Lobby bei Susie geblieben, hätte ich nur mitgeheult, und ich fand, ich hatte ohnehin schon viel zuviel geheult.
    »Hast du der Alten Billig Bescheid gesagt?« fragte ich Susie. »Wegen der Bombenwerfer?«
    »Die jammerte nur um ihre verfickten Porzellanbären«, sagte Susie und heulte weiter.
    »Ich liebe Franny auch«, sagte ich zu Susie und drückte sie kurz an mich.
    »Aber nicht so wie ich!« sagte Susie und unterdrückte einen Schrei. O doch, so wie du, dachte ich.
    Ich ging auf die Treppe zu, aber Susie zog den falschen Schluß.
    »Sie sind irgendwo im zweiten Stock«, sagte Susie. »Franny kam runter, um einen Schlüssel zu holen, aber ich hab nicht gesehen, für welches Zimmer.« Ich warf einen Blick auf den Empfangsschalter; es war leicht zu sehen, daß Susie der Bär gerade Schalterdienst hatte: es herrschte ein wüstes Durcheinander.
    »Ich will zu Jolanta«, sagte ich Susie. »Nicht zu Franny.«
    »Du willst es ihr sagen, was?« fragte Susie.
    Aber Jolanta war nicht daran interessiert, sich etwas sagen zu lassen.
    »Ich muß dir was sagen«, sagte ich vor ihrer Tür.
    »Dreihundert Schilling«, sagte sie, und ich schob es unter der Tür durch.
    »Gut, du kannst reinkommen«, sagte Jolanta. Sie war allein; ein Kunde hatte sie gerade verlassen, wie es schien, denn sie saß auf dem Bidet, nackt bis auf ihren BH.
    »Willst du auch die Titten sehen?« fragte mich Jolanta. »Die Titten kosten hundert Schilling extra.«
    »Ich will dir etwas sagen«, sagte ich zu ihr.
    »Das kostet auch hundert Schilling extra«, sagte sie und wusch sich weiter - mit der stumpfen Kraftlosigkeit einer Hausfrau beim Geschirrspülen.
    Ich gab ihr noch einmal hundert Schilling, und sie legte ihren BH ab. »Zieh dich aus«, kommandierte sie.
    Ich gehorchte und sagte dabei: »Es geht um die blöden Radikalen. Sie haben alles versaut. Sie wollen die Oper in die Luft jagen.«
    »Und wenn schon?« sagte Jolanta und schaute mir beim Ausziehen zu. »Du bist eigentlich falsch gebaut«, sagte sie mir. »Du bist eigentlich ein kleiner Typ mit großen Muskeln.«
    »Ich werde mir vielleicht das Ding aus deiner Handtasche borgen müssen«, sagte ich vorsichtig, »- nur bis die Polizei alles in die Hand nimmt.« Aber Jolanta ging nicht darauf ein.
    »Machst du es gern im Stehen, an der Wand?« fragte sie mich. »Ist dir das recht? Wenn wir das Bett benützen - wenn ich mich hinlegen muß -, kostet das hundert Schilling extra.« Ich lehnte mich an die Wand und schloß die Augen.
    »Jolanta«, sagte ich. »Die meinen es wirklich ernst. Fehlgeburt ist tot«, sagte ich. »Und diese Wahnsinnigen haben eine Bombe, eine große Bombe.«
    »Fehlgeburt wurde tot geboren«, sagte Jolanta, ging auf die Knie und nahm mich in den Mund. Später zog sie mir ein Präservativ über. Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber als sie vor mir stand und mich in sich hineinstopfte und mich gegen die Wand knallte, ließ sie mich sofort wissen, ich sei nicht groß genug, um es im Stehen zu machen. Ich zahlte ihr weitere hundert Schilling, und wir versuchten es auf dem Bett.
    »Jetzt bist du nicht steif genug«, beschwerte sie sich, und ich dachte schon, diese Verfehlung würde mich die nächsten hundert Schilling kosten.
    »Bitte, laß dir den Radikalen gegenüber nicht anmerken, daß du über sie Bescheid weißt«, sagte ich zu Jolanta. »Und es wäre wahrscheinlich besser für dich, wenn du dich hier eine Weile nicht mehr sehen läßt - niemand kann sagen, was aus dem Hotel werden wird. Wir gehen nach Amerika zurück«, fügte ich hinzu.
    »Schon gut, schon gut«, sagte sie und stieß mich von sich herunter. Sie setzte sich auf, ging dann durchs Zimmer und setzte sich wieder auf ihr Bidet. »Auf Wiedersehen«, sagte sie.
    »Aber ich bin noch nicht gekommen«, sagte ich.
    »Ist das vielleicht meine Schuld?« fragte sie und wusch und wusch sich, immer und immer wieder.
    Wäre ich gekommen, hätte mich das vermutlich weitere hundert Schilling gekostet. Ich beobachtete ihren breiten Rücken, der über dem Bidet schaukelte; dabei bewegte sie sich eine Spur lebendiger, als sie das vorher unter mir getan hatte. Da sie mir den Rücken zukehrte,

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