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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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waren. Die Frauen hörten andauernd dieselben Wörter, die schlimmsten Passagen ihrer Geständnisse. Das Einzige, was ihnen vorübergehend Ruhe verschaffte, waren Elektroschockbehandlungen und Schlafkuren.«
    Mathilde warf einen kurzen Blick auf Anna, die auf dem Sofa schlief. Ihre Brust hob und senkte sich sanft, während sie atmete. Die frühere Studentin fuhrt fort: »Wenn die Patientin sich weder an ihren Namen noch an ihre Vergangenheit erinnerte, wenn sie keinerlei Willen mehr hatte, begann die eigentliche Behandlung. Man tauschte die Bänder in dem Helm aus: Es wurden Befehle erteilt, Gebote erlassen und immer wiederholt, Botschaften, die ihre neue Persönlichkeit formen sollten.«
    Wie alle Psychiater hatte auch Mathilde von solchen missbräuchlichen Methoden gehört, doch hatte sie sich weder von deren Existenz noch von deren Wirksamkeit überzeugen können.
    »Was waren die Ergebnisse?«, fragte sie mit tonloser Stimme.
    »Den Amerikanern gelang es, Zombies zu produzieren. Russen und Chinesen scheinen mehr erreicht zu haben, aber mit ungefähr denselben Methoden. Nach dem Koreakrieg kehrten mehr als siebentausend amerikanische Gefangene in ihr Land zurück, die vom Kommunismus überzeugt waren. Ihre Persönlichkeit war konditioniert worden.«
    Mathilde rieb sich die Schultern; eisige Kälte drang durch ihre Glieder.
    »Glauben Sie, dass seither bestimmte Labors auf diesem Gebiet weiterarbeiten?«
    »Natürlich.«
    »Was für Labors?«
    Valérie brach in sarkastisches Lachen aus: »Sie haben ja wirklich keine Ahnung. Wir reden von militärischen Forschungseinrichtungen. Alle Armeen der Welt arbeiten an Hirnmanipulationen.«
    »In Frankreich auch?«
    »In Frankreich, in Deutschland, in Japan, in den USA. Überall, wo man über die nötigen technologischen Möglichkeiten verfügt. Es gibt immer neue Mittel. Im Moment ist viel von einer chemischen Substanz die Rede, die GHB heißt und die Erinnerung an die letzten zwölf Stunden, die man erlebt hat, auslöscht. Man nennt sie die Vergewaltigerdroge, weil das Mädchen, das sie genommen hat, sich an nichts erinnert. Ich bin sicher, dass beim Militär im Moment mit solchen Mitteln experimentiert wird. Das Gehirn bleibt die gefährlichste Waffe der Welt.«
    »Ich danke Ihnen, Valérie.«
    Sie schien überrascht: »Wollen Sie keine genaueren Angaben, keine Bibliografie?«
    »Nein danke, wenn ich sie brauche, rufe ich an.«

Kapitel 29
     
    Mathilde näherte sich Anna, die noch immer schlief, und untersuchte die Arme nach Einspritzlöchern von Injektionen. Vergeblich. Sie sah sich die Haare an, immerhin bewirkt die wiederholte Einnahme von Beruhigungsmitteln eine Entzündung der Kopfhaut, doch sie fand nicht das geringste Anzeichen einer Entzündung.
    Sie richtete sich wieder auf, erstaunt, dass sie der Geschichte dieser Frau glauben schenkte. Am Ende fing sie selber an durchzudrehen? In diesem Moment blickte sie erneut auf die Narben, drei vertikale Linien, hauchdünn, ein paar Zentimeter auseinander liegend, zogen sich über die Stirn. Unwillkürlich betastete sie die Schläfen, die Kiefer: Die Prothesen unter der Haut bewegten sich. Wer hatte das getan? Wie konnte Anna eine solche Operation vergessen haben?
    Bei ihrem ersten Besuch hatte sie von dem Institut erzählt, wo sie die Untersuchungen hatte machen lassen. Es ist in Orsay. Ein Krankenhaus voller Soldaten. Mathilde hatte sich den Namen aufgeschrieben.
    Sie blätterte durch ihren Notizblock und stieß auf eine Seite ihrer üblichen Kritzeleien. Da, rechts unten, fand sich der Eintrag »Henri Becquerel«.
    Mathilde holte eine Wasserflasche aus einem Schränkchen, das neben ihrem Schreibtisch stand, und nahm den Telefonhörer von der Gabel, nachdem sie einen üppigen Schluck getrunken hatte. Sie wählte eine Nummer: »René? Hier ist Mathilde. Mathilde Wilcrau.«
    Ein kurzes Zögern. Die Uhrzeit. All die vergangenen Jahre. Die Überraschung... Dann fragte die dunkle Stimme: »Wie geht es dir?«
    »Störe ich?«
    »Du machst wohl Witze. Es ist immer eine Freude, deine Stimme zu hören.«
    René Le Garrec war während der Assistenzzeit am Krankenhaus Val-de-Grâce ihr Lehrer und Professor gewesen, ein Militär-Psychiater, spezialisiert auf Kriegs-Traumata. Er hatte die ersten medizinisch-psychologischen Einrichtungen für Opfer von Attentaten, Kriegen und Naturkatastrophen aufgebaut. Ein Pionier und für Mathilde der lebende Beweis, dass man eine Uniform tragen konnte, ohne ein Idiot zu sein.
    »Ich wollte dir

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