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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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glänzten von Fieber und Schweiß, und unter ihren Händen verwandelten sich Gitarren, Mikros und Plektrons zu Angriffswaffen, die die ersten Reihen aufstachelten, sich in rhythmischen Wellen zu erheben.
    Paul verließ die Bar und ging ins Parterre hinunter. Während er sich einen Weg durch die Menge bahnte, stieg eine vertraute Sehnsucht in ihm auf. Die Konzerte seiner Jugend, der wilde Pogo, bei dem man wie eine Sprungfeder den wütenden, eindringlichen Ostinati von The Clash folgte; die vier Akkorde auf seiner billig erworbenen Gitarre, die er später wieder verkauft hatte, weil ihn die Saiten zu sehr an die blutverschmierten Schlitze im Autositz seines Vaters erinnerten.
    Da wurde ihm bewusst, dass er Schiffer verloren hatte. Er drehte sich im Kreis und blickte die Zuschauer an, die nahe der Bar auf der Treppe standen. Sie standen herum mit herablassendem Gesichtsausdruck, ein Glas in der Hand, und reagierten auf das Gehämmer auf der Bühne mit leichten Bewegungen der Hüften. Paul sah sich die im Dunkeln liegenden Gesichter, von leuchtenden Farben eingerahmt, nacheinander an. Schiffer war nicht darunter.
    Plötzlich drang eine laute Stimme an sein Ohr: »Willst du 'n Joint?«
    Paul blickte in ein bleiches Gesicht, das unter einer dunklen Mütze leuchtete.
    »Was?«
    »Ich habe höllisch guten Black Bombay.«
    »Was?«
    Der Kerl beugte sich herunter und legte die Hand auf Pauls Schulter.
    »Black Bombay. Aus Holland. Wo kommst du denn her?«
    Paul machte sich los und zog seine Marke.
    »Daher komme ich. Hau ab, bevor ich dich mitnehme.«
    Der Kerl verschwand wie eine ausgeblasene Flamme. Paul blickte einen Moment auf seine Polizeimarke, und ihm wurde klar, welche Kluft zwischen den Konzerten von damals und seiner jetzigen Situation lag: Er war ein unnachgiebiger Bulle geworden, ein unversöhnlicher Vertreter der öffentlichen Ordnung, der im Schlamm wühlte. Hätte er sich das mit zwanzig vorstellen können?
    Da spürte er einen Stoß im Rücken.
    »Geht's dir nicht gut?«, brüllte Schiffer. »Mach mal den Weg frei.«
    Paul war über und über mit Schweiß bedeckt, vergeblich versuchte er zu schlucken. Alles schwankte um ihn herum, Gesichter, die sich zusammenkräuselten wie Alufolie, wurden von Lichtblitzen ausgelöscht.
    Chiffre versetzte ihm einen freundlichen Puff in den Arm. »Komm, Marius ist da. Wir schnappen ihn uns in seinem Loch.«
    Sie bahnten sich einen Weg durch die dicht gedrängten, wogenden, im Licht oszillierenden Körper, durch eine frenetische Flut von Schultern und Hüften, die sich im Takt hin und her bewegten, eine brutale, instinktive Reaktion auf die Rhythmen, die von der Bühne kamen. Mithilfe von Ellbogen und Knien gelang es den beiden Polizisten, bis zur Empore vorzudringen.
    Schiffer bog nach rechts durch die Menge, unter dem schrillen Gequieke der Gitarren, das von den Rändern des Saales zu ihnen drang. Paul konnte ihm nur mit Mühe folgen. Er merkte, wie Schiffer sich mit einem Rausschmeißer unterhielt, unter dem wütenden Atem der Klänge. Der Mann nickte und öffnete eine unsichtbare Tür. Paul konnte sich gerade noch durch den Schlitz zwängen.
    Sie gelangten in einen engen, kaum beleuchteten Schlauch. An den Wänden leuchteten Plakate, auf denen meist der türkische Halbmond zusammen mit dem kommunistischen Hammer abgebildet war, ein viel sagendes politisches Symbol. Schiffer erklärte: »Marius ist Chef einer linksradikalen Gruppe in der Rue Jarry. Die Feuer in den türkischen Gefängnissen im letzten Jahr haben seine Freunde gelegt.«
    Paul hatte von diesen Meutereien gehört, stellte aber keine Fragen. Er war jetzt nicht in der Stimmung, sich mit Weltpolitik zu befassen. Die beiden Männer machten sich auf den Weg, in ihrem Rücken dröhnte das dumpfe Echo der Musik. Schiffer lächelte höhnisch und sagte, ohne den Schritt zu verlangsamen: »Der Trick mit den Konzerten klappt ja bestens. Eine echte Bauernfängerei.«
    »Verstehe nicht.«
    »Marius macht auch in Drogen. Ecstasy, Amphetamine. Alles, was mit Speed gemacht wird.« Paul verzog das Gesicht. »Oder LSD. Durch seine Konzerte beschafft er sich Kunden. Er gewinnt auf der ganzen Linie.«
    Unwillkürlich fragte Paul: »Wissen Sie, was Black Bombay ist?«
    »Zeug, das man in den letzten Jahren immer häufiger herstellt, mit Heroin verschnittenes Ecstasy.«
    Wie konnte ein Mann von neunundfünfzig, der gerade aus dem Altersheim kam, die neuesten Trends in Sachen Ecstasy kennen?
    »Es ist ideal, wenn du wieder

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